2024-04-24T13:20:38.835Z

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Daniel Steuernagel gibt ab sofort beim Regionalligisten SC Teutonia Watzenborn-Steinberg nicht mehr die Anweisungen vom Spielfeldrand.   	Foto: Weis
Daniel Steuernagel gibt ab sofort beim Regionalligisten SC Teutonia Watzenborn-Steinberg nicht mehr die Anweisungen vom Spielfeldrand. Foto: Weis

Nachfolgesuche hat begonnen

RL SÜDWEST: +++ Nach dem überraschendem Rücktritt von Daniel Steuernagel übernimmt Gino Parson das Traineramt für die nächste beiden Partien Watzenborn-Steinbergs +++

LINDEN. Der Start des SC Teutonia Watzenborn-Steinberg in das Abenteuer Fußball-Regionalliga Südwest ist mit sechs Punkten aus fünf Spielen, darunter der beeindruckende 2:1-Erfolg über Kickers Offenbach am vergangenen Freitag, kann als gelungen bezeichnet werden. Umso überraschender kam daher der Rücktritt von Trainer Daniel Steuernagel, der den Club aus Pohlheim vor zwei Jahren in der Verbandsliga Mitte übernommen und anschließend mit insgesamt nur sechs Niederlagen zu zwei Aufstiegen maßgeblich bis an die Schnittstelle zum professionellen Fußball geführt hatte.

Das rasante Tempo, in dem diese Erfolgsgeschichte geschrieben worden ist, ist dem 36-Jährigen nun gewissermaßen zum Verhängnis geworden. Steuernagel arbeitet mit einer Vollzeitstelle als Lehrer an der Diesterwegschule in Herborn und sieht sich nicht mehr in der Lage, seinen Beruf mit den deutlich gestiegenen Anforderungen als Trainer in der vierten Liga zu vereinbaren. „Mir fällt dieser Schritt unheimlich schwer“, sagte er auf der eigens einberufenen Pressekonferenz in Linden, „aber ich habe eine Verantwortung gegenüber den Spielern und den Funktionsträgern bei der Teutonia ebenso wie den Schülern, meiner Schule und dem Schulamt gegenüber. Wenn ich etwas mache, dann zu 100 Prozent. Ich hatte zuletzt ein Schlüsselerlebnis, als Zuschauer meinten, ich wäre etwas weniger engagiert während des Spiels dabei. Bevor die letzten Prozentpunkte bei mir fehlen, beende ich es jetzt.“

Steuernagel sah angesichts der immensen Belastung die Gefahr, keiner Seite mehr gerecht zu werden und zog deswegen die Reißleine. Eine Kompromisslösung im Vorfeld, etwa eine Arbeitsentlastung an der Schule, sei nach dem Aufstieg nicht möglich gewesen: „Der Beamtenrock hält zwar warm, ist aber auch sehr eng. Es gibt Fristen, und daher war es nicht umsetzbar, beispielsweise meine Stunden zu reduzieren.“

Auf die Frage, ob diese Situation nicht vorhersehbar gewesen sei und er besser daran getan hätte, bereits vor der Runde Konsequenzen zu ziehen, antwortete Steuernagel: „Ich wusste, wie viel Arbeit auf mich zukommt. Aber ich wollte diese Chance in der Regionalliga nutzen. Von mir zu Hause bis zum Wetzlarer Stadion sind es nur elf Kilometer – das werde ich nie wieder haben. Ich denke, es ist menschlich verständlich, dass ich es probieren wollte. Es ist auch keine Entscheidung aus der Emotion heraus, sondern es gärt schon seit Monaten in mir, dass ich mir Gedanken mache. Ich musste mir eingestehen: Ich kann es nicht schaffen.“

Am Samstag hatte Steuernagel Geschäftsführer Jörg Fischer und dessen Sohn Dominik Fischer, SC-Vorsitzender, seine Entscheidung mitgeteilt. „Ich war natürlich geschockt, aber wir müssen das akzeptieren. Wir haben Daniel sehr viel zu verdanken. Das gesetzte Ziel haben wir viel schneller erreicht als eingeplant. Wir gehen nicht im Groll auseinander, sondern werden weiterhin ein sehr freundschaftliches Verhältnis haben. Für Daniel stehen die Türen bei uns immer offen“, betonte Jörg Fischer die fruchtbare Zusammenarbeit und widersprach, dass Meinungsverschiedenheiten zum Rücktritt beigetragen hätten. Steuernagel unterstrich: „Es sind nur die genannten beruflichen Gründe. Klar gab es mal unterschiedliche Meinungen, nur mit Friede-Freude-Eierkuchen funktioniert es nicht.“

Für die nächsten beiden Partien morgen beim VfB Stuttgart II und am Samstag in Marburg gegen Wormatia Worms übernimmt Gino Parson, bis dato Coach des Kreisoberliga-Teams, den Posten auf der Kommandobrücke der Teutonen. Gleichzeitig suchen die Verantwortlichen nach einem Nachfolger für Steuernagel, wo Jörg Fischer das Profil wie folgt umreißt: „Es muss jemand sein, der hauptberuflich Trainer ist und der mit seinem Wesen zum Verein mit seinen Strukturen passt. Idealerweise sollte er Erfahrung in der Regionalliga, oder im höheren Amateurbereich, sprich Oberliga, aufweisen.“

Vorteil der Teutonen ist, dass sie als Viertligist das Interesse zahlreicher potenzieller Kandidaten deutschlandweit auf sich ziehen und in den kommenden Tagen „selektieren wollen“ (Jörg Fischer), nächste Woche sei mit einer Entscheidung zu rechnen. Es müsse niemand sein mit mittelhessischem Stallgeruch, gleichzeitig sei ein Sondierungsgespräch mit Stefan Hassler (derzeit Leiter des Nachwuchsleistungszentrums bei Kickers Offenbach) denkbar. Wer den Posten erhalte, so Dominik Fischer, „übernimmt von Daniel Steuernagel eine intakte und topfitte Mannschaft.“ Der so Gelobte äußerte sich abschließend zu seinen Zukunftsplänen: „In den nächsten Wochen und Monaten werde ich mit Sicherheit nirgendwo Trainer werden. Ich muss einige Dinge für mich klären und möchte den Fußballlehrer machen.“



Aufrufe: 030.8.2016, 08:00 Uhr
Thomas Suer (Gießener Anzeiger)Autor