2024-05-08T14:46:11.570Z

Allgemeines
Florian Nagel mit seinen neuen vier Freunden: Seit dem Ende der Winterpause arbeitet der D/A-Mittelfeldspieler mit den Kunststoffmännchen in Extraeinheiten an seinen Freistoßfertigkeiten. Im ersten Spiel dieses Jahres zahlten sich die Sonderschichten schon aus.  Foto Bröhan
Florian Nagel mit seinen neuen vier Freunden: Seit dem Ende der Winterpause arbeitet der D/A-Mittelfeldspieler mit den Kunststoffmännchen in Extraeinheiten an seinen Freistoßfertigkeiten. Im ersten Spiel dieses Jahres zahlten sich die Sonderschichten schon aus. Foto Bröhan

Nagel schiebt Sonderschichten

Diese Mannschaft zeichne sich sicherlich durch ganz andere Stärken aus, sagt
Trainer Enrico Maaßen über seinen Tabellenführer der Fußball-Oberliga Niedersachsen, die SV Drochtersen/Assel. Aber diese verdammten Standards. Die wurmten den akribischen Trainer. „Wir waren zu anfällig bei Standards gegen uns und zu harmlos bei eigenen“, sagt Maaßen. Also galt es während der Vorbereitung nach der Winterpause speziell an „diesen Stellschrauben zu drehen“. Mittelfeldspieler Florian Nagel nahm sich „die Kritik“, wie er sagt, besonders zu Herzen. Mit sofortigem Erfolg im ersten Spiel des Jahres.

