2024-04-23T13:35:06.289Z

WM 2014
Volksfreund-Experten (von links oben nach rechts unten): Ratinho, Paul Linz, Daniel Ischdonat, Edgar Schmitt, Herbert Fandel, Klaus Toppmöller
Volksfreund-Experten (von links oben nach rechts unten): Ratinho, Paul Linz, Daniel Ischdonat, Edgar Schmitt, Herbert Fandel, Klaus Toppmöller

Sechs Thesen zur WM

Die Volksfreund-Experten beziehen Stellung zu wichtigen Fragen

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Vor dem Start der Fußball-WM in Brasilien nehmen unsere Kolumnisten Klaus Toppmöller, Herbert Fandel, Ratinho, Paul Linz, Edgar Schmitt und Daniel Ischdonat Stellung zu sechs Thesen. Die Experten werden in den nächsten Wochen für den Trierischen Volksfreund und FuPa.net/volksfreund auch das Turniergeschehen kommentieren.

These 1: Welt- und Europameister Spanien ist zu schwach für eine WM-Titelverteidigung

Edgar Schmitt: „Nein. Spanien gehört für mich wie andere Mannschaften auch zum Favoritenkreis. Alle großen Fußballnationen haben derzeit noch ihre Probleme mit angeschlagenen oder nicht fitten Spielern. Der spanische Kader ist gut zusammengestellt. Ich sehe die Mannschaft auf Augenhöhe mit Brasilien, Argentinien, Deutschland und Italien. Natürlich haben sich die Gegner in den vergangenen Jahren besser auf die spanische Spielweise eingestellt. Mit schnellem Konterspiel und aggressivem Anlaufen ist die hoch stehende Abwehr der Iberer zu überwinden. Aber trotzdem besitzt die Mannschaft immer noch eine außergewöhnlich hohe Qualität.“

These 2: Die Schulterverletzung von Manuel Neuer wird Bundestrainer Joachim Löw noch große Sorgen bereiten

Daniel Ischdonat: „Eine Schulterverletzung ist für einen Torwart immer ein Risiko, auch wenn jetzt grünes Licht für Manuel Neuer gegeben worden ist. Die Schulter ist ein sehr sensibler Bereich. Auf sie wirken bei Torhütern große Kräfte im Spiel, etwa beim Aufprall auf den Rasen. Sollte Neuer wider Erwarten bei der WM kürzertreten müssen, wäre Roman Weidenfeller ein guter Ersatz. Der Dortmunder wird sich super motivieren können. Er wollte immer in der Nationalelf spielen. Die WM ist sein Höhepunkt. Er besticht durch Erfahrung. Allerdings steht er im Vergleich zu Neuer für ein anderes Torwartspiel. Der Schlussmann des FC Bayern spielt mehr mit und läuft auch in der Tiefe Bälle ab. Auf Neuer kann immer zurückgespielt werden.“

These 3: Die extremen klimatischen Bedingungen kommen in Brasilien den südamerikanischen Mannschaften zugute

Klaus Toppmöller: „Absolut ja! Es ist ja noch kein europäisches Team Weltmeister bei einem Turnier in Südamerika geworden. Ich war schon oft in Brasilien – auch dort, wo die deutsche Mannschaft spielt. In Salvador, Fortaleza und Recife. An die Bedingungen dort muss man sich erst mal gewöhnen. Nur wenn die europäischen Mannschaften topfit anreisen, können sie den widrigen Umständen trotzen.“

These 4: Die Fußball-Weltmeisterschaft wird von Protesten der brasilianischen Bevölkerung begleitet

Ratinho: „Ja. Die Bevölkerung wird die Bühne der Fußball-WM nutzen, um auf Probleme im Land aufmerksam zu machen. Da die Menschen durch das Internet inzwischen viel besseren Zugang zu unabhängigen Informationen haben, merken sie, dass bestimmte Dinge, die die Politiker machen, nicht richtig sind. Bislang war zu wenig Geld da für Bildung, Transport, Sicherheit und das Gesundheitssystem. Für die WM aber können plötzlich teure Stadien gebaut werden. Da rebellieren die Leute zu Recht. Ich kann die Proteste verstehen, solange sie nicht mit Krawallen einhergehen. Die Regierung muss aufwachen. Brasilien ist mehr als Fußball, Samba und Partys. Viele Menschen leiden unter Korruption und Missmanagement der Politik.“

These 5: Der deutschen Mannschaft fehlt eine angriffslustige Führungsfigur

Paul Linz: „Man hat im deutschen Team schon den Eindruck, dass die Führungsspieler alle lieb sind. Ich hoffe, dass ich widerlegt werde. Denn es braucht auch Spieler, die mal auf den Tisch hauen. Ob Bastian Schweinsteiger, Philipp Lahm, Per Mertesacker oder Miro Klose das können? Ich glaube, dass die Hierarchie im deutschen Kader stimmt. Doch ich fürchte, dass ein, zwei Spieler fehlen, die auch mal Rabatz machen – im positiven Sinn.“

