2024-04-29T14:34:45.518Z

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Foto: Niebergall/Archiv
Foto: Niebergall/Archiv

Odyssee scheint zu Ende zu gehen

LANGZEITVERLETZTE: +++ Der verletzte Homberger Marc Demper weiß nach mehr als einem Jahr, woran er leidet +++

HOMBERG. Bei den meisten Sportverletzungen weiß man in der Regel doch sofort, was Sache ist. Eine Zerrung, ein Kreuzbandriss, eine Prellung - das ist häufig rasch und eindeutig diagnostiziert. Diagnosen, die für den jeweils Betroffenen mitunter schlimm genug sein können. Aber wie schlimm muss es sich eigentlich anfühlen, wenn man als Sportler von heftigen Schmerzen und unangenehmen Symptomen begleitet wird, ohne aber zu wissen, woran man eigentlich leidet?

Die Rede ist von Marc Demper, ein 26-jähriger Fußballer in Diensten des Gruppenligisten FSG Homberg/Ober-Ofleiden. Seine Geschichte klingt in Teilen unfassbar, trug sich aber exakt so zu, wie sie hier wiedergegeben wird. Und um eine Sache vorweg zu nehmen: Ein gutes Ende ist absehbar.

Der in Nieder-Gemünden im Vogelsbergkreis lebende Angestellte eines Versorgungsbetriebs wechselte zu Beginn der Saison 2014/15 zur Homberger Spielgemeinschaft. Demper erinnert sich zurück: "Ich hatte schon immer mal Probleme mit dem Rücken, da war ich schon immer etwas vorbelastet." Der variabel einsetzbare Spieler, der als Stürmer zur FSG gekommen war, von seinem Trainer Thomas Brunet aber auch schon einmal in der Defensive eingesetzt wurde, merkte zu Beginn der Vorsaison, dass die Schmerzen am Rücken und in der Leistenregion nach der Vorbereitung schlimmer wurden. Bis zur Winterpause quälte sich Demper durch, die Wochen danach klangen die Leiden wiederum etwas ab, doch schon im Februar 2015 kehrten die Schmerzen mit voller Wucht zurück. Während der Restrunde kickte Marc Demper dann meist mit Schmerztabletten und nicht selten mit Beschwerden. Und abseits des Platzes klapperte er eine Schar an Orthopäden und Physiotherapeuten ab. "Da meinte aber noch jeder, dass - wenn die Schmerzen nicht so dramatisch sind - man mit Schmerztabletten schon weiterspielen könne", so Demper. Eine überzeugende Diagnose konnten ihm die Ärzte zu diesem Zeitpunkt noch nicht stellen.

Nachdem die Runde, in der Marc Demper auf lediglich zwölf Einsätze gekommen war, beendet war, ging es in die Sommerpause. Diese schien dem Vogelsberger gutzutun, denn zur Saisonvorbereitung war Demper topfit und vor allem schmerzfrei. Keine schlechten Aussichten also für die anstehende Runde. Doch alle guten Hoffnungen sollten sich schnell wieder zerschlagen. Bereits ab dem zweiten Spieltag, als Homberg/Ober-Ofleiden mit 2:3 bei der Treiser SG unterlag, plagten Demper wieder heftige und regelmäßige Schmerzen im Leistenbereich. Der anstrengende Kreislauf startete von vorne: Schmerztabletten, Vorstellungen bei sechs verschiedenen Orthopäden, physiotherapeutische Behandlungen, Kortison - und das alles ohne den Hauch eines Anhaltspunktes hinsichtlich der Ursache.

Besser wurde es mit den Leiden nicht, im Gegenteil: Meist wurde der vielseitige FSG-Akteur nach einem Spieltag noch tagelang von Schmerzsymptomen geplagt, so stark, dass er in den Nächten sogar davon erwachte. Trotz dieser bedrückenden Situation gelangen dem 26-Jährigen hier und da aber noch beachtliche Leistungen auf dem Platz. Etwa am fünften Spieltag, als er beim 3:1-Erfolg gegen den TSV Klein-Linden zwei Buden selbst einnetzte und das dritte Tor vorbereitete. Doch nur eine Woche später war dann endgültig Schluss. "Ich hatte dann irgendwann gesagt, dass es so nicht weitergeht und die Arbeit Vorrang hat", erläutert Demper, der sich in der Folge den Belastungen durch den Spielbetrieb nicht weiter aussetzen wollte.