Gleich die ersten beiden Tore beim 5:0-Sieg gegen den TB Uphusen sind durch Standards gefallen. Ausgeführt von Florian Nagel. Seinen scharfen Eckball köpfte Nico Mau zum 1:0 ein. Das 2:0 erzielte der Mittelfeldspieler direkt per Freistoß. „Da kam sogar Schelli (Torhüter Christoffer Schellin; Anm. d. Red.) auf den Platz gerannt, um zu gratulieren“, sagt Nagel und lächelt. „Es ist natürlich schön, dass sich die Arbeit während der Vorbereitung gleich ausgezahlt hat, das gibt der Mannschaft ein gutes Gefühl“, sagt D/A-Trainer Enrico Maaßen. Wie weit die Mannschaft bei Standardsituationen wirklich ist, werde sich freilich erst während des weiteren Saisonverlaufes zeigen, so Maaßen. Mit der Ausbeute beim ersten Sieg liegt D/A jedenfalls voll im Soll: Etwa 30 Prozent aller Tore fallen nach Standards während einer (Bundesliga-)Saison.
Nagel scherzt, dass es „ja nicht so ist, als hätte ich das Freistoßschießen jetzt gelernt“. Diesmal hatte er halt das nötige Glück. Seine gute Stimmung spiegelt die der ganzen Truppe. Der Anspruch und Ehrgeiz beim Tabellenführer der Oberliga wird von dem Wohlgefühl und dem einhergehenden Erfolg getragen. Auch bei Nagel persönlich. „Mein Anspruch ist es, alle Standards in der Offensive auszuführen“, sagt der 22-Jährige. Die vom Trainer analysierte Standardschwäche hat sich der Leistungsträger „zu Herzen“ genommen. Also steht er seit Ende der Winterpause etwa zwei Mal pro Woche nach den Trainingseinheiten noch allein auf dem Platz und schießt einen Freistoß nach dem anderen um oder über die vier aufgestellten Kunststoffmännchen, die als Mauer herhalten müssen. 30 bis 35 Bälle zirkelt er im Schnitt aufs leere Tor, seine Erfolgsbilanz liege bei etwa 50 Prozent. Nagel hört immer erst mit seinem selbst auferlegten Einzeltraining auf, wenn er eine Serie von Bällen erfolgreich eingenetzt hat. „Da bin ich ehrgeizig“, sagt er. Am liebsten würde er auch verschiedene Varianten pro Einheit, wenn die Mitspieler schon in der warmen Kabine entspannen, üben. Dazu hat Nagel aber keine Zeit. „Meistens pfeift mich der Trainer irgendwann zurück“, sagt Nagel und lächelt. Maaßen legt großen Wert darauf, dass seine Spieler nicht übertreiben, sich körperlich nicht überanstrengen. Bei Nagel achtet Maaßen besonders auf die Fitness.
Der ambitionierte Fußballer wurde bei Werder Bremen ausgebildet, schaffte dann aber nicht den erwünschten Durchbruch in der zweiten Mannschaft des Bundesligisten. Er wechselte zum Regionalligisten KSV Hessen Kassel. Auch dort konnte Nagel nicht Fuß fassen. Anhaltende Verletzungen, vor allem Adduktorenreizungen und -entzündungen, verhinderten stets einen Spielfluss. Zudem schlägt sich Nagel schon seit einer gefühlten Ewigkeit mit Schmerzen im Gesäßansatz herum. „Nach Spielen fühlt es sich an wie eine Zerrung. Bisher hat noch kein Arzt herausgefunden, was das ist oder woran das liegt“, sagt Nagel. Auch jetzt bei D/A spielt der Neuzugang nicht schmerzfrei, aber befreit auf. „Toi, toi, toi“, sagt Nagel, „dass ich die Wehwehchen in den Griff bekommen habe.“ Er macht spezielle Stabilisations- und Koordinationsübungen. Maaßen, der Sport-Therapeut und Fitness-Trainer mit B-Lizenz, entwickelt für Nagel individuelle Übungen. „Für uns ist Florian ein überragender Fußballer. Und man merkt ihm auch an, dass er jetzt ein halbes Jahr Spielpraxis hat“, sagt Maaßen. Nagel habe den Kopf wieder frei.
„Ich bin zurzeit gut drauf, da ist aber noch Luft nach oben“, sagt Nagel. Er hatte bei seiner Rückkehr zur SV Drochtersen/Assel, für die der Stader in der Jugend ein Jahr spielte, „sofort ein gutes Gefühl“. „Und während der Vorbereitung habe ich schon gemerkt, dass mit dieser Mannschaft etwas gehen kann.“ Nun überwinterte D/A als Tabellenführer und hat die Spitzenposition mit dem 5:0-Sieg im ersten Spiel des Jahres untermauert. Der Torschütze und Torvorbereiter sagt, dass die Vorbereitung „überragend“ gewesen sei. Er hätte eine solch gute zuvor noch nicht gehabt. Dabei sagt Nagel den Satz: „Was nützt die beste Mannschaft, wenn diese nicht fit ist.“ Ja, es sei sein Anspruch, dass D/A die beste Mannschaft dieser Oberligasaison ist und bleibt. „Wir haben uns hohe Ziele gesteckt“, sagt Nagel. Der 3:2-Testspielsieg gegen den Regionalligisten St. Pauli II, bei dem Nagel auch traf, habe gezeigt, dass D/A eine Liga höher bestehen könnte, so Nagel. Der Aufstieg sei aber noch ein langer Weg.
Jetzt kommt am Sonntag mit Teutonia Uelzen erstmal die nächste Hürde. Anpfiff ist im Kehdinger Stadion um 15 Uhr. „Mit Uelzen verbinde ich mein bisher schlimmstes Erlebnis“, sagt Maaßen. Der abstiegsgefährdete Gegner hat D/A gleich in der ersten Runde des Niedersachsenpokals rausgeschmissen. D/A revanchierte sich mit einem 3:1-Hinspielsieg. „Das ist aber ein ganz unangenehmer Gegner, den wir über 90 Minuten nicht unterschätzen dürfen“, sagt Maaßen. Mit den ehemaligen D/A-Spielern Benjamin Tillack und Lukas Hertting habe Teutonia Spieler, die ein Spiel mit einer Szene allein entscheiden könnten.
Wie ein Florian Nagel auch, vielleicht ja per Freistoß.


Einen Filmbeitrag mit Nagel schon jetzt und das Ergebnis des Heimspiels gegen Uelzen nach Abpfiff sehen Sie unter www.tageblatt.de

Aufrufe: 06.3.2015, 15:55 Uhr
Jan BröhanAutor