2024-04-25T14:35:39.956Z

Ligabericht
Emre Yildizeli und der SC am Boden: Für die Stammheimer ist das Kapitel ?Landesliga? seit Sonntag abgeschlossen.   Foto: Baumann
Emre Yildizeli und der SC am Boden: Für die Stammheimer ist das Kapitel ?Landesliga? seit Sonntag abgeschlossen. Foto: Baumann

SC Stammheim: Die sieben goldenen Regeln, um abzusteigen

Nach dem 0:3 gegen Waldstetten steht der Absturz des SC Stammheim in die Bezirksliga fest

Nun ist es amtlich: Der SC Stammheim, vergangene Saison Meister des Fußballbezirks Stuttgart, reiht sich in die nicht gerade kurze Liste der Clubs aus dem erwähnten Fußballbezirk ein, die nach einem Aufstieg in die Landesliga nur eine Runde lang in dieser Klasse verweilten.

Vor dem Spiel gegen den abstiegsgefährdeten TSGV Waldstetten hatte der SC zumindest noch eine rechnerische Chance, sich vielleicht doch noch den Relegationsplatz zu erobern. Doch nach der 0:3-Niederlage gegen die Waldstettener ist der Absturz der Nord-Stuttgarter nicht mehr zu verhindern. Es ist ein Absturz, der sich abgezeichnet hat. Denn seit dem neunten Spieltag hat sich die Mannschaft von Trainer Thomas Oesterwinter bis auf eine Ausnahme stets auf einem Platz in der Gefahrenzone des Klassements befunden.

Der Tabellenkeller der Landesliga Staffel 2

12. SV Bonlanden 28 9 8 11 45 : 45 0 35 13. TSV Köngen 27 9 5 13 34 : 39 -5 32 14. TSV Buch 28 7 5 16 34 : 54 -20 26 15. SC Stammheim (Auf) 28 7 3 18 37 : 71 -34 24 16. SV Ebnat (Auf) 28 4 4 20 24 : 85 -61 16

„Jetzt ist der Abstieg besiegelt. Und jetzt beginnt für uns der Neuaufbau“, sagt Oesterwinter, dessen Kicker in der Partie gegen Waldstetten noch einmal das ganze Potpourri an Gründen zeigten, weshalb es für sie überhaupt so weit gekommen war. Für den unwahrscheinlichen Fall, dass eine Mannschaft den Stammheimern nacheifern will: Hier sind sie nun, die sieben goldenen Regeln, um erfolgreich aus der Landesliga abzusteigen. Diese Regeln sind natürlich ironisch gemeint, werden aber zur Veranschaulichung mit Szenen aus dem Spiel des SC gegen Waldstetten belegt.

Regel 1: Sich den Anforderungen in dieser Spielklasse so oft wie möglich verweigern. In der Landesliga wird nun einmal schneller und härter gespielt als eine Klasse darunter. Die Mannschaft aus Waldstetten war – wie nicht wenige Gegner der Stammheimer – in den meisten Spielsituationen fixer im Kopf und in den Beinen als die Nord-Stuttgarter. Hatte sich ein SC-Spieler einen Ball erobert, war der Ball auch ziemlich zügig wieder weg, sei es nun durch einen Fehlpass oder weil der als Anspielstation gedachte Teamkollege das Spielgerät nach einem erneuten Zweikampf wieder verlor. Damit sank natürlich auch die Durchschlagskraft, weil die Stammheimer nur selten Offensivaktionen kreieren konnten, mit denen sie vor das gegnerische Tor kamen. In Hälfte eins gab es nur zwei Situationen, in denen der SC schnell und präzise spielte: In der 31. Minute landete eine Flanke von Emre Yildizeli bei Rudi Hartmann, der sein Ziel knapp verfehlte. In der 45. Minute der wohl schönste, wenn auch folgenlose Spielzug der Gastgeber: Balleroberung Emre Yildizeli, Pass auf Alexander Herzog, Flügelwechsel durch Zuspiel auf Ugur Yilmaz, dessen Flanke Tobias Oesterwinter per Kopf und in Abseitsstellung über das Tor wuchtete. Die Möglichkeiten, welche der SC in Hälfte zwei hatte, resultierten mehr aus dem Zufall und den Patzern des TSGV als aus Stammheimer Spielkultur.

Regel 2: Den Kampfgeist in der Kabine lassen. Falls er doch mit auf das Feld geraten ist, dann nur vereinzelt einsetzen. Erst in der zweiten Hälfte legte ein Teil der Stammheimer Mannschaft die Resignation ab, mit der sie den ersten Spielabschnitt bestritten hatten. Allerdings taten das nicht alle der Nord-Stuttgarter. Und zudem war eine Pausenansprache von SC-Abteilungsleiter Wolfgang Scheck nötig, um den Willen zu Gegenwehr zu entfachen – obwohl der SC ja schon ab der 12. Minute mit 0:1 hinten lag (siehe Regel 4). In der Schlussphase der Partie war der Kampfeswille aber schon wieder abgeflaut. Denn bei den Aktionen, die zu den Toren zum 2:0 durch Robin Eißele und zum 3:0 durch Beytullah Cinar für die Gäste führten, leisteten die Nord-Stuttgarter praktisch keine Gegenwehr mehr.