Stattdessen begab er sich fortan nur noch als Zuschauer zu den Partien und den Trainingseinheiten seiner Mannschaft. Parallel setzte Demper jedoch unermüdlich seine Suche nach der Ursache seines Leidens fort, freilich nicht ohne auch ab und an an sich selbst zu zweifeln. "Manchmal hat man sich dann schon gefragt, ob man sich das alles nicht einbildet", blickt Demper ratlos zurück. Zu Hilfe kam ihm letztendlich der Zufall. Denn dieser führte ihn zu einem Orthopäden nach Frankfurt, der sich die altbekannten MRT-Bilder anschaute und rasch eine Vermutung äußerte, die in eine ganz andere Richtung ging, als alle bisherigen Diagnosen - und zwar in die richtige Richtung. Beim ganz genauen Betrachten der Aufnahmen, erkannte der genannte Orthopäde nämlich einen Knochenüberstand an der Hüftkugel, die somit ohne Widerstand mit der Hüftpfanne aufeinanderschlagen konnte und hierbei auch den Hüftknorpel in Mitleidenschaft zog.

Seltene Hüfterkrankung

Fachmediziner sprechen hierbei von einem "Hüftimpingement". Diese Fehlbildung des Knochens ist in der Regel genetisch dispositioniert, macht sich bei eher unsportlichen Menschen aber meist nicht wirklich bemerkbar. Sportler beanspruchen ihre Gelenke hingegen stärker, hier ist die Gefahr eines Hüftimpingements erhöht. Bei Marc Demper konnte diese seltene Hüfterkrankung durch eine Hüftarthroskopie (Hüftspiegelung) schließlich bestätigt werden. Dass dem 26-Jährigen an diesem Tag der Gewissheit ein Stein vom Herzen fiel, versteht sich fast von selbst. "Nach anderthalb Jahren war das endlich eine plausible Erklärung", zeigt sich Demper noch heute erleichtert. Letzte Woche erfolgte dann endlich die Operation in Frankfurt, der Knochenüberstand und der beschädigte Teil des Knorpels konnten erfolgreich entfernt werden.

Nun heißt es erst einmal das linke Bein still zu halten und maximal mit 20 Kilogramm zu belasten - und zwar für zwei bis drei Wochen. Keine einfache Aufgabe für den bewegungsfreudigen Marc Demper, der aufgrund seiner hervorragenden läuferischen Qualitäten mannschaftsintern den Spitznamen "Eisenbahn" trägt. Auf der anderen Seite aber auch ein Opfer, das der Kicker aus Nieder-Gemünden freilich nur zu gerne bringt. Was sind auch drei Wochen im Vergleich zu 18 Monaten der Ungewissheit? Und wenn es richtig gut laufen sollte, wovon nach der jüngsten Operation erst einmal auszugehen ist, kann Marc Demper nach Aussagen der Ärzte in zehn Wochen vielleicht sogar schon wieder Sport treiben.


Das Lachen fällt Marc Demper (rechts) heute schon wieder etwas leichter. (Foto: privat)

Das würde selbstverständlich auch FSG-Trainer Thomas Brunet freuen. "Er ist universell einsetzbar, er lebt von seiner körperlichen Fitness. Wer gegen den läuft, der läuft gegen eine Eisenbahn, der gibt nie auf", so der Homberger Übungsleiter. Überstürzen will Marc Demper aber nichts. Er wird sich die Zeit nehmen, die er braucht, um sobald wie möglich wieder in der Gruppenliga anzugreifen. "Mein Ziel ist es eigentlich schon, dass ich diese Saison noch einmal zurückzukehren kann. Ich muss aber mal schauen, was mein Körper so sagt", erläutert ein FSG-Kicker, der endlich wieder Licht am Ende des Tunnels sieht. Eine lange Odyssee scheint endlich ihr Ende gefunden zu haben, einige Tage nach der Operation klingt Marc Demper erleichtert: "Das hat mich schon viel Energie gekostet und ich hoffe nun sehr, dass das die Ursache war."

Aufrufe: 016.2.2016, 20:43 Uhr
Christian Németh (Oberhessische Zeitung)Autor