2024-04-24T13:20:38.835Z

Interview
Das Bild täuscht: Im Regen wurde Stephan Belter  nicht stehen gelassen
Das Bild täuscht: Im Regen wurde Stephan Belter nicht stehen gelassen

"Ein echtes Team"

GL FFM OST: +++ Niddas Trainer Stephan Belter im Gespräch +++

NIDDA. Bereits zwei Spieltage vor Rundenende hat der SC Viktoria Nidda in der Fußball-Gruppenliga Frankfurt Ost die Vize-Meisterschaft und die damit verbundene Teilnahme an der Aufstiegsrelegation zur Verbandsliga Süd eingetütet. Nach dem Katastrophenstart im vergangenen August gleicht dieses Abschneiden schon einem kleinen Sensation. 106 Tore in bis dato 31 Ligaspielen, in denen die Viktoria nur 26 Gegentore kassiert hat. Das alles sind rekordverdächtige Werte. Bis auf den Horrorstart (nur ein Punkt aus den ersten vier Spielen) hat danach eben (fast) alles gepasst. An diesem Wochenende ist die Viktoria spielfrei. Die Konzentration gilt daher schon dem am kommenden Donnerstag („Christi Himmelfahrt“) anstehenden Kreispokalfinale gegen den Kreisoberligisten SG Wolferborn/Michelau/Bindsachsen, in dem man den Titel erfolgreich verteidigen will. Der Kreis-Anzeiger sprach vor den drei wichtigsten Wochen der Saison mit Niddas Coach Stephan Belter (Foto), der die Viktoria am Rundenende ja bekanntlich verlassen wird.

Ihre Mannschaft hat in der Rückrunde Unglaubliches geleistet. Was war ursächlich für diese Leistungsexplosion?

Ich weiß gar nicht, ob es sich wirklich um eine Leistungsexplosion handelt. Wir hatten in der Hin- wie auch in der Rückrunde enge Spiele und haben durch einen sich andeutenden positiven Lauf auch ein unglaubliches Selbstvertrauen aufgebaut. Und wenn man einen solchen Lauf hat, dann glaubt man auch in den ganz engen Spielen bis zum Schluss an sich und wird gefühlt öfter dafür belohnt, als in Saisonphasen in denen es nicht so gut läuft.

Was hat Ihnen in den zurückliegenden Erfolgswochen besonders imponiert?

Ganz klar die Zeit um die Jahreswende und die anschließende Vorbereitung. Zwischen den Jahren wurde dem Team mitgeteilt, dass die Viktoria und meine Person sich am Rundenende trennen und Anfang Februar bin ich auch noch aus persönlichen Gründen sechs Wochen ausgefallen. Und in dieser Phase hat trotzdem alles funktioniert und alle wollten nach der Heimniederlage vor der Winterpause gegen die SG Marköbel und trotz aller Widrigkeiten zum Schluss doch nochmal alles probieren um die Saison zu einem guten Ende zu bringen. Co-Trainer Sven Diedrich hat hier hervorragende Arbeit geleistet und alle Spieler haben ihn dabei großartig unterstützt. Ein echtes Team halt.

Nicht auszudenken was möglich gewesen wäre, hätte man nicht diesen Katastrophenstart hingelegt. Wie sehr wurmt das jetzt noch?

Ehrlich gesagt gar nicht. Es bringt nichts zurückzublicken. Wichtig war, dass alle Beteiligten ruhig geblieben sind und wir zu keiner Phase auch gegen Ende der Saison überhaupt gar nicht auf die Tabelle geschaut haben. Immer konzentriert das nächste Spiel angehen, mehr kann man nicht tun. Und bei den Auftaktspielen gegen Hanau 93 und Rodgau haben wir ja auch gar nicht so schlecht gespielt. Von daher gab es auch gar keinen Grund so früh unruhig zu werden.

Dass die Viktoria zwei Spieltage vor Rundenende bereits als Vize-Meister feststeht hat natürlich auch mit dem Leistungsabfall der JSK Rodgau zu tun. Hätten Sie das zu Beginn des Jahres für möglich gehalten?

Ich weiß nicht so recht. Nach einem Gespräch mit Rodgaus Trainer Andreas Humbert zu Beginn dieser Woche wollte er dies auch so nicht bestätigen. Seiner Meinung nach – und das kann ich als Zaungast des Spiels gegen die Germanen aus Klein-Krotzenburg betätigen – hätten die Rodgauer viele Spiele, in denen nicht gepunktet oder nur ein Zähler geholt wurde, auch gewinnen können. Das zeigt einmal mehr, dass wirklich oftmals Nuancen über Sieg und Niederlage entscheiden. Und als Tabellenführer immer vorneweg zu marschieren ist auch für den Kopf gar nicht so einfach. Ich bin immer der Gejagte.

Ganz entscheidend in dieser Saison war, dass man in der wichtigen Phase nicht gepatzt hat. Zeugt wohl von hinzugewonnener Reife, oder?

Bei unsere jungen Truppe von Reife zu sprechen, das wäre wohl die falsche Begründung. Nach dem überragenden 3:1-Sieg im Spitzenpiel beim FSV Bischofsheim folgte die 1:2-Heimniederlage gegen Obertshausen, als uns in einem wirklich nicht tollen Spiel sechs Minuten vor Schluss der Ausgleich gelingt und wir in der letzten Minute noch verlieren. Danach wollten wir alles noch mal probieren, haben ein wenig umgestellt, noch offensiver gespielt – ich wusste gar nicht, dass das noch geht – und haben eine unglaubliche Trotzreaktion gezeigt.

Gibt es Spieler, die in ihrer Entwicklung in dieser Saison einen besonders großen Schritt nach vorne gemacht haben?

