2024-04-25T14:35:39.956Z

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Daniel Berlin
Daniel Berlin

Reporter unterwegs

TAGEBLATT-Redakteur Daniel Berlin berichtet aus Wolfsburg

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Wolfsburg hat mit dem AOK-Stadion eine tolle Arena für seine Regionalliga-Fußballer. Ein moderner Fußball-Tempel mit Wimbledon-Rasen und Kabinen, in denen die Spieler tanzen können. Nur leider interessiert die Regionalliga in Wolfsburg am Sonnabend beim Spiel gegen die SV Drochtersen/Assel gerade mal 391 Zuschauer.
Bei 39 Ordnern kommen zehn Fans auf einen Offiziellen. Wichtige Menschen mit Westen, einheitlichen T-Shirts und autoritärem Blick. Die Akkreditierung für Journalisten ist in Wolfsburg obligatorisch. Dummerweise fehlt auf dem Bändsel die Nummer vier, die mir das Fotografieren am Spielfeldrand erlaubt. Der Ordner verstellt den Weg, obwohl ich auf die Weste hinweise, die ich mir gerade geborgt habe und die mich als Fotograf kennzeichnet. Eine Dame im Empfangsbüro trägt nachträglich die Ziffer per Hand ein, übermalt aber dabei die Nummer sechs, die für den Eintritt in die Mixed-Zone steht. Egal: Die Fotos vom Remis der Drochterser sind gesichert. Nach dem Abpfiff geben die jubelnden Kehdinger ein schönes Motiv. Weil sie in 50 Meter Entfernung feiern, gehe ich ihnen entgegen. Über den gerade von Stollenschuhen geschundenen aber offensichtlich heiligen Rasen. „Runter“, schreit ein Ordner. Ich schaue böse zurück und stelle mich mit den Fußspitzen direkt ans Grün. Die Drochterser klatschen bei den Fans ab. Ich hole mir Antworten auf meine Fragen. „Sie dürfen die Spieler nur in der Mixed-Zone interviewen.“ Ich blicke ungehalten auf den Mann in Warnweste und frage ihn, ob das sein Ernst sei. Ist es offenbar. Ich frage eine Dame vom VfL nach der Mixed-Zone. Sie lotst mich hinter eine Stahltür. Nach zehn Minuten stelle ich fest, dass sie mich in den Presseraum geschickt hat, in dem die Trainer in wenigen Augenblicken ihre Pressekonferenz abhalten. Die Mixed-Zone ist 50 Meter weiter. Ich bleibe, bis ein Offizieller auf Nachfrage verkündet, dass es keine Pressekonferenz geben werde. Ich mach jetzt Feierabend. Im Empfangsbüro gebe ich meine Foto-Weste ab und bekomme meinen Pfand wieder. Dort erfahre ich von einem Ordner, dass die Treppe gegenüber in die Mixed-Zone führt. Nur leider dürfe ich da nicht hin, weil die Ziffer sechs auf meinem Bändsel überpinselt wurde. Der Ordner war vor gut zwei Stunden dabei, als die Dame den Stift ansetzte. Am Hintereingang des Stadions wartet der Bus auf die Drochterser Mannschaft. Ich warte auf die Ordner, die mich wegscheuchen. Doch keiner kommt. Ich sitze entspannt mit Trainer Enrico Maaßen in der Sonne und plaudere über das sensationelle Spiel. Apropos entspannt: Ein wenig mehr Entspannung bei den Wolfsburger Ordnern, und diese Kolumne wäre so nicht entstanden. Drei Fotografen habe ich im Stadion gesehen, nicht 300. Für die Anzahl der Kollegen der schreibenden Zunft reichten die Finger einer Hand. Ich freu mich auf das nächste Spiel im Kehdinger Stadion, bei dem ich mit den Ordnern vielleicht eine Bratwurst esse und Spaß am Spiel und an der Arbeit habe.
Aufrufe: 027.7.2015, 17:20 Uhr
Daniel BerlinAutor