2024-04-25T14:35:39.956Z

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Bei der Vorbereitung auf die WM 2014 posierte Bastian Schweinsteiger (r.) mit Klaus Eder im Teamhotel.  Foto: dpa
Bei der Vorbereitung auf die WM 2014 posierte Bastian Schweinsteiger (r.) mit Klaus Eder im Teamhotel. Foto: dpa

Schweini & Co brauchen keine Tipps von außen

Klaus Eder im Interview mit MZ-Sportchef Heinz Gläser

Physiotherapeut Klaus Eder erklärt, wie die Kritik des Ex-Capitano ankam, was er vom Quartier und was er vom Wetter hält.

Herr Eder, Sie können einen Vergleich über drei Jahrzehnte Turniergeschichte heranziehen. Zufrieden mit dem EM-Quartier im Hotel Ermitage?

Beim DFB sind die Unterkünfte und die Bedingungen immer ideal. Aber ich gebe zu: Das Campo Bahia bei der WM in Brasilien lässt sich schwer toppen. Nein, ich will mich nicht beschweren. Wir haben hier ein weitläufiges Gelände, jeder kann tun und lassen, was er will. Der Trainingsplatz ist in einem großartigen Zustand. Wir haben einen Golfplatz in der Nähe und im Hotel ein Putting Green. Also: Für Thomas Müller, Basti Schweinsteiger und uns Physiotherapeuten könnte es gar nicht besser sein. Wenn's nicht gerade wieder regnet, hauen wir ein paar Bälle raus. (lacht)


Laufen wieder Wetten? Thomas Müller musste ja vor dem WM 2014 wegen einer verlorenen Golfrunde im Dirndl bedienen...

Nein, bisher noch nicht. Aber was nicht ist, kann ja noch kommen.


Joachim Löw stellte sich am Samstag überraschend den Medien. Wir hatten den Eindruck, er wollte der Kritik in der Heimat nach den ersten beiden Turnierspielen entgegentreten. Holpert es in der deutschen EM-Mission?

Ach, bei uns in der Physiotherapie herrscht dauernd Betrieb, da kriegen wir von den sportlichen Dingen erst mal gar nicht so viel mit. Meine Kollegen und ich haben alle Hände voll zu tun. Wir sind primär froh, dass mittlerweile alle Spieler fit und einsatzbereit sind. Ein paar kleine Zipperlein treten beim Spiel oder im Training immer mal wieder auf. Die gilt es dann möglichst schnell zu beseitigen.,


Nehmen Sie also während eines Turniers Diskussionen wie nach dem Polen-Spiel nur am Rande wahr?

Ich habe am Freitagabend mitgekriegt, dass Jogi Löw selbst an dieser Pressekonferenz teilnehmen wollte. Aber wie das zu deuten ist, kann ich nicht beurteilen. Solche Themen überlasse ich anderen.


Ist die Stimmung in der Mannschaft besser als bei den Fans zu Hause?

Die Spieler sind speziell mit den kritischen Stimmen aus dem Kreis der ,,Altgedienten" nicht einverstanden. Das stimmt. Wenn Michael Ballack, bei all seinen Verdiensten für die Nationalmannschaft, jetzt die Backen aufbläst, dann wehren sich die Spieler und natürlich auch der Trainerstab dagegen. Das finde ich verständlich. Die beiden Auftaktspiele waren nicht so schlecht. Wir sind Gruppenerster und haben kein Gegentor kassiert. Diese Mannschaft braucht keinen ehemaligen Hero, der ihr Ratschläge gibt. Einer wie Jerome Boateng hat nach dem Polen-Spiel deutliche Worte gefunden und damit gezeigt, dass er alles im Griff hat. Jerome sagt, was Sache ist.


Viele Experten sehen in Boateng den besten Innenverteidiger der Welt. Auch aus DFB-Kreisen ist das zu hören. Teilen Sie diese Einschätzung?

Ja, absolut. Ich kenne zumindest keinen besseren. Aber ich bin ja nicht der ausgewiesene Fußballexperte, das möchte ich immer betonen.


Wird die deutsche Mannschaft insgesamt zu kritisch beäugt?

Ach, das sind wir gewohnt. Wenn ich mich mit Toni Kroos oder Sami Khedira unterhalte, dann berichten mir die aus Gesprächen mit ihren Teamkollegen in Spanien und Italien, dass dort alle Fans und die Medien voll des Lobes für ihre Mannschaften sind. Wahrscheinlich ist es eine typisch deutsche Eigenschaft, schnell oder auch vorschnell Kritik zu üben.


Ein Dauerbrenner hier in Evian sind die Klagen über das miese Wetter. Belasten die äußeren Umstände das Binnenklima im Hotel Ermitage?

Die Spieler jammern schon ein bisschen rum. Die Pools und all die anderen Freizeiteinrichtungen auf dem Gelände konnten wir bislang kaum nutzen. Wenn das Wetter so bleibt, müssen wir eben schauen, dass wir uns drinnen die Zeit vertreiben. Aber das geht. Wir haben einen Indoor-Pool, die Sauna, einen Fitnessraum und, und, und... Am freien Tag sind ein paar Spieler rüber nach Lausanne, um Freunde zu treffen. Bei anderen ist die Familie zu Besuch. Wir machen es uns kurzweilig und wissen uns zu beschäftigen. Und wir haben ja, so hoffe ich, noch bis zum 10. Juli (Tag des EM-Endspiels/d. Red.) Zeit.


Pflegen Sie viel Kontakt mit daheim?

Sehr intensiv sogar. Antonio Rüdiger ist bereits bei uns im ,,Eden Reha" in Donaustauf zur Reha. Er ist unmittelbar nach seiner schweren Kreuzbandverletzung vom Vereinsarzt des AS Rom operiert worden. Armer Kerl! Es tut mir für den Toni ausgesprochen leid, dass er ausgerechnet jetzt, als er sich in die Stammformation gespielt hatte, so eine Verletzung erlitten hat. Aber so ist nun mal der Sport.


Welchen Eindruck haben Sie bisher vom Turnier in -Frankreich gewonnen?

Es ist meine achte Europameisterschaft. Natürlich nehme ich sie anders wahr als meine erste 1988 in Deutschland. Aber hier in Evian ist es definitiv mindestens genauso gut, wenn nicht besser als vor vier Jahren in Danzig.

Aufrufe: 020.6.2016, 22:00 Uhr
Heinz GläserAutor