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Schiri pfeift nach 32 Minuten zur Halbzeit

Gewinnspiel +++ Elf unfassbare Fußballgeschichten +++ 3. TEIL: "Wir sind Männer und trinken keine Fanta"

Kennen Sie Tull Harder vom HSV, den vielleicht besten Stürmer aller Zeiten? Oder die unglaubliche Geschichte vom blauen Armband von Darmstadt 98? Oder den denkwürdigen Eklat um die Wahl von Bayerns Winkelhofer zum Torschützen des Monats? Einmalig war auch der Elfmeterpfiff beim St.-Pauli-Aufstieg, der ein Abpfiff wurde. Wissen Sie, welches Land als einziges noch nie gegen Brasilien verloren hat? Oder dass ein deutscher Klub tatsächlich auf die Deutsche Meisterschaft verzichtet hat? Kennen Sie die erstaunliche Geschichte vom Fußball-Spiel, das einen echten Krieg ausgelöst hat?Oder dass ein Bundesliga-Schiedsrichternach 32 Minuten zur Halbzeit pfiff? Nein? Dann sollten Sie sich dieses kleine Fußball-Büchlein mit elf unfassbaren Fußball-Geschichten nicht entgehen lassen...
Wenn neben den Linienrichtern auch der Schiedsrichter mit einer Fahne aufs Spielfeld des Weserstadions aufläuft, dann wird es problematisch – und ein unglaublicher Nachmittag in der Fußball-Bundesliga kann beginnen. Vorhang auf: Am 8. November 1975 vor dem Spiel zwischen Werder Bremen und Hannover 96 geht der Unparteiische Wolf-Dieter Ahlenfelder (31) mit Werders Schiedsrichterbetreuer Richard Ackerschott essen – Grünkohl mit Pinkel. „Wir sind Männer und trinken keine Fanta“, sagt Ahlenfelder. Und so gibt es dazu Bier und Schnaps. „In Norddeutschland ist das ganz normal“, erwidert Ackerschott und bestellt den nächsten Malteser. „Prost!“. Der Unparteiische ist gelassen wie immer, obwohl es erst das dritte Bundesligaspiel ist, das er leitet. Für einen Spesensatz von 24 Mark. Die nächste Runde „Lütt und Lütt“ kommt. “Ein Bierchen und ein Malteser zum Mittagessen, das wird doch wohl erlaubt sein“, zwinkert Ahlenfelder seinem Gegenüber zu. Prost! Dann kommt die nächste Runde. Prost! “Oh, wir müssen los“, meint Ackerschott. Vielleicht noch eine kleine Runde? Okay! Wie viel sie getrunken haben, weiß keiner mehr genau. Dann geht es schnell ins Weserstadion. Schiri Ahlenfelder zieht sich um. Kurze Hose, kurzes Hemd. Im November. Dann geht er noch kurz in der Kabine der Heimmannschaft vorbei, um Werders Masseur zum Geburtstag zu gratulieren. „Du riechst nach Alkohol!“, entgegnet ihm Bremens Libero Horst-Dieter Höttges, einer der Weltmeister von 74. Höttges erkennt den Ernst der Lage und sagt: „Mensch Wolf-Dieter, du bist ja total blau.“ Ahlenfelder verneint und gibt sich mannhaft. Doch Werders „Eisenfuß“ Höttges handelt sofort und zieht den Schiri bis zur Unterhose aus, duscht ihn und reibt seinen ganzen Oberkörper mit „Wick“ ein. Eigentlich ein Erkältungsmittel, aber sehr belebend. Zudem übertüncht der Menthol- und Eukalyptusgeruch die heftige Malteser-Fahne des Schiris. Dann geht das Spiel los. Höttges Notmaßnahmen zeigen zunächst Erfolg. Ahlenfelder – nun auch wieder passend und passabel gekleidet – beginnt tatsächlich mit der Leitung der Partie. Es schaut alles ganz gut aus und es bleibt beim 0:0. Doch in der 32. Spielminute pfeift Wolf-Dieter Ahlenfelder plötzlich zur Halbzeit. Sein Linienrichter zeigt hektisch auf die Uhr. Höttges stürmt auf Ahlenfelder zu: „Schiri, sind Sie sicher, dass schon Halbzeit ist?“ Ahlenfelder: „Warum denn nicht, Herr Höttges?“ Höttges: „Mein Trikot, wissen Sie, ist in der Halbzeit immer klitschnass. Und schauen Sie mal, das ist ja noch staubtrocken!“ Schiedsrichter Ahlenfelder begutachtet das Trikot des Bremer Liberos. Der Linienrichter deutet weiter hektisch auf die Uhr. Dann lässt der Unparteiische doch weiterspielen. In der 43. Minute pfeift er dann erneut zum Pausentee – immer noch zwei Minuten zu früh. Die Partie geht schließlich 0:0 aus und der DFB lässt Gnade walten. Ahlenfelder sei erkältet gewesen und habe Hustensaft bekommen, der Alkohol enthalten habe. Von 1975 bis 1988 pfiff Wolf-Dieter Ahlenfelder in der Bundesliga und brachte es dort auf stolze 106 Spiele. Er war wegen seiner kumpelhaften Art bei Spielern und Zuschauern höchst beliebt und stand zu seinem leichten Bierbauch und seiner Vorliebe zum „Pilsken“ (O-Ton Ahlenfelder) , weshalb ihn die Bundesligaspieler den „Dicken aus dem Westen“ nannten. Legendär war auch sein Wortgefecht mit Paul Breitner während eines Spiels. Breitner: „Ahlenfelder, du pfeifst wie ein Arsch.“ Ahlenfelder: „Breitner, kann es sein, dass du spielst wie ein Arsch?“ Mehrfach kam er als Linienrichter an der Seite von Walter Eschweiler im Europapokal zum Einsatz. 1984 wurde Ahlenfelder vom DFB als bester Schiedsrichter mit der „Goldenen Pfeife“ ausgezeichnet. 1987 wählten ihn die Bundesligaprofis mit großem Abstand zum besten Schiedsrichter Deutschlands. Autor Ben Redlings titelte in einer n-tv-Geschichte über Ahlenfelder: „Saufen konnte der Hund, aber auch pfeifen!“ Ahlenfelder selbst sah sich als umgänglichen Kumpel, der statt Ärger lieber Spaß an der Freud haben will. Er sagte über sich selber: „Meine Frau würde sagen: Das Einzige, wo du ihn anmachen kannst, ist, wenn du ihm sein Bier aussäufst!" Am 2. August 2014 starb Wolf-Dieter Ahlenfelder im Alter von 70 Jahren. Die letzten Jahre hatte er mit seiner Frau in Oberhausen gelebt. 25 Jahre hatte der Schiedsrichter Ahlenfelder die Notlüge mit dem Hustensaft aufrecht erhalten. Erst dann kam das Geständnis, dass er tatsächlich an dem denkwürdigen Novembertag in Bremen Alkohol getrunken hatte. „Völlig knülle war ich aber nicht“, betonte Ahlenfelder. „Laufbereitschaft und Urteilsvermögen – alles war noch voll da. Ich hatte Probleme mit der Uhr, war kurzzeitig verwirrt. Aber mein Linienrichter hat mich schnell aufmerksam gemacht. Es ging mit Schiedsrichterball weiter.“
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Aufrufe: 031.7.2015, 08:00 Uhr
Rüdiger FröhlichAutor