2024-05-10T08:19:16.237Z

Allgemeines
SBFV-Präsident Thomas Schmidt | Foto: Patrick Seeger
SBFV-Präsident Thomas Schmidt | Foto: Patrick Seeger

SBFV-Präsident Thomas Schmidt: "Aufklärung hat Priorität"

BZ-Interview mit Thomas Schmidt, dem Präsidenten des Südbadischen Fußball-Verbandes, über die WM-Affäre und den Disput mit der DFL in der Präsidentenfrage.

Die Attentate von Paris, die Länderspielabsage in Hannover und nicht zuletzt die Affäre um die Vergabe der WM 2006: Der deutsche Fußball durchlebt turbulente Zeiten. Thomas Schmidt (62) sitzt als Präsident des Südbadischen Fußball-Verbandes im Vorstand des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Im Gespräch mit René Kübler gibt Schmidt Einblicke in die Aufklärungsbemühungen und Zukunftsplanungen des DFB.
BZ: Herr Schmidt, der deutsche Fußball steckt gerade in einer schwierigen Phase.
Schmidt: Das stimmt. Wenn man jeden Tag eine neue Negativnachricht oder eine Aussage dazu in der Zeitung lesen muss, dann macht man sich schon so seine Gedanken. Ich bin aber sicher, dass wir in Bezug auf die WM-Vergabe 2006 und die Wahl eines neuen DFB-Präsidenten zu Ergebnissen kommen, mit denen alle leben können.

BZ: Sie waren in Hannover vor Ort, als das Länderspiel der deutschen Nationalmannschaft gegen die Niederlande kurz vor Beginn wegen einer Terrorgefahr abgesagt und das Stadion evakuiert werden musste. Wie haben Sie die Ereignisse erlebt?
Schmidt: Ich war hautnah mit dabei. Wir hatten uns im VIP-Raum gerade hingesetzt, da hieß es: alle raus! Neben mir saßen viele Ehrenmitglieder des Verbandes, die sehr erschüttert waren. Ich habe mich dann in erster Linie darum gekümmert, diese älteren Herrschaften hinauszubringen. Dadurch wurde mir erst später vor dem Stadion bewusst, was gewesen wäre wenn. Das alles hat mich schon sehr nachdenklich gestimmt. Es ist bedrückend.

BZ: Die Affäre um die WM-Vergabe und die Präsidentendiskussion wurden ein Stück weit in den Hintergrund gedrängt. Dennoch bleibt reichlich Klärungsbedarf. Wie bewerten Sie den aktuellen Stand der Aufklärung?
Schmidt: Es wurde ein externes Unternehmen, die Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer, damit beauftragt, diese Sache aufzuarbeiten. Wie bei allen laufenden Verfahren sollte und kann man deswegen keine Auskunft geben. In den Medien wurde ja bereits ausführlich berichtet, wobei ich klarstellen möchte, dass auch sehr viel hinzuinterpretiert wurde. Fakt ist: DFB-Präsident Wolfgang Niersbach ist zurückgetreten, da im Archiv des Verbandes etwas gefunden wurde, das er vorher nicht kannte. Sollte sich nach Abschluss der externen Untersuchung herausstellen, dass es doch zuvor schon eine DFB-interne Recherche oder sogar Erkenntnisse gab, dann müsste man die Sache neu bewerten.

BZ: Die Landespräsidenten, also auch Sie, sind mit einem Kandidatenvorschlag für die Nachfolge Wolfgang Niersbachs als DFB-Präsident an die Öffentlichkeit gegangen. Sie präferieren den bisherigen DFB-Schatzmeister Reinhard Grindel Wieso?
Schmidt: Die Frage ist legitim. Die Sachlage ist aber so, dass wir nur einen Vorschlag unterbreiten wollten – abgestimmt mit Reinhard Rauball, dem Präsidenten des Deutschen Fußball-Liga (DFL), und Rainer Koch, die beide derzeit als DFB-Interimspräsidenten fungieren. Die DFL war informiert aufgrund eines Gespräches, das am Rande des Länderspiels in Paris geführt wurde. Daher sahen wir kein Problem, den Vorschlag zu machen. Für uns stand zudem immer fest, dass es erst nach der vollständigen Aufklärung der Affäre zu einer Wahl kommen kann.

