2024-04-25T10:27:22.981Z

Interview
Timur Karais	Foto: fupa
Timur Karais Foto: fupa

Das Selbstvertrauen zurückgewonnen

Timur Karais will in Alzey angreifen, wenn seine schwere Knieverletzung es wieder zulässt

Alzey. Der 22-jährige Angreifer Timur Karais spielt in der kommenden Spielzeit für den Neu-Verbandsligisten RWO Alzey. Diesen Schritt ermöglichte ihm seine Bilanz beim C-Ligisten SG Spiesheim, für den er 40 Tore in 23 Spielen erzielte. Sein Debüt im Alzeyer Dress muss allerdings warten. Karais bremste im Mai ein Kreuzbandriss aus, weshalb er der SG in den entscheidenden Aufstiegsspielen zur B-Klasse schon nicht zur Verfügung stand.

Herr Karais, wie geht es Ihnen?

Nicht so gut. Es ist meine erste Erfahrung mit so einer schweren Verletzung. Einen Kreuzbandriss hatte ich vorher noch nie und es ist schlimmer als gedacht. Damit komm ich noch nicht so richtig klar. Das kostet viel Kraft.

Erzählen Sie doch noch einmal. Wie ist es passiert?

Das war im Mai bei unserem Spiel mit der SG Spiesheim in Lonsheim. Dort bin ich im Rasen hängen geblieben. Das lag aber nicht am Platz. Der war gut. Ehrlich gesagt, hatte ich schon die ganze Woche ein komisches Gefühl gehabt. Es lief einfach sehr gut. Da kam das schlechte Gewissen.

Wann ist mit Ihre Rückkehr auf den Platz zu rechnen?

Mein Physiotherapeut sagt, dass ich es schaffen kann, in der Rückrunde der neuen Saison wieder auf dem Platz zu stehen.

Sie versuchen aber, die Heilung zu beschleunigen. Wie machen Sie das?

Ich mache mich selbst schlau und schaue mir viele Videos im Internet an.

Und Sie haben auch den Rat bei einem neuen Teamkollegen gesucht.

Ja genau. Ich habe mich mit Philip Wesner ausgetauscht. Ihn kenne ich von früher. Er hatte ja auch einen Kreuzbandriss und stand nach fünfeinhalb Monaten wieder auf dem Platz. Das war faszinierend und er hat auch viel dafür getan, wie er mit gesagt hat.

Positiv ist: Sie haben viel Unterstützung erfahren. Bemerkenswert war dabei eine Aktion deiner Mannschaft der SG Spiesheim, die beim Einlaufen T-Shirts mit deinem Namen trugen. Wie haben Sie das erlebt?

Ehrlich gesagt wusste ich gar nichts davon. Ich habe dann erst in der Kabine gesehen, dass jeder ein weißes T-Shirt in der Hand hat. In diesem Moment war schwer, die Tränen zurückzuhalten. Das macht nicht jede Mannschaft und da wusste ich: Die Mannschaft steht hinter mir. Das kann nur positiv laufen.

Das war nicht das Einzige, was Ihre Teamkollegen für Sie gemacht haben.

Das ist richtig. Die haben mir nach der Operation auch ein Video geschickt, wo der Coach eine Motivationsansprache in der Kabine gehalten hat. Das habe ich auch meinen Eltern gezeigt. Mein Vater hat das auch gut gefallen. Er hat das nicht erwartet und war ja vorher eigentlich dagegen, dass ich in Spiesheim spiele.

Diese Aktionen zeigen auch Ihren Stellenwert bei der SG. Genauso wie Ihr Spitzname „Abi“. Was bedeutet dieser Name und wie ist er zustande gekommen?

Das heißt auf türkisch: Großer Bruder. Den Spitznamen hat mir der Capitano Julian Hirsch gegeben. Er hat da so einige Wörter drauf.

Was auch wichtig ist: Die Verletzung hat keinen Ärger im Beruf verursacht. Wie war die Reaktion Ihres Vorgesetzten?

Mein Chef hat mir Gott sei Dank keine Probleme gemacht. Er weiß, wie ich den Fußball liebe und hat mich auch immer jedes Wochenende gefragt: Wie viel Tore hast du gemacht?

Wie ist Ihr Stadium aktuell?

Ich bin Elektroniker und befinde mich im zweiten Lehrjahr. Momentan bin ich krankgeschrieben und gehe zur Schule, kann aber nicht arbeiten. Ob sich meine Lehre durch die Verletzung verlängert, weiß ich noch nicht.

Auf eine gute Ausbildung haben Sie auch viel Wert gelegt.

Korrekt. Zwischenzeitlich hatte ich mal aufgehört mit Fußball, weil ich mich auf die Schule konzentriert und auch meine Mittlere Reife gemacht habe.

Zum Fachabitur hat es dann aber nicht mehr gereicht.

Ja, das habe nicht mehr geschafft, weil ich zu viel mit dem Fußball in Frankenthal unterwegs war.

Wer sorgte für diesen wechselnden Fokus?

Das war mein Trainer in Frankenthal. Er hat mir gesagt, dass ich das Potenzial bis nach oben habe.

In der vergangenen Saison haben Sie die fußballerischen Ambitionen dann wieder zurückgefahren, da sind Sie von Frankenthal nach Spiesheim in die C-Klasse gewechselt. Was war der Grund dafür?

Ich wollte mit meinen Freunden spielen. Es gab auch Leute, die haben mir gesagt: Das ist nur C-Klasse, da wirst du umgetreten. Aber das war mir egal.

Warum nun der Wechsel nach Alzey?

Als das Angebot kam, musste ich nicht lange überlegen. Ich wollte die Herausforderung annehmen. In Spiesheim habe ich mein Selbstvertrauen zurückgewonnen.

Dein neuer Trainer Tino Häuser steht auch in Kontakt mit Ihnen und hat Ihnen gute Besserung gewünscht. Wie stellen Sie sich nun den Einstieg in Alzey vor?

Ich habe vor, stärker zurückzukommen, und bin auch überzeugt davon, dass ich das werde. Aber es ist alles offen. Vielleicht fange ich auch erst einmal in der zweiten Mannschaft an, um Spielpraxis zu bekommen, und greife dann in der Saison darauf an.



Aufrufe: 02.7.2017, 08:00 Uhr
Nico BrunettiAutor