These 6: Dass nur neun der 25 WM-Schiedsrichter aus Europa kommen, wird sich in den Leistungen der Unparteiischen negativ bemerkbar machen

Herbert Fandel: „Bei einer Weltmeisterschaft spielen nicht die besten Mannschaften der Welt, sondern die besten Mannschaften der verschiedenen Konföderationen gegeneinander. Genauso sieht es bei der Auswahl der Unparteiischen aus.Aus Europa wurden aus meiner Sicht die neun stärksten Schiedsrichter ausgewählt, wenn man keine zwei Unparteiischen aus einem Land berücksichtigen will. Zusammen mit den Kollegen aus Südamerika werden sie die wirklich schwierigen Spiele leiten müssen.“

Die Experten

Edgar Schmitt (51) ging 1993 als Euro-Eddy in die Fußball-Geschichtsbücher ein. Beim 7:0-Rückspiel-Erfolg des Karlsruher SC in der zweiten Uefa-Pokalrunde gegen Valencia erzielte der Stürmer vier Tore. Nach seiner Spielerkarriere war der gebürtige Rittersdorfer (Eifelkreis Bitburg-Prüm) Trainer beim VfR Aalen, bei den Stuttgarter Kickers und beim KFC Uerdingen. Derzeit ist der Sportökonom und Fußballlehrer bei sportfive in die Vermarktung beim Karlsruher SC eingebunden.

Zehn Jahre lang – zwischen 1996 und 2006 – war Daniel Ischdonat (38) Torwart bei Eintracht Trier. Am 18. Februar 1998 wurde er zum tragischen Helden, als er im Elfmeterschießen des DFB-Pokal-Halbfinals gegen den MSV Duisburg erst einen Strafstoß hielt, später aber selbst vom Punkt aus scheiterte. „Ischis“ Karriere endete später beim SV Sandhausen. Bei dem Zweitligisten ist er heute noch als Torwarttrainer tätig.

Seine beste und zugleich bitterste Saison als Trainer erlebte Klaus Toppmöller (62) 2001/02. Mit Bayer Leverkusen wurde er Zweiter in der Champions League, der Bundesliga und im DFB-Pokal. Einen Titel gab es dann aber doch: Der Rivenicher (Kreis Bernkastel-Wittlich) wurde als Trainer des Jahres ausgezeichnet. Zwischen 2006 und 2008 war „Toppi“ Nationaltrainer Georgiens. Aktuell ist er ohne Engagement. Als Spieler feierte er vor allem beim 1. FC Kaiserslautern Erfolge. Zwischen 1972 und 1980 erzielte der Angreifer in 204 Bundesligaspielen 108 Tore. Damit ist Toppmöller bis heute Rekordtorschütze des FCK.

Ratinho (43) bestritt zwischen 1996 und 2003 113 Bundesliga-Spiele für den 1. FC Kaiserslautern. 1998 wurde der 1,71 Meter große Mittelfeldspieler, der wegen seiner trickreichen Spielweise „Zaubermaus“ genannt wurde, mit den Pfälzern Deutscher Meister. Everson Rodrigues, wie er eigentlich heißt, wurde in Colorado im Süden Brasiliens geboren. Heute lebt er weiterhin in Kaiserslautern. Dort betreibt er ein brasilianisches Restaurant. Als Trainer betreut er die U13 des FCK sowie Kinder in seinen Fußballcamps.

Als Trainer feierte Paul Linz (58) seinen größten Erfolg 2002. Damals stieg er mit Eintracht Trier in die zweite Fußball-Bundesliga auf. Heute ist er Trainer im Wartestand. In Riol betreibt er eine Fußballgolf-Anlage. Als Spieler bestritt Linz 33 Erstligaspiele für Werder Bremen und Waldhof Mannheim. Top war die Torquote des Stürmers in der zweiten Liga. 115 Mal traf er in 233 Partien für den OSC Bremerhaven, den Freiburger FC, Mannheim und den VfL Osnabrück.

Herbert Fandel (50) ist als Vorsitzender der DFB-Schiedsrichter-Kommission Chef der deutschen Referees. Als Aktiver gehörte der gebürtige Kyllburger (Eifelkreis Bitburg-Prüm) zu den renommiertesten Unparteiischen. Im Jahr 2008 pfiff er Partien bei der Fußball-Europameisterschaft. 2006 (Uefa-Pokal) und 2007 (Champions League) leitete er große europäische Finals. In der Bundesliga pfiff der vierfache Schiedsrichter der Saison 247 Begegnungen. Hauptberuflich ist der Pianist Leiter des Kulturamts des Eifelkreises Bitburg-Prüm.



Aufrufe: 011.6.2014, 09:00 Uhr
volksfreund.de/Mirko BlahakAutor