BZ: Die Außenwirkung war aber eine andere. Von einer Abstimmung zwischen den Landespräsidenten und der DFL konnte keine Rede sein. Der Aufschrei der Profivereine war groß wegen des Vorschlags, Reinhard Grindel solle DFB-Präsident werden.
Schmidt: Das meine ich, wenn ich davon spreche, dass viel hinzuinterpretiert wurde. Nochmal: Reinhard Rauball wusste Bescheid. Das war für uns mitentscheidend, unseren Vorschlag zu machen.

BZ: Wie kam es dann zu dem öffentlichen Disput?
Schmidt: Womöglich war der eine oder andere Profifunktionär nicht ausführlich informiert. Oder es handelte sich um persönliche Einschätzungen. Ich hatte schon das Gefühl, dass einige DFL-Vertreter die Dinge anders sahen als Reinhard Rauball und Rainer Koch. Aber das kann schon mal vorkommen, wenn solche Entscheidungen anstehen und noch nicht zu Ende diskutiert wurden.

BZ: Dann war es also – anders als dargestellt – nie der Plan, bereits vor Ende der externen Aufklärung einen Präsidenten zu wählen?
Schmidt: Exakt. Für uns stand immer fest, dass die Aufklärung Priorität hat. Das wurde beispielsweise auch Hans-Joachim Watzke von Borussia Dortmund mitgeteilt, der einer derjenigen war, die sich zu Wort gemeldet und unser Vorgehen beklagt haben.

BZ: Wäre es dann aber nicht besser gewesen, zunächst keinen Kandidaten zu nennen?
Schmidt: Das hat durchaus sportpolitische und taktische Gründe. Wir als Amateurverbände mit den meisten Mitgliedern mussten Farbe bekennen und mal ein Zeichen setzen. Es ist doch beispielsweise auch sinnvoller in den diversen Gremien des Weltverbandes Fifa und der Europäischen Fußball-Union Uefa mit einem Präsidenten aufzutreten anstatt mit einer Doppelspitze. In einer solchen Konstellation gibt es dann doch meist einen Primus Inter Pares. Deshalb lieber gleich klare Verhältnisse.

BZ: Nun sah es letztlich aber so aus, als habe der Profifußball die Landespräsidenten zurückgepfiffen. Haben die Profis doch mehr Macht als die Landesverbände, obwohl diese im DFB-Vorstand eine Zweidrittelmehrheit haben?
Schmidt: Die DFL hat das Geld und jeder weiß: Derjenige, der das Geld hat, hat das Sagen. Wir sind angewiesen auf die DFL, umgekehrt ist es allerdings genauso. Wo kommen die Spieler der Profivereine denn her? Letztlich alle aus den Amateurverbänden. Es ist bei solchen Entscheidungen, wie sie nun anstehen, immer eine Gratwanderung. Bei der DFL gibt es aber auch besonnene Leute. Reinhard Rauball zum Beispiel, der nach außen hin auch die Amateure berücksichtigt und vertritt.

"Wir sind angewiesen auf die DFL, umgekehrt ist es allerdings genauso."
BZ:
Dann wäre doch Reinhard Rauball der ideale DFB-Präsident.
Schmidt: Einerseits ja. Aber mein Herz gehört dem Amateurbereich. Ich bin der Meinung, dass sich ein ehemaliger DFL-Präsident als DFB-Präsident letztlich mehr der DFL zuwendet als dem Amateurlager. Deswegen halte ich einen Kandidaten aus dem Amateurbereich für besser als einen aus dem DFL-Bereich, der sich mehr dem bezahlten Fußball hingibt.

BZ: Dann bleiben Sie bei Ihrem Kandidaten Reinhard Grindel?
Schmidt: Ja. Reinhard Grindel wird sich am 2. Dezember im Rahmen der DFB-Vorstandssitzung der DFL vorstellen und ich glaube, dass er es schaffen kann, ein Miteinander von DFB und DFL hinzubekommen.

BZ: Sie gehen also davon aus, dass Reinhard Grindel – wann auch immer – neuer DFB-Präsident werden wird.
Schmidt. Davon gehe ich aus, ja.
Aufrufe: 025.11.2015, 11:05 Uhr
René Kübler (BZ)Autor