2024-05-02T16:12:49.858Z

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Der Cheftrainer des SC Lahr: Oliver Dewes. | Foto: Bettina Schaller
Der Cheftrainer des SC Lahr: Oliver Dewes. | Foto: Bettina Schaller

Oliver Dewes: Heimatvertriebener Wertexperte

Menschen und Sport: Oliver Dewes ist der neue Trainer des SC Lahr

Oliver Dewes ist der neue Trainer des neugegründeten SC Lahr. Was ist er für ein Mensch? Warum ist er Trainer geworden?
„Wenn man etwas richtig und mit Überzeugung macht, dann kommt man auch ans Ziel.“ Gelassen, ganz ohne Pathos sagt Oliver Dewes diesen Satz und spielt dabei mit der schwarz-weiß gemusterten Krawatte, die er zum schwarzen Anzug und dem weißen Hemd trägt. So bekleidet, kennen ihn nicht viele Fußballfans. Wir sitzen in der wohltemperierten Lahrer Niederlassung der Deutschen Bank, dem Arbeitsplatz jenes Mannes, der als Trainer des neuen SC Lahr viele Hoffnungen im Lahrer Fußball trägt.

Dass Oliver Dewes in der Stadt und drum herum eine Menge zugetraut wird, hat vor allem damit zu tun, dass er auf eine erfolgreiche Laufbahn als Fußballtrainer zurückblickt: Zuletzt wirkte er zwei Jahre lange als Übungsleiter bei der Spvgg. Lahr, die er von der Bezirksliga in die Landesliga führte und als Aufsteiger eindrucksvoll in der neuen Liga etablierte. Dieter Heppner, heute Zweiter Vorsitzender des SC Lahr, davor Vereins-Chef bei der Spvgg. Lahr, verpflichtete Oliver Dewes vor zwei Jahren. Heppner ist voll des Lobes: „Ein toller Trainer, immer sehr gut vorbereitet. Er hat viele Fortbildungen besucht, bringt immer neue Impulse, ist immer auf dem neuesten Stand.“

„Er bringt immer neue Impulse, ist immer auf dem neuesten Stand.“ Dieter Heppner

Seine Wurzeln hat Dewes im Saarland. „Ich bin ein Heimatvertriebener durch Heirat“, sagt er schmunzelnd. Das saarländische Idiom schimmert immer wieder durch, obwohl Dewes sich sprachlich seiner neuen Umgebung etwas angepasst hat. Seit 1999 wohnt er im Badischen, aus privaten Gründen. Nachdem die erste Ehe in die Brüche ging, blieb er hier – weil ihn sein Vorgesetzter bei der Bank darum bat. Eine gute Entscheidung offenbar: Denn ein Jahr später lernte er am Arbeitsplatz seine jetzige Frau Verena kennen, „die Liebe meines Lebens“, mit der er zwei Kinder hat und in Heiligenzell im Eigenheim wohnt.

Der Mann vom Jahrgang 1971 arbeitet als Wertpapierexperte bei der Deutsche Bank. Was ihn daran reizt? „Ich habe mich früh dafür interessiert, wie man bessere Renditen erzielen kann als mit herkömmlichen Anlagen.“ Und er sieht Parallelen zwischen der Arbeit und dem intensiv betriebenen Hobby: „Ich bin sehr gerne mit Leuten zusammen. Ich versuche mein Wissen weiter zu geben, sowohl bei der Bank als auch auf dem Sportplatz. Es geht um Kommunikation.“Aber dann enden die Gemeinsamkeiten. „Sowohl die Kleidung, als auch die Sprache in den heiligen Hallen der Bank ist anders als auf dem Platz. Manchmal erkennen mich die Leute nicht, wenn sie mich mit Anzug kennen und ich dann mit Badelatschen und im verschwitzten Trikot auf dem Platz stehe.“ Manchmal steht er im Trikot mit der bekannten Raute auf dem Platz. Der gebürtige Saarländer ist HSV-Fan. Eine Zuneigung, die er von seinem Vater übernommen hat.

Seine sportliche Vita weist einige Stationen aus, er aber sagt: „Ich war noch nie ein Wandervogel.“ Die ganze Jugend über hat er bei der Spvgg. Quierschied gekickt, bevor er mit 17 Jahren in die Verbandsliga-Mannschaft kam. „Ich bin sportunfähig umgezogen, mit Platte im Fuß.“ Im Saarland hatte er sich zwei Mittelfußbrüche in vier Monaten zugezogen. Als Bekannte ihn ansprachen, probierte er es dann doch als Spielertrainer in Wagenstadt. Auf diese Weise lernte er in der neuen Heimat neue Menschen kennen. Und der Fuß hielt. Von 2002 bis 2007 stand er beim FC Ottenheim in der Verantwortung. Dann endete die Karriere als Spielertrainer: Brüche, ein Außenbandriss, drei Meniskusoperationen. Es war genug.

