2024-04-15T13:50:30.002Z

Ligabericht
Während sich Thomas Paulus (rechts) auf dem Rad aufwärmt, geht es für Sebastian Nachreiner unter Anleitung von Physiotherapeut Rudi Ehmann an die Beinpresse. Foto: kf
Während sich Thomas Paulus (rechts) auf dem Rad aufwärmt, geht es für Sebastian Nachreiner unter Anleitung von Physiotherapeut Rudi Ehmann an die Beinpresse. Foto: kf

Nachreiner startet einen neuen Anlauf

Mit dem SSV Jahn erlebte der Niederbayer schon einige Höhen und Tiefen +++ 2016 soll es endlich wieder aufwärts gehen

14. Mai, 2012: Nachdem Schiedsrichter Felix Zwayer das Spiel abpfeift, bricht beim SSV Jahn kollektiver Jubel aus. Während die Spieler des Karlsruher SC mit den Tränen kämpfen, streifen sich die Regensburger ihre Aufstiegsshirts über und hüpfen freudetrunken auf dem Rasen umher. Sebastian Nachreiner ist am Höhepunkt seiner Karriere angekommen. Dass ihn in den Folgejahren große Rückschläge erwarten, weiß er da noch nicht.

Beim SSV Jahn ist Nachreiner mittlerweile fast schon ein Urgestein. Zur Saison 2010/2011 zog es den 27-Jährigen vom FC Dingolfing zu den Regensburgern, mit denen er in den vergangenen Jahren so einige Höhen und Tiefen erlebte. Vor sechs Jahren ging es rapide bergauf bei ihm: von der Landesliga in die 3. Liga, in der er sich recht schnell zum Stammspieler entwickelte und seither eine der großen Identifikationsfiguren des Klubs ist.

20. Januar, 2016: Auf dem Weg vom Behandlungszimmer in den Trainingsraum erspäht Sebastian Nachreiner mit Thomas Paulus ein bekanntes Gesicht. Nach einem kurzen Plausch gehen beide in den Trainingsraum. Paulus schwingt sich aufs Fahrrad und Nachreiner startet unter Anleitung von Physiotherapeut Rudi Ehmann mit ersten Dehnübungen.

„Da Pauli ist derzeit sehr treu“, sagt Nachreiner mit einem Schmunzeln im Gesicht über seinen Teamkollegen, der sich nach einem Außenbandriss im linken Knie ebenfalls zurückkämpft. Nachreiner ist mittlerweile Stammgast in der Regensburger Physiotherapie-Praxis Wolfgang Brummer und feilt Tag für Tag an seinem Comeback. Von Montag bis Freitag verbringt er vier Stunden dort: eine im Behandlungszimmer und rund drei im Trainingsraum.

Im Juli vergangenes Jahres hatte sich Nachreiner schwer verletzt. Nach einem Zusammenprall mit einem Mitspieler im Training humpelt er vom Platz. Dieses Mal erwischt es das Knie: Kreuzbandriss. „Das ist ein Schock, wenn man die Diagnose erfährt“, erzählt der gebürtige Niederbayer, der zuerst auf eine konservative Behandlung setzte. „Da das Kreuzband nur stark angerissen war, hatte ich die Hoffnung, um eine Operation herumzukommen.“ Aber die Stabilität sei nicht wie erhofft zurückgekommen – und ein operativer Eingriff Ende September vergangenen Jahres unvermeidbar gewesen.

Seitdem arbeitet Nachreiner an seinem Comeback. Ab April will er wieder mitmischen. „Das wäre die Hoffnung“, sagt der Verteidiger. Bisher liege er voll im Soll. Es müsse sich aber natürlich zeigen, wie das Knie auf die Belastungssteigerungen reagiere.

Mannschaftsarzt Dr. Andreas Harlass-Neuking ist bislang jedenfalls sehr zufrieden mit dem Heilungsverlauf. „Wir werden nichts übereilen. Wenn es super optimal läuft, dann kann er vielleicht noch gegen Ende der Saison mitmischen.“ Aber das Hauptaugenmerk liege darauf, dass Nachreiner dann in der nächsten Spielzeit topfit sei und voll angreifen könne.

Mit Comebacks kennt sich Nachreiner bereits aus. 2. Mai, 2015: Neun Monate hatte er wegen einer Sprunggelenksverletzung gefehlt, nun steht er erstmals wieder von Beginn an auf dem Platz. Bei der 1:2-Niederlage beim Halleschen FC gehört der Defensivmann noch zu den Besten. Doch nach dem Schlusspfiff ist er genau wie seine Teamkollegen des SSV Jahn restlos bedient und verlässt mit hängendem Kopf den Platz. Der Jahn verliert nicht nur erneut ein Spiel, sondern ist nach dem 35. Spieltag in der 3. Liga somit auch rechnerisch abgestiegen. „Die Hoffnung an den Klassenerhalt war aber zu dem Zeitpunkt eh nimmer so richtig da. Der Abstieg stand ja mehr oder weniger schon fest. Für mich war in diesem Spiel vor allem wichtig zu sehen, dass es endlich wieder geht“, blickt er zurück.

Es geht immer wieder weiter, das weiß Nachreiner. Viel Zeit zum Grübeln hatte der Defensivmann in den vergangenen Wochen und Monaten aber ohnehin nicht. Da galt es neben den Rehamaßnahmen noch für das Jura-Studium zu pauken. Nach dem Kreuzbandriss kamen sogar Gerüchte auf, ob Nachreiner wegen der erneuten Zwangspause die Fußballschuhe nicht gleich an den Nagel hängt. „Unmittelbar nach der Verletzung, im ersten Frust, macht man sich vielleicht Gedanken; aber so richtig ernsthaft habe ich darüber nicht nachgedacht. Ich habe nächste Saison auch noch Vertrag. Das Studium und der Fußball haben sich immer kombinieren lassen.“ Und das Pauken hat sich ausgezahlt. Der 27-Jährige hat mittlerweile das erste Staatsexamen in der Tasche.

Der Monat Mai wird auch 2016 zukunftsentscheidend für den SSV Jahn werden. Wenn es dann in der Liga – und einer möglichen Relegation – um den Wiederaufstieg geht, will Nachreiner endlich wieder mitmischen. Wie man in Entscheidungsspielen die Nerven behält, weiß er nur zu gut. 2012 schafften die Regensburger den großen Coup: den Aufstieg in die 2. Bundesliga. „Das war ein krasses Erlebnis. Gefühlsachterbahn pur“, blickt Nachreiner gerne zurück auf die packenden Partien gegen Karlsruhe.

Die 2. Liga ist für Nachreiner und seine Kollegen aber mittlerweile ganz weit weg. Jetzt gilt es erst einmal dafür zu sorgen, dass die Regionalliga nur ein einjähriges Intermezzo war. Daumen drücken reicht Nachreiner da nicht – im Schlussspurt will er den Laden hinten selbst wieder dichthalten – und seine lange Leidensgeschichte endlich hinter sich lassen.

Aufrufe: 012.2.2016, 22:00 Uhr
Felix KronawitterAutor