2024-04-16T09:15:35.043Z

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F: Rinke
F: Rinke

Regiert das Geld oder das Bier den Kreisligafußball?

Ein Kommentar rund um das Thema "Rettet die Amateurvereine"

"Rettet die Amateurvereine" ist aktuell überall ein Thema. Der langjährige Unterhachinger Vereinsboss Engelbert Kupka will die Kräfte im Amateurfußball bündeln und gegen den DFB aufbegehren. In vielen Teilen stimmen wir zu, doch ist es unsere Meinung damit allein nicht getan.

Am vergangenen Wochenende ging die Bundesliga wieder los. Endlich – möchte man beim Blick auf das alternative TV-Programm sagen. Es ist schon Wahnsinn, was zu Sendezeiten, an denen normalerweise Fußball läuft, dem deutschen TV-Zuschauer geboten wird. Sind wir ehrlich – wir können ohne Fußball einfach nicht. Warum auch – mit Fußball im TV ist das Leben doch gleich viel schöner.

Montags läuft das Topspiel der 2.Liga, Dienstags und Mittwochs schauen wir die Champions League, Donnerstags Euro-League und von Freitag bis Sonntag regiert dann die Bundesliga. Es ist schon beruhigend, wenn man tagsüber kräftig malocht und dennoch weiß, dass Abends auf jeden Fall was im TV läuft. Keine Angst vor „Schwiegertochter gesucht“ oder „Dschungelcamp“. Es ist einfach klar, dass Fußball läuft. In Haushalten mit Lebensabschnittsgefährtinnen, Ehegattinnen oder Schwiegermüttern ist ein Zweitgerät seit Jahren ein Objekt der Grundausstattung. Selbst die Sky-Zweitkarte nimmt immer mehr Einzug in die deutschen Haushalte. Der Mann von heute tut alles dafür, dass die Freundin, die Frau oder Mutter dem Sky-Abo zustimmen. Koste es, was es wolle. Wobei – die Kosten für einen Privathaushalt liegen im Bereich des machbaren. Für Kneipenwirte allerdings ist das Risiko einer Sky-Partnerschaft schon deutlich höher. „Die Bude muss schon jeden Abend voll sein, damit sich das für mich lohnt“, so ein Clubhauswirt aus der Region.

Beim Thema Fußball im TV kommen wir aber natürlich auch nicht am Thema „Fernsehgelder“ vorbei. Gegen Ende des letzten Jahres hat die DFL den neuen TV-Vertrag unterzeichnet und streicht dafür mächtig Kohle ein. Ein Teil davon, also ein winzig kleiner Teil, bekommt der DFB. Und der sollte es eigentlich an die Amateurvereine abgeben. Eigentlich. Denn uneigentlich fließt das Geld vermutlich in das bereits vorhandene Deutsche Fußballmuseum in Dortmund oder in das neue DFB-Zentrum in Frankfurt. Alles natürlich nur für die Amateure. Für die Basis. Einen Scheiß für die Basis! Nur wenig kommt wirklich bei den Vereinen an. Offiziell liest sich das ein wenig anders, denn laut DFB bekommen die Landesverbände nun statt 5 sogar 8 Millionen an die Hand. Wahnsinn, die Landesverbände bekommen das Geld. Die Frage ist dann natürlich – Was machen die damit?

Die Vereine merken davon relativ wenig – im Gegenteil. Die Kostenseite steigt immer mehr und das nicht nur für die Spielergehälter, sondern vielmehr für Kosten, die der Verband einem auferlegt. Es geht also nicht nur darum, dass kein Geld bei den Vereinen ankommt, sondern dass es ihnen auch noch genommen wird. Die Vereine müssen Strafen zahlen, wenn sie ein Ergebnis nicht innerhalb kurzer Zeit ins DFBnet eintragen oder wenn sie nicht genügend Schiedsrichter stellen. Warum muss man immer gleich bestrafen? Warum geht das nicht anders rum? Man könnte einen Verein doch auch belohnen, wenn er einen Schiedsrichter zusätzlich stellt oder über ein attraktives Prämiensystem jene Vereine bereichern, die regelmäßig die Ergebnisse pünktlich eintragen. Nein, man muss die Vereine bestrafen. Viele Vereine sind aber zum Beispiel durch den Zuschauerschwund schon genug bestraft. Woher kommt der? Sicherlich nicht nur aufgrund des demografischen Wandels, sondern vielmehr davon, dass die Leute Sonntagsmittags lieber Bundesliga schauen. Das kann man keinem vorwerfen. Aber es ist halt auch nur so, weil es angeboten wird. Kleinere Vereine sind auf die Zuschauereinnahmen angewiesen und wenn dann Sonntags statt 90 nur noch 40 Menschen kommen, dann kann man sich ausrechnen, was bei einem Eintrittspreis von Zweimarkfünfzig am Ende bei raus kommt.

