2024-04-25T08:06:26.759Z

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Raus mit Applaus: Denny Skwierczynski stellt nach dreieinhalb überwiegend erfolgreichen Jahren seinen Posten als Trainer des VfB Lübeck am Saisonende zur Verfügung, bleibt dem Verein aber erhalten. Foto: Jürgensen
Raus mit Applaus: Denny Skwierczynski stellt nach dreieinhalb überwiegend erfolgreichen Jahren seinen Posten als Trainer des VfB Lübeck am Saisonende zur Verfügung, bleibt dem Verein aber erhalten. Foto: Jürgensen

Rücktritt am Saisonende: Skwierczynski hört auf

"Man muss auch mal die Vernunft walten lassen"

Leicht gemacht hat Denny Skwierczynski sich die Entscheidung nicht. Doch am Ende war sie eindeutig und auch nicht überraschend. Etwas Wehmut wird dabei gewesen sein, als der Trainer des VfB Lübeck in der vergangenen Woche verkündete, sein Amt am Saisonende nach Auslaufen seines Vertrages niederzulegen. Zweifel jedoch wird es nicht gegeben haben. ,,Man muss auch mal die Vernunft walten lassen", sagte der 41-Jährige. ,,Auch wenn es natürlich immer reizvoll erscheint, sich noch intensiver mit Fußball zu befassen."

Doch der Fußball ist nun einmal nicht der Hauptjob des A-Lizenz-Inhabers - und weil der VfB bereits angekündigt hatte, zur neuen Saison einen hauptamtlichen Cheftrainer beschäftigen zu wollen, war ein klares Bekenntnis von Skwierczynski unumgänglich. ,,Die 17 Jahre bei der Volksbank wirft man nicht so einfach weg", erklärte der Immobilienkaufmann, der in den letzten Jahren regelmäßig direkt vom Dienst zum abendlichen Training fuhr und zwischendurch auch noch Telefonate und Presseanfragen beantwortete - ein enormer Aufwand. Sich übergangsweise für den Fußball freistellen zu lassen, war und ist nicht möglich.

Eine sichere berufliche Existenz ist dann aber doch mehr wert als eine eventuelle Zukunft als Trainer. ,,Der Beruf bleibt mein Hauptstandbein", machte er deutlich. Eine Karriere als Vollzeit-Trainer wäre neben dem VfB noch von anderen Faktoren abhängig gewesen. Gibt es einen der wenigen stets hart umkämpften Plätze im DFB-Fußball-Lehrer-Lehrgang für Skwierczynski? Ist die Reputation, die man sich als VfB-Trainer erwerben kann, genug, um anschließend im Fußball-Geschäft andere Jobs zu bekommen? Und wäre das im Profisport übliche unstete Wechselspiel zwischen Vereinen überhaupt das Richtige? Die Antworten auf diese Fragen waren dem gebürtigen Lübecker zu unsicher.

Und so endet im Sommer eine kleine Ära. Mit dann 119 Punktspielen als VfB-Chefcoach wird Skwierczynski im Sommer Peter Schubert (114), Dieter Hecking (112), Uwe Erkenbrecher (109), Reinhold Ertel und Peter Nogly (je 108) hinter sich gelassen haben und auf Platz vier der am längsten amtierenden Trainer des Clubs vorrücken. Nur ,,Jockel" Krause (162), Heinz Lucas (139) und Heinz Spundflasche (122), deren Amtszeiten 40 Jahre oder länger her sind, rangieren dann noch vor ihm. ,,Insgesamt mache ich das jetzt sieben Jahre", rechnete Skwierczynski vor und bezog dabei die Zeiten als U21-Trainer mit ein. ,,Das war damals ja nicht viel weniger Aufwand."

Seit 2009 bis zur Übernahme als Cheftrainer im Dezember 2012 betreute er den Nachwuchs, seinerzeit noch in der Schleswig-Holstein-Liga. Einige jetzige Ligaspieler wie Marcello Meyer, André Senger, Henrik Sirmais gehörten damals schon zu seiner Mannschaft, andere wie Patrick Bohnsack, Aleksandar Nogovic oder Dennis Voß wurden später von ihm an höhere Aufgaben herangeführt. ,,Von der Arbeit, die Denny dort geleistet hat, profitiert der Verein noch heute", erklärte Vorstandssprecher Thomas Schikorra.

Vielleicht sogar noch wichtiger war aber die Art und Weise, mit der Skwierczynski den Verein in seiner größten Krise als Cheftrainer führte. In der zweiten Insolvenz, als der VfB kurz vor der Streichung aus dem Vereinsregister stand, ging er als Nachfolger von Ramazan Yildirim vorweg und propagierte einen neuen Weg. Die dazu gehörigen Tugenden wie Bodenständigkeit, Fleiß und Zurückhaltung lebte Skwierczynski vor, legte den Fokus auf regionale Bezüge und brachte den VfB sportlich schnell wieder in ein positives Licht. In einem halben Jahr, in denen die Ergebnisse aller Punktspiele schon im Vorwege annulliert worden waren, vermittelte er die Begeisterung, die anschließend im direkten Wiederaufstieg in die Regionalliga mündete. Der war zwar keine Überraschung, die VfB-Bilanz mit 33 Siegen, drei Unentschieden und ohne Niederlage hingegen schon sensationell.

In der Regionalliga ging es positiv weiter. In der Hinrunde begeisterte der VfB einige Male, lockte wieder über 2000 Fans an die Lohmühle. Am Ende stand ein guter siebter Platz.Diesen noch einmal zu verbessern, ist das letzte Ziel in der Liga für Skwierczynski. ,,Dafür sind wir angetreten, und das ist noch möglich, wenn wir gute Leistungen abliefern", betont der Trainer. ,,Wir können uns nicht nur auf das Pokalfinale vorbereiten." Der zweite Einzug in den DFB-Pokal wäre die letzte Krönung der dreieinhalb Jahre als Chefcoach, wenn am 28. Mai auf der Lohmühle das SHFV-Pokal-Endspiel (gegen Weiche oder Eichede) gewonnen wird. ,,Natürlich ist das das große Ziel", weiß Skwierczynski. ,,Der Pokalsieg wäre ein toller Abschluss."

Die Zeit beim VfB wird für den 41-Jährigen, der schon in der Jugend und in den ersten beiden Herrenjahren für den Verein spielte, jedoch nicht enden. ,,Wir sind uns einig, dass Denny an Bord bleiben wird", betonte Schikorra. ,,Wie die Funktion genau aussehen wird, werden wir noch besprechen." Skwierczynski selbst will dabei keine sofortige Rückkehr auf die Trainerbank, beispielsweise bei der zweiten Mannschaft. ,,Ich will nicht ausschließen, dass ich noch einmal Nachwuchstrainer beim VfB sein werde. Aber nicht zum jetzigen Zeitpunkt", stellte er klar. Vermutlich werden vornehmlich administrative Dinge (Konzeption des Nachwuchsbereiches, Scouting, auch Teile des Liga-Managements) für Skwierczynski am Ende in einen neuen Teilzeit-Job eingepasst, zumal der jetzige Sportvorstand Wolf Müller schon seit einiger Zeit aus beruflichen und familiären Gründen nur noch ein Teil seines ursprünglichen Pensums schafft.

,,Ich freue mich nach so vielen Jahren auch mal darauf, nicht jeden Tag auf dem Trainingsplatz stehen zu müssen", gewinnt der Noch-VfB-Coach seinem Rollenwechsel auch Positives ab.
Aufrufe: 01.2.2016, 18:00 Uhr
SHZ / Christian JessenAutor