Oh, es wäre unfair auf diese Frage einen Namen zu nennen. Alle – und wirklich alle – sind nahezu immer da, bringen sich voll ein und jeder auf seine Art und Weise tut dem Team gut. Das ist unsere große Stärke. Es wäre völlig falsch einen einzelnen Spieler hervorzuheben. Für mich sind immer alle Spieler gleich wertvoll. Egal ob auf oder außerhalb des Platzes.

Nach der Spielpause am Wochenende folgt in der Liga das mittlerweile unbedeutende letzte Heimspiel in einer Woche gegen die SG Rosenhöhe. Könnte sich diese Ausgangsposition als Vorteil in der sich anschließenden Aufstiegsrelegation entpuppen?

Vor Wochen dachte ich noch, dass ein spielfreies Wochenende am vorletzen Spieltag eher gegen uns spricht. Aber nach der mittlerweile erfolgreichen Qualifikation für die Aufstiegsrunde kommt die Pause gerade recht. Nicht nur, weil wir mit Michael Meinzer und Marcel Schwalm zwei Spieler haben, die noch ein paar Trainingstage brauchen. Nein, alle Spieler mussten in den zuletzt zahlreichen Englischen Wochen bis an ihr Limit gehen, so dass der freie Sonntag für uns optimal ist. Und da ja auch Jannik Jung zwei Spiele krankheitsbedingt aussetzen musste, passt das schon.

Kurz vor Beginn der Relegation winkt noch der Gewinn des Kreispokals. Wäre doch eine hilfreiche Motivationsspritze für den Saisonendspurt, oder?

Ja klar. Ein Finale ist immer etwas Besonderes. Und das gerade besonders im Fußballkreis Büdingen. Es ist immer ein tolles Event und sehr familiär. Wir streben auch gleich zu Beginn einer Saison immer an am Ende auch noch dabei zu sein. Und wer im Finale steht, möchte es auch gewinnen. Ganz klar.

Nutzen Sie den freien Sonntag um einen möglichen Gegner in der Aufstiegsrelegation schon einmal unter die Lupe zu nehmen?

Auch hier ein klares Ja. Alles andere wäre ja auch unprofessionell. Zwei potentielle Kandidaten aus der West-Gruppe, nämlich Rot-Weiß Frankfurt II und den SV FC Sandzak Frankfurt habe ich bereits im direkten Duell gesehen. Am letzten Donnerstag habe ich mir Germania Ober-Roden (Gruppenliga Darmstadt, Anm. d. Red.) angeschaut. Und an diesem Sonntag steht in dieser Liga das direkte Duell der beiden Erstplazierten SG Unter Abtsteinach gegen RW Walldorf auf dem Terminplan. Ist aber nichts Außergewöhnliches. Immer wenn sich die Gelegenheit bietet, sehe ich mir vorher unsere nächsten Gegner an.

Wie Sie ja schon erwähnt haben, kommen die Gegner in der anstehenden Relegation aus den Gruppenligen Frankfurt West und Darmstadt. Wie stufen Sie diese beiden Ligen im Vergleich zur Gruppenliga Frankfurt Ost leistungsmäßig ein?

Das ist ganz schwer zu beurteilen und da möchte ich mir auch kein abschließendes Urteil erlauben. In all diesen Ligen gibt es Teams, die tollen Fußball spielen. Für uns ist es ein unglaublicher Erfolg an dieser Aufstiegsrelegation überhaupt teilnehmen zu dürfen. Nicht nur auf Grund des Saisonverlaufes, sondern auch weil die anderen Teams aus den anderen Kreisen in unserer Liga und in den anderen beiden Gruppenligen ganz andere Möglichkeiten haben. Alleine schon auf Grund der Einzugsgebiete der Vereine.

Ist eine gewisse Anspannung bei der Mannschaft schon zu spüren?

Nein. Diese Woche ist der Sonntag ja frei. Danach gilt die Konzentration dem Pokalfinale und anschließend dem letzten Punktspiel gegen die noch nicht gerettete SG Rosenhöhe. Erst danach liegt der Fokus auf der anstehenden Relegation. Wir bleiben dabei: Die Konzentration gilt immer dem nächsten Spiel.

Von wegen verflixtes siebtes Jahr. Unabhängig vom Ausgang steht fest, dass Sie ausgerechnet nach der erfolgreichsten Saison bei der Viktoria den Verein verlassen werden. Man darf vermuten, dass der Coach besonders motiviert in die Nachspielzeit geht, oder?

Besonders motiviert wäre falsch. Ich versuche ja immer die momentan bestmögliche Mannschaft aufzustellen und sie dann so zu coachen, dass sie gewinnt. Das ist am ersten, am elften und am letzten Spieltag so. Nur so kann ich mich auf das Wesentliche konzentrieren. Für meine Jungs würde ich mich aber ganz besonders freuen. Sie haben es auf Grund der letzten Wochen einfach verdient. Wir haben die meisten Punkte eingefahren, die meisten Tore erzielt, stellen vielleicht noch die beste Abwehr und gewinnen wahrscheinlich die Fairnesswertung. Schon verrückt, dass man trotzdem bei eventueller Punktgleichheit nur Tabellenzweiter wird. Alle anderen eifrigen Viktorianer gönne ich es auch von ganzem Herzen, gar keine Frage. Aber im Besonderen unserem sportlichen Leiter Gunther Schneider. Eng an meiner Seite, auch in Phasen, in denen es mal nicht so lief, hat er immer ein tolles Team zusammengestellt. Diese Arbeit über all die Jahre gehört einfach belohnt. Foto: sen



Aufrufe: 020.5.2017, 13:05 Uhr
Kreis-AnzeigerAutor