Ohne Fußball fehlt was

54 Jahre hat Wolfgang Neipp mittlerweile auf dem Buckel, was man dem fröhlichen Zeitgenossen nicht ansieht. Der Fußball scheint für den ehemaligen Ulmer Spatzen, der nun in Burlafingen wohnt, ein Jungbrunnen zu sein. Nach seiner letzten Station beim SV Grimmelfingen II hatte er 18 Monate lang eine schöpferische Pause als Trainer eingelegt. "Ich habe aber gemerkt, dass mir etwas fehlt. Ich will meine Erfahrung weiter geben und etwas bewegen", verkündet Neipp.

Fußballerische Erfahrung hat der Mann reichlich. Drei Jahre bei den Junioren des VfB Stuttgart, Oberliga mit dem SV Göppingen und den Spatzen, zweite Bundesliga beim SSV 46, drei Jahre fünfte italienische Liga bei Fontanabuona Calcio und schließlich Landesligameister mit der SpVgg Au sprechen für sich.

Neipp stellte im November auf der Internetseite des WFV eine Anzeige unter der Rubrik "Trainer sucht Verein" ein. Bezirksligist SF Rammingen biss an. Im Dezember fand mit Abteilungsleiter Hans Peter Wolter ein erstes Gespräch statt. Danach herrschte zunächst Funkstille, bis sich der Verein und der bisherige Trainer Markus Ebert Ende Januar trennten. Nach einem erneuten Kontakt mit Wolter und Co-Trainer Florian Steck stieg Neipp Anfang Februar vorläufig bis zum Saisonende ein.

Angesichts von neun Punkten Rückstand ans rettende Ufer ging der einstige Coach von Spatzen-Trainer Stephan Baierl (zu dessen Kickerzeiten beim SV Scharenstetten und FV Weißenhorn) die Herkulesaufgabe in Rammingen an. "Manchmal ist es ganz gut, wenn du die Mannschaft zuvor nicht spielen gesehen hast", meint Neipp. Er verschaffte sich im Training ein Bild von den Kickkünsten seiner Schützlinge und ist beeindruckt. "Das ist eine spielerisch gute Mannschaft mit einem unheimlichen Siegeswillen. Zudem ist die Kameradschaft hervorragend. Hier ist etwas machbar", lobte der frühere sprintstarke Stürmer.

Das Lauftalent hat er scheinbar an seine zwölfjährige Tochter Tara weiter gegeben, beim Einsteinmarathon in ihrer Altersklasse bei den Jugendläufen schon einmal Zweite. "Die Ausdauer hat sie aber bestimmt nicht von mir. Das war nicht so mein Fall", gibt er schmunzelnd zu.

Bei Neipps Punktspielpremiere für die SF Rammingen bewiesen seine Schützlinge diesen langen Atem. Sie drehten einen 0:2-Rückstand gegen Türkgücü Ulm noch in einen 3:2-Erfolg um. "Das gibt Rückenwind. Die Mannschaft hat das Potenzial für den Klassenerhalt. Hier passt einfach alles, auch vom Umfeld und vom Vereinsgelände her", schwärmt Neipp vor dem Auftritt morgen um 15 Uhr beim Spitzenreiter FC Neenstetten. Er kann es sich sogar vorstellen, ligaunabhängig auch in der kommenden Runde in Rammingen das Zepter zu schwingen. "Es macht riesigen Spaß hier. Für mich ist die Trainerlaufbahn erst dann beendet, wenn ich keinen Spieler mehr erreiche und keine brauchbare Flanke mehr in den Strafraum bringen kann."