2024-05-02T16:12:49.858Z

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"Ich bin heiß auf die Rückkehr ins Trainergeschäft", verrät Klaus Sturm im Gespräch mit FuPa. F: picture-alliance
"Ich bin heiß auf die Rückkehr ins Trainergeschäft", verrät Klaus Sturm im Gespräch mit FuPa. F: picture-alliance

»Ohne Fußball kann ich nicht leben«

Jahn-Ikone Klaus Sturm über seine bewegte Karriere und seine überraschenden Comeback-Pläne

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"Es kribbelt in mir", sagt Klaus Sturm und seine Augen leuchten dabei. Vor gut einem Jahr ist der gebürtige Straubinger als Teammanager beim Jahn überraschend zurückgetreten. Der Hauptgrund: seine angeschlagene Gesundheit, eine zweite Hüft-OP war dringend notwendig. Mittlerweile aber fühlt sich der 69-jährige Fußballfachmann wieder fit. "Mir geht es super. Ich strotze nach der Reha bei Klaus Eder gerade so vor Kraft", beteuert der gutgelaunte Niederbayer. Mit FuPa hat sich der Trainerfuchs und Funktionär zu einem Gespräch getroffen und dabei viele launige Anekdoten aus seiner Zeit als Amateurcoach beim SSV Jahn zum Besten gegeben. Obendrein verriet Sturm, warum er ausgerechnet in Österreich so beliebt ist, und warum ihn viele Profis im Laufe seiner bewegten Karriere schier zur Weißglut getrieben haben.

Klaus Sturm blutet das Herz. "Was hatten wir früher für Teams in Niederbayern - den 1. FC Passau, die SpVgg Plattling, den TSV Straubing, den FC Vilshofen, alles klangvolle Namen. Wir haben vor tausenden Zuschauern gespielt, und heute...?" Man merkt dem pensionierten Beamten an, dass er sich um den Fußball in seiner Heimat Sorgen macht, dass er selbst wieder mitanpacken möchte. Den umtriebigen Ex-Manager des Jahn zieht es zurück auf den Platz, zurück zu seiner großen Leidenschaft. "Ich kann mir ein Engagement als Sportlicher Leiter oder als Trainer vorstellen", meint Sturm plötzlich. "Gerne auch mit einem jungen Co-Trainer an meiner Seite, an den ich meine große Erfahrung weitergeben kann", erläutert er. "Hierbei spielt die Liga keine große Rolle. Es sollte nur ein Verein sein, bei dem die sportliche Perspektive stimmt." Klaus Sturm zurück auf die Trainerbühne? Warum eigentlich nicht. Der 69-Jährige kennt sich im regionalen Fußball aus wie kaum ein anderer.

Kronen-Zeitung wählt Sturm zum "Trainer des Jahres".

Seine erste Trainerstation war der FC Dingolfing. Da war der studierte Vermessungsbeamte gerade einmal 29 Jahre alt. Der FC Vilshofen, der SSV Jahn Regensburg, der FC Amberg, die SpVgg Weiden und die SpVgg Landshut waren weitere Stationen in seiner Vita. Zwei Jahre lang war Sturm zudem Coach in der zweiten Liga in Österreich, beim SV Braunau. In dieser Zeit wurde Sturm von der Kronenzeitung zum beliebtesten Trainer der Saison gewählt und erreichte mit Platz sechs den größten Erfolg in der SVB-Vereinsgeschichte. "Darauf bin ich heute noch stolz. Dank harter Arbeit konnten wir als kleiner Verein den Wiener Großkopferten Paroli bieten. Das war eine richtige Genugtuung", schwelgt Sturm schelmisch grinsend in Erinnerungen. In seiner Zeit als Trainer hat Sturm immer wieder auf Talente aus der Region gesetzt und einige Spieler entdeckt, wie den späteren Freiburg- und Düsseldorf-Profi Stefan Reisinger. Seine emotionalste Zeit erlebte Sturm aber beim SSV Jahn Regensburg.