Falsch wäre es an dieser Stelle übrigens, den Profivereinen etwas vorzuwerfen. Wir wollen doch alle, dass unsere deutschen Vereine auch international erfolgreich sind und da kommt man dann eben an hohen TV-Geldern nicht mehr drum herum. Blöd ist es dann aber eben, wenn die Amateurvereine drunter leiden. Und das tun sie wenn die Bundesliga zum Konkurrenzprodukt Sonntagmittag um halb vier wird.

Die Anzahl der Vereine beträgt in Deutschland noch immer mehr als 25.000 – doch die Tendenz der tatsächlich am Spielbetrieb teilnehmenden Mannschaften geht eher abwärts. Die Herren vom DFB oder auch von der DFL kommen immer wieder mit komischen Sätzen um die Ecke. „Wenn wir jedem Amateurverein nur 2000€ im Jahr geben würden, dann wären das 50.000.000€. Und wirklich geholfen wäre damit niemandem“. Das mag im ersten Moment vielleicht sogar nachvollziehbar klingen, denn 2000€ im Jahr helfen einem Verein nicht wirklich weiter, einem verschuldeten Verein schon zweimal nicht. Doch, liebe Herren, das wäre zu einfach gesprochen. Natürlich sind 2000€ wenig und viele Vereine würden diese Kohle vermutlich direkt geldgierigen Kreisligakickern in den Allerwertesten stecken, doch man muss auch hier die Sache einfach wieder anders angehen. Warum die Finanzspritze (egal ob 1000, 2000 oder 3000€) nicht mit Auflagen verbinden? Zum Beispiel, dass das Geld nur in den Jugendbereich oder in die Erhaltung der Platzanlage investiert werden darf? Das könnte man doch relativ leicht im Rahmen einer Rechnungsprüfung kontrollieren. Das ist aber alles kein Thema, denn die Herren vom DFB machen sich das Leben viel zu einfach und zu bequem. Mit dem „Finaltag der Amateure“ wird das schon klappen. Damit macht man die Amateure wieder zufrieden und man kann in Ruhe unser Museum in Dortmund oder das DFB-Zentrum in Frankfurt bauen. Pustekuchen! Wer hat denn bitte was von diesem Finaltag? Der kleine Dortverein aus Michelbach oder Sasbachwalden? Nein, sicherlich nicht.

Man muss bei dieser Diskussion natürlich immer auch aufpassen, denn im Amateurbereich ist es beim Thema Geld sicherlich nicht anders als im Profibereich. Wenn es irgendwann tatsächlich Geld geben sollte, wer hat denn dann wie viel verdient? Nach welchem Verteilungsschlüssel wird das gehandhabt? Bekommt Oberachern mehr Geld als Neusatz? Oder sollen alle dasselbe erhalten? Was wäre gerecht? Schwieriges Thema. Oberachern wird sagen, dass die Kosten für den Spielbetrieb viel höher seien als woanders. Neusatz würde sagen, dass wir so aber niemals dorthin kommen, wo Oberachern jetzt ist. Wie gesagt, schwieriges Thema und jedem Recht machen funktioniert sowieso nie.

Grundsätzlich bin ich auch der Meinung, dass der DFB mehr für die Vereine tun sollte. Doch – und das ist für mich nun der entscheidende Punkt – die oben genannten 2000€ würden keinen Verein vor einer Auflösung oder Insolvenz retten. Und genau darum geht es eigentlich ja. Die 2000€ wären zwar eine Unterstützung für sowieso schon gut wirtschaftende Vereine, doch für Insolvenzen oder Mannschaftsabmeldungen sind die Vereine in erster Linie selbst verantwortlich. Misswirtschaft, überhöhte und unrealistische Ansprüche oder das „Stehenbleiben in der Zeit“ sind für mich die Hauptgründe, warum Vereine kurz vor dem Bankrott stehen oder tausende Euro von Schulden haben – und nicht weil der DFB keine Kohle rausrückt. Nochmal, wie oben erwähnt, es gibt viele Punkte, wo es der DFB den Vereinen etwas leichter machen könnte, doch die Hauptarbeit wird immer im Verein liegen.

