2024-04-25T14:35:39.956Z

Interview
Jürgen Matischek.	Foto: photoagenten/Carsten Selak
Jürgen Matischek. Foto: photoagenten/Carsten Selak

»Zu wenig Kinder, zu viele Angebote«

JÜRGEN MATISCHEK Abteilungsleiter der SG Partenheim sieht Dorffußball vor schweren Zeiten

PartenHEIM. In den ländlichen Regionen wird es hinsichtlich von Fußball-Mannschaften Konzentrationsprozesse geben, in städtisch geprägten Gegenden hingegen immer wieder neue Teams. Diese These vertritt Jürgen Matischek, der Abteilungsleiter des Fußball-B-Ligisten SG Partenheim. Die eigene Mannschaft ist ein Beispiel dafür. Sie verschmelzt zur kommenden Saison mit TuS Jugenheim.

Herr Matischek, die SG Partenheim war mal in der A-Klasse Mainz-Bingen ein Fels in der Brandung. Nun dürfte der Abstieg in die C-Klasse unvermeidbar sein. Woran liegt‘s?

Ja, die SG Partenheim war mal ein etablierter Verein der A-Klasse. Was damals passierte, habe ich nicht wirklich miterlebt. Als Jugendspieler hatte ich weder so einen engen Kontakt mit der ersten Mannschaft, geschweige denn Einblick. Ich kann mich nur erinnern, dass zunehmend Auswärtige in die Mannschaft kamen, um sie bestücken zu können.

Und was passiert heute?

Fast das gleiche. Wir haben einen Ort mit 1600 Einwohnern. Eine eigene Jugendmannschaft können wir mangels Kindern nicht stellen. Daher haben wir mit Jugenheim und dem FSV Saulheim eine Jugendspielgemeinschaft. Da wachsen aber kaum ausreichend junge Spieler heran, um drei Vereine im Aktivenbereich zu speisen. Dann haben wir in der Ortschaft auch Konkurrenz von anderen Freizeitangeboten und Sportarten.

Ist das der einzige Haken?

Nein. Es ist auch so, dass uns junge Spieler aus den eigenen Reihen verlassen, oft aus beruflichen oder familiären Gründen. Die Voraussetzungen gegenüber früher haben sich verändert. Sodann hat die SG Partenheim einige gute Fußballer ausgebildet – die kommen allmählich aber auch in die Jahre.

Wie beurteilen Sie die Situation im Fußball generell? Kommt genug Jugend nach?

Das muss man differenziert betrachten. In den ländlichen Regionen schaut die Situation anders aus als in den Städten. Im ländlichen Bereich sieht man zunehmendes Mannschaftssterben. Wir werden mit TuS Jugenheim eine Spielgemeinschaft im Aktivenbereich bilden. Das ist unsere Reaktion auf die zunehmende Schwierigkeit, aus Personalgründen den Spielbetrieb aufrechtzuerhalten.

Gibt es weitere Beispiele?

Auf jeden Fall – die Spvgg. Dietersheim etwa. Das war eine Fußball-Hochburg. Seit über einem Jahr ist sie nun Teil einer Dreier-Spielgemeinschaft mit der federführenden SG Sponsheim und Dromersheim. Das zeigt, wie katastrophal sich die Situation in den ländlichen Regionen zuspitzt.

Und in den Städten?

Dort ist es komplett anders. Dort gründen sich häufig neue Vereine unter Trägern. Livingroom Mainz, zum Beispiel, die inzwischen schon zwei Mannschaften haben. Oder Vereine mit religiösen Bezügen. Mit einer gewissen Grundidee gibt es derzeit gute Möglichkeiten, einen Verein mit Zukunft zu gründen.

Die SG Partenheim und TuS Jugenheim schließen sich nun für die neue Saison zusammen. War das alternativlos?

Für uns als SG Partenheim in jedem Fall. Wir hätten zwar in der kommenden Runde eine Mannschaft in der C-Klasse melden können. Mit einer zweiten Mannschaft aber hätte es eng werden können. Sodann hätte sich die Frage gestellt, ob unsere beiden Trainer – Marc und Axel Brummer – unter den Bedingungen weitergemacht hätten. Möglicherweise hätten wir sie nicht halten können.

Habt ihr alles unternommen, um eigenständig zu bleiben?

Ja. Wobei es sich über Jahre hinweg entwickelte, dass wir mit TuS Jugenheim gemeinsame Sache machen. In dieser Saison kooperieren wir bereits mit der zweiten Mannschaft.

Glückwunsch, dass das so reibungslos funktioniert ...

... nun, ganz so konfliktfrei war das nicht. TuS Jugenheim kam in den vergangenen Jahren mehrfach auf die SG Partenheim zu, ohne dass ihr Wunsch nach Kooperation erfüllt werden konnte. Vergangenes Jahr reifte dann bei uns die Überzeugung, dass des vernünftig wäre, mit dem wenige Meter entfernten Nachbarn zusammenzuarbeiten. Einfach war es nicht, weil über Jahrzehnte eine gesunde Rivalität gepflegt wurde. Für mich aber war es sinnig, ich hatte ja für beide Vereine gespielt.

Welche Ziele verfolgt ihr?

Vor allem zwei: Wir wollen mit einer gemeinsamen Mannschaft in die B-Klasse aufsteigen. Und wir möchten uns stärker in unsere Jugendspielgemeinschaft einbringen. Der FSV Saulheim leistet da sehr gute Arbeit, die wir künftig besser unterstützen wollen.


Zur Person

Jürgen Matischek ist Fußball-Abteilungsleiter bei der SG Partenheim- Der 32 Jahre alte Speditionskaufmann hat in Kinderjahren bei seinem Heimatverein mit dem Fußballspielen begonnen. Im Aktivenbereich hielt er seinem Heimatverein, mit Ausnahme einer dreijährigen Stippvisite bei TuS Jugenheim, die Treue. Noch heute spielt er aktiv. Und zwar dort, wo gerade Not am Mann ist.

Aufrufe: 028.3.2017, 10:00 Uhr
Claus RosenbergAutor