2024-04-25T14:35:39.956Z

Interview
Paul Kirdorf und Tim Hansen zu Gast beim "Nachspielzeit" Interview der Woche.
Paul Kirdorf und Tim Hansen zu Gast beim "Nachspielzeit" Interview der Woche.

Rivalen, Freunde und nun Teamkollegen

Die beiden Kumpels Tim Hansen und Paul Kirdorf von der Western Illinois University +++ Tim als Vermittler beim Transfer von Paul +++ Eindrücke aus dem Fußball auf dem College

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Wiesbaden. In unserer neuen Interview-Rubrik "Nachspielzeit" befragen wir wöchentlich in lockerem Rahmen interessante Spieler oder Trainer der Region über ihren Verein und ihre persönlichen Ziele. Heute zu Gast: Die beiden Freunde, Rivalen und nun Teamkameraden in den USA: Tim Hansen und Paul Kirdorf.

Tim, Du bist deinem Kumpel Paul schon eine Saison voraus. Beschreibe unseren Lesern doch mal die erste Spielzeit aus deiner persönlichen Sicht.

Zu Beginn hatte ich ziemliche Schwierigkeiten. Zum Einstieg mussten alle Spieler, auch die Torleute, einen Fitnesstest bestehen, der aus meiner Perspektive sehr, sehr hart war. Wer den Test nicht bestanden hat, durfte nicht spielen. Außer mir waren noch drei weitere Keeper in der Mannschaft, von denen zwei die Prüfung auf Anhieb meisterten. Ich habe drei Wochen gebraucht, um den Test endlich zu packen. Das hat vor allem an meinem Selbstbewusstsein genagt.

Wie ging es danach weiter?

Ich hatte zunächst bis zum fünften Spiel maximal eine Halbzeit im Tor gespielt. Letztlich konnte ich den Trainer mit meiner Leistung überzeugen und ab diesem Zeitpunkt stand ich jede Partie Partie über die volle Distanz im Tor. Im Halbfinale waren wir in den Playoffs gegen Denver durch einen irregulären Handelfmeter unverdient ausgeschieden. Dennoch bin ich mit meiner ersten Saison zufrieden.

Du hast den Kontakt zwischen deinem Coach und Paul hergestellt. Wie kam es dazu?

Wir haben viele Lateinamerikaner in der Mannschaft und ich bin der einzige deutschsprachige Spieler. Mein Trainer fragte mich, ob ich einen Fußballer kenne, der an einem Stipendium in den USA interessiert ist. Da wir zugleich auf der zentralen Mittelfeldposition vor der Abwehr personelle Probleme haben, dachte ich sofort an Paul.

Paul, steht dein Engagement in den USA schon fest, oder gibt es noch einige formale Hindernisse zu überwinden?

Am Donnerstag habe ich von der NCAA die Zusage für einen Platz an der Western Illinois University bekommen. Somit ist eigentlich alles in trockenen Tüchern. Ich muss mich nur noch um ein Visum kümmern.

Hattest Du schon Kontakt mit deinem neuen Trainer?

Ja, klar. Er hat persönlich angefragt, ob ich Lust hätte, nach Illinois aufs College zu gehen. Ich hatte noch weitere Angebote aus den USA, aber die Art des Trainers hat mich überzeugt. Außerdem wollten Tim und Ich schon ein Jahr vorher gemeinsam in den Staaten Fußball spielen. Allerdings war ich während der Vorbereitungsphase auf das Abitur zu faul nebenher noch Aufnahmetests zu schreiben und Videos von meinen Fähigkeiten zu drehen. (lacht)

Im August fliegt ihr Beiden gemeinsam zurück und bereitet euch auf die neue Saison vor. Haltet ihr euch hier in Deutschland fit?

Tim: Ich mache die Vorbereitung bei meinem Heimatverein Rauenthal/Martinsthal mit, um den Fitnesstest in diesem Jahr auf Anhieb zu bestehen.

Paul: Neben der Vorbereitung bei Waldalgesheim gehe ich noch dreimal wöchentlich ins Fitnessstudio, um fit zu bleiben.

Welche Stärken und Schwächen hat euer Kumpel auf dem Fußballfeld?

Tim: Paul hat eine herausragende Fitness und ist sehr bissig in den Zweikämpfen. Außerdem ist er flexibel einsetzbar. Auf dem Feld ist er teilweise aggressiv und ein richtiger Hitzkopf. Aber das kann man in den Griff kriegen. (lacht)

Paul: Tim ist ein bärenstarker Torwart, der mit seiner Größe jede Flanke abfängt. Auch auf der Linie zeigt er sich sehr reaktionsstark. Trotzdem habe ich ihm mal im Pokal Einen eingeschenkt. Das kriegt er die nächsten zehn Jahre noch vorgehalten. Seine fußballerischen Qualitäten sind noch ausbaufähig. (lacht)

Ihr kennt euch aus gemeinsamen Abiturzeiten. Wer hat den besseren Abischnitt?

Paul: Und als Rivalen auf dem Platz. Ab der B-Jugend haben wir zweimal in der Runde gegeneinander gespielt. Tim bei Gonsenheim und ich bei Schott Mainz. In Bezug auf den Abischnitt hatten wir sogar den gleichen. Es kann auch sein, dass Tim um 0,1 besser war, jedenfalls war es etwas kurios das weiß ich noch.

Tim: Entweder war Paul um 0,1 besser oder wir hatten den gleichen Schnitt.

Info der Redaktion: Beide hatten den gleichen Schnitt.

Du hast nun schon in Deutschland und den USA gespielt. Wie würdest du die beiden Saisonsysteme beschreiben?

Tim: Ich finde eigentlich beide Systeme an sich gut, auch wenn sie sehr unterschiedlich aufgebaut sind. In Deutschland ist der Spielplan entzerrter und viel länger. So kam ich früher auf knapp 40 Spiele pro Saison in einem Zeitraum von einem Jahr. Mit dem Playoff-Modus in Amerika bestreiten wir in drei Monaten circa 20 Partien. Teilweise spielen wir in sieben Tagen dreimal. Das ist einerseits viel anstrengender, und andererseits läuft die Saison nur drei Monate. Die Pausen zwischen den Spielzeiten sind dafür umso länger. In der Spring-Season (Frühlingsperiode) haben wir zwar Testspiele, aber der Trainingsanteil ist natürlich viel höher. Manchmal trainieren wir sogar dreimal täglich.


Was erwartet ihr euch von der nahen Zukunft?

Paul: Ich will auf jeden Fall von Anfang an spielen. Ich gehe nicht davon aus, dass der Trainer einen Spieler aus Deutschland aufs College holt, um ihn auf der Bank schmoren zu lassen.

Tim: Nach meiner ersten Saison weiß ich, was auf mich zukommt. Zunächst liegt das Bestehen des Fitnesstests an der Tagesordnung. Im Saisonverlauf wäre es ganz schön mal als Torwart der Woche oder sogar als Torwart der Saison ausgezeichnet zu werden. Als Mannschaft wollen wir den nächsten Schritt machen, und ins Conference-Finale einziehen.



Aufrufe: 015.7.2017, 12:00 Uhr
Marcus MühlenbeckAutor