Zu den üblichen Fußballregeln in der Halle kommt eine weitere: Es wird Deutsch gesprochen. Dies ist für die Männer aus Syrien mitunter schwierig, aber es klappt immer besser. Geht allerdings ein Ball daneben, rutscht auch einmal ein Fluch auf Arabisch raus. Manchmal spielen sechs, sieben Flüchtlinge mit, diesmal sind es drei. Auf dem Hallenparkett merkt man keinen Unterschied. Erst im Gespräch stellt man schnell fest, dass mit ihnen eine unglaubliche Fluchtgeschichte verbunden ist. Der 26-jährige Mohammad verlor sein ganzes Hab und Gut, um mit seiner Frau und seinen drei Kindern nach Deutschland zu gelangen. 10000 Euro habe er an den Grenzen bezahlt, alleine 6000 Euro, um die Türkei Richtung Bulgarien zu verlassen. Die 750 Kilometer von der Türkei bis nach Serbien absolvierte er mit seiner Familie größtenteils zu Fuß. In Serbien brachte ein Zug die Menschen schließlich nach Deutschland. Seit elf Monaten lebt er in Eschweiler.
Schlimme Erfahrungen
Die Fluchterzählungen gleichen sich: Es wird davon berichtet, dassGeld an Schlepper und korrupte Grenzpolizisten gezahlt wird, die ihre Geschäfte mit dem Leid der Menschen machen. Die Ausweispapiere werden den Menschen meistens abgenommen. Viele haben Familienangehörige im Krisengebiet zurücklassen müssen. Der 19-jährige Ahmed floh vor eineinhalb Jahren aus Aleppo. Seine Eltern mussten bleiben, denn für ihre Flucht war kein Geld vorhanden. Als 17-Jähriger kam er nach Eschweiler, den Kontakt zu seiner alten Heimat hat er jedoch nicht verloren. Mit dem Handy schicken sich seine Familienmitglieder Nachrichten und halten sich auf dem Laufenden, eine Schwester wohnt inzwischen ebenfalls in Deutschland. Auf dem Weg nach Eschweiler habe er mehrere Nächte im Wald geschlafen. Das Schwarze Meer habe er in einem völlig überfüllten Schlauchboot überquert. Immer wieder unterbricht er seine Schilderungen und meint: „Zuhause sind ja nur Bomben gefallen.“
Auf dem Hallenparkett an der Nagelschmiedstraße sind die Gedanken an Krieg und Vertreibung für zwei Stunden vergessen. Im Mittelpunkt stehen dann Sport, Spiel und Spaß mit anderen Menschen. „Manchmal bleiben die Männer auch etwas länger und trinken sogar ein Bierchen mit“, schildert Olaf Tümmeler. Sogar die „dritte Halbzeit“ sei inzwischen Normalität – ebenso die Tatsache, dass Flüchtlinge mitkicken. In den Augen Tümmelers sei genau dies Ziel gelungener Integration. Von den anfänglichen Vorbehalten ist nichts mehr zu spüren.
Auch in den kommenden Wochen werden freitagsabends Flüchtlinge an der Unterkunft Stich abgeholt und in Dürwiß mitkicken. Selbstverständlich. An manchen Stellen hakt die Integration der Menschen, die in ihrer Not nach Deutschland kommen, vielleicht noch ein bisschen, in der Sporthalle Dürwiß am Freitagabend jedoch nicht.
„Anfangs waren einige schon skeptisch, allerdings waren die Vorbehalte schnell beseitigt, als sie die Männer kennengelernt haben.“
- Olaf Tümmeler