2024-05-08T14:46:11.570Z

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Phillip Milton ist sich auch für einen Scherz auf dem Platz nicht zu schade. F: Zink
Phillip Milton ist sich auch für einen Scherz auf dem Platz nicht zu schade. F: Zink

Phillip Milton: Kein Brexit, der Liebe wegen in Deutschland

Ein englischer Schiedsrichter sorgt für positive Schlagzeilen: Statt Gareth Bale, Robbie Keane und Kevin Prince Boateng nun hiesiger Amateurfußball +++ „Wie Winterpause?“

Phillip Milton kommt aus England und pfeift seit dieser Saison für den Tuspo Nürnberg. Die Schiedsrichterei wurde ihm von seinem Vater in die Wiege gelegt. Durch seine kommunikative Art auf dem Platz und sein Spielverständnis gepaart mit einer Portion Fingerspitzengefühl hat er sich in kürzester Zeit Respekt verschafft. Über die Hintergründe seiner Auswanderung nach Deutschland und was ihn mit Gareth Bale oder Kevin Prince Boateng verbindet, hat er im Gespräch mit FuPa Mittelfranken aufgeklärt.

Wir schreiben das Jahr 2009. Phillip Milton war damals als Schiedsrichter die Erfolgsleiter einige Tritte hinaufgeklettert und als Linienrichter beim Vorbereitungsspiel zwischen Exeter City und Tottenham Hotspur eingesetzt, wo damals so bekannte Namen wie Robbie Keane, Peter Crouch, Luka Modric, Gareth Bale oder Kevin Prince Boateng im Kader standen. Milton wollte allerdings die Welt sehen und ging für ein komplettes Jahr auf Weltreise. Den Schlusspunkt setzte dabei Südafrika, wo passenderweise die WM 2010 stattfand. Dort lernte er als WM-Tourist eine deutsche Frau kennen und lieben, die sich als Volunteer engagierte. „Das war der Hauptgewinn“, spielte für ihn das 1:4 Englands im Achtelfinale gegen Deutschland inklusive dem nicht gegebenen Tor durch Frank Lampard nur mehr eine nebensächliche Rolle.

Aus für England, Liebe gewonnen

Diese Urlaubsliebe folgte ihm schließlich nach England, doch sie vermisste Deutschland immer mehr. So kam der Entschluss gemeinsam in ihrem Heimatland eine Zukunft aufzubauen. „Ich habe gesagt: Du bist für mich nach England gegangen, dann komme ich auch für dich nach Deutschland mit.“ Als die Auswanderung feststand, nahm Milton noch in England Kontakt mit den verantwortlichen Schiedsrichtern im Kreis Nürnberg/Frankenhöhe auf. „Hans Rößlein hat mir viel geholfen“, dankt er seinem Obmann, aber auch die neuen Kollegen vergisst er nicht. „Sven Bode hat immer ein offenes Ohr und Annette Hanf, die Englisch-Lehrerin ist, greift mir tatkräftig unter die Arme. Überhaupt ist hier jeder Schiedsrichter-Kollege freundlich zu mir, speziell auch die Jüngeren wie zum Beispiel Maximilian Hasler“, zeigt er sich begeistert über die Unterstützung, die ihm zuteil wurde.

Zunächst einmal galt es, seine Sprachkenntnisse auf Vordermann zu bringen. „In den ersten fünf Monaten hier war ich deswegen sozusagen Hausmann. Ich musste Deutsch lernen.“ Das klappt inzwischen schon sehr gut und auch ein paar fränkische Begriffe sind ihm nicht mehr fremd. „Schäufele und Drei im Weggla“, fallen ihm spontan ein. „Mein Bauch ist größer geworden“, stellte er nebenbei noch mit einem Schmunzeln fest. Kein Wunder bei der guten fränkischen Küche.

Winterpause war ein Fremdwort

Schließlich kam neben dem privaten auch das berufliche Glück hinzu, denn Milton, der in England als Immobilienmakler sein Geld verdiente, fand im Kinderzentrum Kunterbunt eine gänzlich neue Beschäftigung.

Unterschiede zwischen dem deutschen und englischen Fußball stellte er sofort fest. Im November 2015 fragte er Rößlein, wann er denn sein erstes Spiel in Deutschland leiten würde. Als ihm dann erwidert wurde, dass gerade Winterpause sei, konnte er mit dem Wort erst einmal überhaupt nichts anfangen. „Wie Winterpause? Und dann auch noch drei Monate? In England ist in dieser Zeit am meisten los.“ Auch sei der Fußball an sich hier viel technischer als in England. Dort seien die Spiele dafür meist schneller und aggressiver. Und er hätte in England auf und neben dem Spielfeld viel mehr Kontakt mit den Trainern gehabt als hier. „Deutsche haben mehr Respekt vor dem Schiri“, er muss es wissen, schließlich folgte er seinem Vater nach und ist nun schon in der zweiten Generation als Schiedsrichter tätig.

Eine Anekdote hat er noch zu erzählen. Nach seiner Ankunft in Deutschland musste er wie jeder andere auch erst einmal eine Schiedsrichterprüfung absolvieren. Im ersten Versuch ist er aus Zeitgründen gleich einmal durchgerasselt. „Die war aber auch auf Deutsch und zu dem Zeitpunkt konnte ich die Sprache noch nicht gut genug.“ Er bekam aber noch einen zweiten Versuch zugesprochen, den er mit einem Dolmetscher absolvieren durfte. „Da hatte ich dann 100%“, sagt er nicht ohne Stolz. Dass dieses Ergebnis nicht überrascht, zeigte er inzwischen schon des Öfteren und zwar dort, wo es am meisten zählt: auf dem Platz.

Aufrufe: 020.10.2016, 14:44 Uhr
Matthias JanouschAutor