Regel 3: Nicht als Mannschaft auftreten. Jeder kickte, aber die meisten für sich. Auch das ist nicht neu im Stammheimer Spiel. Technisch bessere Akteure wie Emre Yildizeli oder Alexander Herzog verzetteln sich zu oft in sinnlosen Einzelaktionen, die zwar nett anzuschauen, aber eben nicht effektiv sind. Ex-Profi Ugur Yilmaz legt zwar gerne den Ball für Teamkollegen auf, was aber der Betreffende nicht immer ahnt oder bemerkt. Und Spieler wie Tobias Oesterwinter, Thomas Quast und Patrick Griebel, die versuchen, das Stammheimer Spiel zu lenken, haben schon allein deshalb große Probleme, weil ihnen zu oft die Anspielstationen fehlen. Was wiederum daraus resultiert, dass sich die SC-Kicker zu wenige Räume erlaufen. Oder eben die falschen.

Regel 4: Hanebüchene Abwehrfehler machen. Fehler passieren und gehören zum Fußball dazu. Aber manche Fehler sollten einfach nicht passieren. Wie der, der in der 12. Minute zum 1:0 für Waldstetten führte. Rudi Hartmann legte weit in der eigenen Hälfte den Ball per Kopf nach hinten ab. Ob für sich oder einen imaginären Mitspieler, wird sein Geheimnis bleiben. Nutznießer dieser Aktion war der Waldstettener Stürmer Maximilian Knödler, der sich das Spielgerät erlief, allein auf SC-Schlussmann Milan Jurkovic zusteuerte und vollendete. 20 Minuten später hätte Stammheims Verteidiger Michael Schunger beinahe noch das 2:0 aufgelegt, als er mit einem Querpass nahe des am eigenen Strafraumrand den TSGV-Akteur Jonas Kleinmann bediente. Glück für die Platzherren, dass Kleinmann zu überrascht war, um aus der Situation Kapital zu schlagen.

Regel 5: Allerbeste Chancen vergeben. Tormöglichkeiten sind rar in der Landesliga. Und hat man schon welche, dann sollte man sie auch verwerten. Doch zu oft haperte es beim SC daran, besagte gute Gelegenheiten in Zählbares umzumünzen. Gegen Waldstetten verfehlte Rudi Hartmann in der 31. Minute das Tor. In der 54. Minute wussten nach einem Getümmel im TSGV-Strafraum weder Alexander Herzog noch Ugur Yilmaz die Gunst der Stunde zu nutzen. In der 70. Minute setzte Marco Schwalb den Ball nach guter Vorarbeit von Waldstettens Keeper Stegmaier übers Tor. Und in der 73. Minute scheiterte der kurz davor eingewechselte Sergio Mavinga an Stegmaier. Was Matthias Kassaye betrifft: Siehe Regel 7.

Regel 6: Auf Disziplin nur eingeschränkt Wert legen. Siebenmal Gelb-Rot, seit dem Tritt von Emre Yildizeli gegen den Waldstettener Hans-Jörg Sawatzki in der 66. Minute auch dreimal Rot – nur eine Mannschaft hat sich in der laufenden Saison so häufig selbst geschwächt wie der SC. Und das ist das Schlusslicht SV Ebnat.

Regel 7: Darauf achten, immer genügend Pech an den Kickstiefeln zu haben. Immer dann , wenn Regel 5 nicht griff, dann griff bei den Stammheimern Regel 7. Sie hatten einfach verdammt viel Pech. Das gilt sowohl bei den Gegentreffern als auch bei so waghalsigen Versuchen wie dem von Matthias Kassaye in der 83. Minute, die eigentlich mit einem Tor belohnt gehören. Der in diesem Spiel als Innenverteidiger aufgebotene Mittelfeldmann trat einen Freistoß von der Mittellinie in Richtung TSGV-Kasten. Waldstettens Schlussmann Bernd Stegmaier streckte sich vergeblich, doch das Spielgerät traf nur die Lattenunterkante und prallte vor der Torlinie auf. Dass Yilmaz den Nachschuss neben das Gehäuse setzte, liegt nun wieder an Regel 5.

SC Stammheim: Jurkovic – Hartmann (58. Bardaro), Kassaye, Schunger (80. Yürük), Christian Schwalb – Quast (71. Griebel), Tobias Oesterwinter – Marco Schwalb, Emre Yildizeli, Alexander Herzog (71. Mavinga) – Ugur Yilmaz.

TSGV Waldstetten: Stegmaier – Börngen, Römer, Fischer, Hollas – Kleinmann, Rosenfelder (90. Strobel), Schuler, Stöppler (76. Cinar) – Maximilian Knödler (55. Sawatzki), Zymeri (57. Eißele).

Der Kader des SC Stammheim

Aufrufe: 023.5.2016, 17:00 Uhr
Nord-Rundschau/ Mike MeyerAutor