„Nicht mehr ausgeben, als man einnimmt“ – das ist ein einfacher Satz und doch ist er so treffend wie kaum ein anderer. Dieses „Motto“ gilt nicht nur im Fußball, es gilt für alle Bereiche im Leben. Wenn man dann noch weiß, „wo man herkommt und wo man hingehört“, dann wird es einem Verein gut gehen. Viele Vereine oder deren Funktionäre wissen das aber nicht mehr und wollen einen Dorfverein mit aller Macht in die Verbandsliga bringen. Das kann gut gehen - das sieht man in Oberachern. Es kann aber auch schlecht gehen – das hat man beispielsweise in Gamshurst gesehen. Auf einmal will man aus einem gut funktionierenden Kreisligaverein einen Landes- oder Verbandsligist machen – aus welchem Grund? Weil dann mehr Zuschauer kommen? Ganz bestimmt nicht. Der Mittelberg in Bühlertal zum Beispiel war schon immer gut besucht, im Jahresschnitt war in der Bezirksliga vermutlich sogar mehr los als in der Verbandsliga. Doch das sind hier jetzt die falschen Beispiele, denn Bühlertal oder auch Oberachern sind „solide“ aufgestiegen, getreu nach dem genannten Motto „nicht mehr ausgeben als man einnimmt“. Und wenn ein Verein eben viel einnimmt – übrigens egal ob durch einen einzelnen großen Gönner oder durch viele kleinere Sponsoren – dann kann er das Geld auch ausgeben. Wichtig ist dabei, dass man es richtig ausgibt!

Natürlich kann man aber auch hier wieder noch viel mehr drüber schreiben. Ich werde mich diesbezüglich auch in den kommenden Wochen mit Vereinsvertretern unterhalten. Ich war zwar selbst auch schon in einer Vorstandschaft tätig und kann deshalb mehr als nur ne Stammtischmeinung preisgeben, doch möchte ich mir noch viele weitere Eindrücke verschaffen. Dazu wird es dann nochmal einen gesonderten Artikel geben. Klar ist übrigens auch, dass wir heute von der Welt zwischen Kreisklasse und maximal Oberliga sprechen. Alles was darüber passiert, kann man ebenfalls nochmal separat diskutieren.

Fakt ist und damit möchte ich zum Ende kommen: Natürlich klafft die Schere zwischen Profi- und Amateurfußball immer mehr auseinander, doch diese Lücke wird man nie mehr schließen können. Das Gegenteil wird der Fall werden. Die Großen werden immer mehr haben. Das ist wie in der Gesellschaft. Die Reichen werden auch immer mehr haben und die „normalen“ bleiben stehen oder haben weniger. Doch ist für mich klar, dass es die Vereine selbst in der Hand haben. Eigentlich hat es jeder von Euch selbst in der Hand, denn ihr Spieler, Trainer oder Mitglieder seid im Endeffekt der Verein. Ehrenamtliche, junge Funktionäre müssen die Vereine retten und neue Strukturen schaffen. Das wird nicht von heut auf morgen passieren, doch mit Geduld schafft man das. Nur übertreiben darf man es nicht, denn dann wäre man keinen Deut besser als die „großen“.

Ach – das hätte ich fast vergessen, liebe Amateurkicker! Auch wenn das nicht bei allen gut ankommen wird, aber bevor ihr euch ne Meinung bildet, schaut mal in eure Verträge oder Geldbeutel. Alle, die meinen in der Kreisliga schon 500€ pro Monat verdienen zu müssen, haben einen großen Anteil an der Situation und am System! Und an all die Vereine kann ich nur sagen: Wenn ihr euch solidarisieren wollt, dann vielleicht mal bei diesem Thema! Getreu nach dem Motto: „Kreisligafußball – Das Bier gewinnt“…und nicht „das Geld gewinnt“!

In diesem Sinne, schöne Grüße vom übergewichtigen, ehemaligen Dorfkicker, dessen größter sportlicher Erfolg ein Doppelpack durch zwei direkt verwandelte Freistoßtore in einem Kreisliga B-Spiel war - übrigens als Mitglied in einem Verein, bei dem die Kameradschaft schon immer größer als das Bankkonto war. Prost! Mahlzeit!

Aufrufe: 026.1.2017, 11:22 Uhr
bemAutor