Noch heute gerät der positiv Fußball-Verrückte über seine Regensburger Zeit ins Schwärmen: "Damals kamen die Leute noch in Scharen und zwar nicht, weil wir so schöne Gsichter hatten, sondern weil wir gut Fußball gespielt haben... Landesliga, letzter Spieltag: Wir hatten uns über die ganze Saison ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem FC Amberg geliefert und dann trafen wir im letzten Spiel aufeinander. Wahnsinn, was da in Regensburg schon Tage vor dem Spiel los war. 20.000 Zuschauer kamen ins Stadion, in der Landesliga", sprudelt es aus Sturm geradeso heraus. Gerührt erzählt er weiter: "Wir haben in diesem Spiel die Meisterschaft perfekt gemacht, aber es war wahnsinnig dramatisch. Nach dem Spiel erlitt unser Stadionsprecher einen Nervenzusammenbruch. Als ich zu ihm kam, sagte er nur: Klaus ich danke dir!", lacht Sturm. "Das sind Momente, die vergisst du dein ganzes Leben nicht."

Das unfassbare Eigentor: »Ich dachte, ich muss tot umfallen.«

Eine bizarre Anekdote blieb ihm aus dieser Zeit besonders in Erinnerung. Der Jahn spielte in Bamberg, Sturm war Trainer und wechselte beim Stand von 0:0 einen jungen Stürmer ein: "Der Bursche lief auf den Platz und schnappte sich sofort die Kugel. Aber was dann kam, ist für mich auch heute noch unfassbar: Der Junge dribbelte mit dem Ball auf unser Tor zu und haute ihn an unserem verdutzten Torwart vorbei ins kurze Eck. Mir hat es den Magen zusammengezogen, ich dachte, ich muss tot umfallen." Das Spiel verloren die Regensburger natürlich, mit 0:1. Im Nachhinein stellte sich heraus, erzählt Sturm, dass der Spieler kurz vor seiner Einwechslung noch "gekokst" hatte. Es spricht für den Straubinger, dass er seinen damaligen Schützling trotzdem nicht fallen ließ. Heute noch verbindet die beiden ein freundschaftliches Verhältnis.

Klaus Sturms Karriere erfuhr Anfang der 2000er Jahre den nächsten Aufschwung. 2001 wurde er Teammanager bei den Regensburgern, wobei er eigentlich einen anderen Posten übernehmen hätte sollen. "Die Vereinsführung hat mich gebeten, Geschäftsführer zu machen. Aber das war nix für mich, da hätte ich ja jeden Morgen um 7 Uhr aufstehen müssen und wäre am Abend als Letzter gegangen. Ich bin ja nicht verrückt, habe ich gesagt", fügt Sturm lachend an. Doch auch seine Rolle als Teammanager füllte er mit viel Herzblut aus. "Am Samstag die Spiele, am Sonntag die Spielerbeobachtungen in Ostdeutschland. Ich bin bin meiner Frau ewig dankbar, andere hätten sich schon dreimal scheiden lassen", plaudert er launisch aus dem Nähkästchen. Als Teammanager war er fortan Mädchen für alles. Von der Lizenzierung über die Organisation von Trainingslagern bis hin zu Verhandlungen mit Spielern, Sturm war für alles zuständig.

Unverschämte Typen: »Die wollten um 22:59 Uhr noch zocken.«

Besonders die nervenzehrenden Verhandlungen mit ausgebufften Profis blieben Sturm in lebhafter Erinnerung: "Es gibt so richtig unverschämte Spielertypen. Das kann man sich gar nicht vorstellen. Wenn um 23 Uhr Transferschluss war, wollten manche um 22:59 Uhr noch zocken. Da hab` ich dann immer gesagt, ich fahr` dich jetzt zum Bahnhof und dann schleichst dich... Ja, da musst du knallhart bleiben." Anfang 2013 trat Sturm überraschend von seiner Funktion beim Jahn zurück. Offiziell aus gesundheitlichen Gründen, aber auch weil sich beim Jahn vieles verändert hatte: "Es sind einfach zu viele auswärtige Personen hinzugekommen, die den Jahn nicht verstehen. Außerdem hat es mich gewurmt, dass die Aufstiegsmannschaft 2012 auseinandergerissen wurde." Dafür bleibt ihm nun viel mehr Zeit für Privates. Und eigentlich genießt Sturm die freien Stunden mit seiner Familie und seiner kleinen Enkeltochter. Aber jetzt kann er die Füße nicht mehr still halten, gibt Sturm unumwunden zu: "Ich bin heiß. Ohne Fußball kann ich nicht leben."


Aufrufe: 023.4.2014, 12:02 Uhr
Mathias WillmerdingerAutor