Kurz war danach das Gastspiel als Trainer bei TGB Lahr, dem türkischen Verein, der in die Kreisliga A aufgestiegen war. „Tolle Fußballer, eine ganz andere Mentalität“, erinnert er sich. „Leider war es nur ein halbes Jahr.“ Dann kam im Winter der Saison 2007/08 das Angebot aus Sand. Es tat ihm leid wegzugehen, aber die Aussicht, ein ambitioniertes Frauen-Zweitliga-Team zu betreuen, war zu verlockend. Fünfeinhalb Jahre feilte Dewes im Hanauerland an der sportlichen Entwicklung, stieg zwar in der Saison 2010/11 in die Regionalliga ab, schaffte aber postwendend den direkten Wiederaufstieg in die 2. Liga, und in der folgenden Runde fehlten nur zwei Punkte zum Sprung in die höchste Spielklasse. Das Engagement in Sand sorgte dafür, dass er als Trainer mit Bundesliga-Erfahrung wahrgenommen wurde.


Oliver Dewes fand über den Beruf in Lahr eine neue Heimat. Davon profitierte auch der Fußball in der Region. | Foto: Bettina Schaller

Warum er überhaupt Trainer geworden ist? „Ich habe gemerkt, dass ich als Spielertrainer gut war, wenn ich Tore geschossen habe und wenn wir gewonnen haben. Aber ich habe auch gemerkt, dass es noch etwas braucht, um zu verstehen, wie man auf das Spiel Einfluss nehmen kann“. Also sagte er sich: „Ich will das so richtig lernen“ und machte die Lehrgänge – bis zur A-Lizenz. Dewes spricht nicht laut, antwortet aber zügig und ohne Schnörkel. Doch bei der Frage, was für ein Trainertyp er sei, zögert er sehr lange. Heppner indes weiß genau, was der SC Lahr an Dewes hat: „Er besitzt eine gewisse Ausstrahlung. Seine Aussagen sind klar und deutlich. Er hat eine klare Linie, fordert Disziplin und fördert den Teamgeist.“ Dewes vorsichtige Selbstbeschreibung: „Ich glaube, dass die Mehrzahl der Fußballer merkt, dass ich den Fußball über alles liebe.“ Gut, dass er eine Frau hat, die ihn in dieser Begeisterung rückhaltlos unterstützt. „Verena ist unglaublich verständnisvoll. Sie macht seit zehn Jahren jeden Morgen eine Taktik-Besprechung mit mir. Das geht nur mit einer Frau, die diese Liebe zum Fußball zu 100 Prozent teilt.“ Schwiegereltern, Frau und Kinder sind auf dem Fußballplatz immer mit dabei. Dass Dewes, wie er selbst sagt, aus einfachen Verhältnissen kommt – „ich hatte drei Schwestern, der Vater war Einzelverdiener“ – , hat ihn geprägt. „Ich habe den Hausbau mit viel Energie geschafft, obwohl ich zum Leidwesen meines Schwiegervaters zehn Daumen habe. Aber so ist es auch beim Sport. Das Schöne am Fußball ist, dass die Mentalität die Qualität besiegen kann.“ Keine Frage, dass er seine Teams auch mit dieser Philosophie ausstatten will.

Beim SC Lahr hat er in dieser Hinsicht ein gutes Bauchgefühl. „Wir haben eine richtig intelligente Truppe, richtig gute Jungs.“ Auch hier will er neben den sportlichen die sozialen Qualitäten fördern. „Es ist, wie wenn man in einem Haus wohnt. Jeder muss Aufgaben übernehmen. Einer macht den Abwasch, einer deckt den Tisch, einer macht die Fenster sauber.“ Der respektvolle Umgang ist ihm wichtig – nicht nur im Team, sondern auch mit dem Gegner und dem Schiedsrichter. Dewes ist davon überzeugt, dass diese Haltung am Ende zum Erfolg führt.

Vom idealen Fußball hat er klare Vorstellungen: „Ich habe selbst vorne gespielt und Tore geschossen. Auch mein Sohn kam begeistert nach Hause und erzählte von seinem ersten Tor. Ein 5:3 ist mir lieber als ein 1:0. Ich will Tore sehen. Und die Fans auch. Darum geht es doch.“
Aufrufe: 013.8.2015, 22:00 Uhr
Uwe Schwerer (BZ)Autor