SG Nürnberg Fürth 1883 - ASV Zirndorf 4:0
Plötzlich macht alles Sinn, auf einmal fließt alles. Monatelang haben sie bei der SG 83 jetzt ihren Minimalismus erklären müssen, haben Antworten finden sollen auf die Frage, warum ihnen so selten Tore gelingen, und warum sie trotzdem zu einer Spitzenmannschaft in dieser Bezirksliga hatten werden können. Wirklich schlauer war man in dieser Hinsicht auch an diesem stürmischen Sonntagnachmittag an der Regelsbacher Straße zunächst nicht geworden.
Die SG hatte den ASV Zirndorf zu Gast, im abgelaufenen Fußballjahr ebenfalls eine Spitzenmannschaft, die es bis in die Relegation zur Landesliga gebracht hatte, da aber gescheitert war, und nun ein Leben im Niemandsland der Liga fristet.
Wer da nun um den Aufstieg kämpft und wer sich schon um die Planungen für eine weitere Bezirksliga-Spielzeit kümmern darf, das war während der ersten 45 Minuten selten zu erkennen: Die Bälle flogen auf beiden Seiten hoch und weit, die einen hatten mal eine nette Gelegenheit, die anderen aber ebenso. „Feuer“, schrie SG-Trainer Leo Swierczynski manchmal – was immerhin zur Folge hatte, dass seine Spieler rannten, wie man es selten erlebt in einer Liga, in der der Fußball ein schönes Hobby ist.
Dann bricht die 25. Minute an – und alles verändert sich. Sebastian Bieber, den man vorher – Stichwort: Feuer – mal hier, mal da auf dem Platz gesehen hatte, taucht vor dem Tor auf und trifft erstaunlich überlegt zur Führung. Ab jetzt – so hat man das nach dem bisherigen Saisonverlauf, in der ihnen bei der SG in 24 Spielen nur 33 Tore gelungen waren, annehmen müssen – wird alles noch ein bisschen unansehnlicher. Es wird aber alles nur schöner.
Bis zur Pause sind sie noch damit beschäftigt, die Gäste aus Zirndorf niederzuringen mit vielen kleinen Fouls – ein Stilmittel allerdings, das auch der ASV beherrscht. Dann spielen sie, auch mit dem Wind. Nach 47 Minuten macht sich Mykhailo Lysokon auf, um einen Eckball in die Mitte zu bringen – und trifft, ohne dass noch irgendein anderer den Ball berührt hätte. Spätestens jetzt müssten sie wissen, dass sie machen können, was sie wollen, und trotzdem alles zu einem guten Ende findet.
Leo Swierczynski, der Erfolgstrainer, bleibt dennoch laut und unausgeglichen an der Seitenlinie, was sein Zirndorfer Pendant Martin Hermann irgendwann so aufbringt, dass er die Konfrontation an der Seitenlinie sucht. „Wenn es etwas gibt, das ich ändern wollen würde, dann, dass ich ein bisschen ruhiger bin an der Linie. Ich ärgere mich da über mich selbst“, wird Swierczynski später sagen.
Dass das nicht gelingen wird, sieht man ihm aber nach dem Schlusspfiff immer noch an. Swierczynski verlangt von seinen Spielern vollen Einsatz und lebt das an der Seitenlinie vor. „Wir arbeiten eben intensiv“, sagt Swierczynski, wenn man ihn nach diesem erstaunlichen Laufpensum fragt, „und das zahlt sich aus. Das ist leistungsorientierter Amateursport. Sonst könnten wir uns das auch sparen, wir investieren schließlich alle viel Zeit.“ In dieser Saison rechnet sich das erstmals. Die SG ist eine Mannschaft, die im wahrsten Sinne des Wortes so funktioniert: als Mannschaft. Keiner ragt wirklich heraus, keiner fällt deutlich ab, alle sind fast immer in Bewegung. Gegen Zirndorf bringt ihnen das im zweiten Durchgang noch eine Reihe guter Gelegenheiten ein – und mit zwei weiteren Treffern durch Konstantin Hofbauer (66.) und Ozan Yildirim (77.) belohnen sie sich auch noch.
4:0, der höchste Saisonsieg – wo das noch hinführt, beginnt man allmählich zu ahnen. Wobei: „Nein“, sagt Leo Swierczynski, wenn man seine SG als Spitzenmannschaft bezeichnet. Er ist dann nicht so weit entfernt von jenen Trainern in den oberen Ligen, die in sogenannten Medienschulungen lernen, dass man immer lieber vage bleibt in seinen Ausführungen, nur nicht mutig sein soll. Aber mutig ist er natürlich schon: „Wenn wir weiter so spielen wie heute, dann sind wir am Ende der Saison mindestens Zweiter, das verspreche ich.“ Das allerdings hat er direkt nach dem Spiel zu seiner Mannschaft gesagt und wahrscheinlich geahnt, dass man das auch noch auf der anderen Seite der Spielfeldumrandung hört. Dabei hat er in diesem Moment für seine Verhältnisse ganz ruhig gewirkt.
Schiedsrichter: Tobias Holzer (TSV Buch) - Zuschauer: 104
Tore: 1:0 Sebastian Bieber (25.), 2:0 Mykhailo Lysokon (47.), 3:0 Konstantin Hofbauer (66.), 4:0 Ozan Yildirim (77.)