2024-05-02T16:12:49.858Z

Ligabericht
Vorbei die gute alte Zeit im Zandter Wald-Stadion ...
Vorbei die gute alte Zeit im Zandter Wald-Stadion ...

Nach Kehrtwende auf alle Szenarien vorbereitet

Die neue Zandter Ausrichtung nach der Epoche des Legionärstums dürfte viel Geduld und vor allem Zeit erfordern

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Selbst der ,,Süddeutschen Zeitung" war die erste Fußballmannschaft des FC Zandt schon eine Schlagzeile wert. Ein Medium eigentlich, das sich um Hobbysportler irgendwo im Bayerwald ansonsten wenig schert. Überregionale Aufmerksamkeit erregte der Emporkömmling etliche Jahre mit seiner Transferpolitik, nach dem Motto ,,Ein Dorf lässt Fußball spielen". Und wer aller schon hier war: Die Dvorak-Brüder, die - die ersten Jahre Antonin, zuletzt Petr - als Spielertrainer fungierten, die Prancls, Linharts, Sandas, mit Raul Gheorghe Iuhas gar ein rumänischer Ex-Profi. Um nur ein paar zu nennen. Seine Ambitionen trug der Klub in Gelb-Schwarz eine Zeitlang auch außerhalb des Sportplatzes offen zur Schau. Mit jenem Blickfang mitten im Dorf: ,,Wir wollen nach oben" in großen Lettern.

Das war noch zu A-Klassen-Zeiten. Bis zur Bezirksliga-Vizemeisterschaft und zur Teilnahme an der Landesliga-Relegation im vorigen Jahr hat es immerhin gereicht. In den ersten Jahren der Erfolgsorientierung galt noch die Devise, maximal vier Legionäre zum Fußball spielen kommen zu lassen. Meist Kicker aus Pilsen, die eine Fahrgemeinschaft bilden konnten. Doch diese Philosophie wurde alsbald über den Haufen geworfen, sodass sich die Basis im Verein - Zuschauer, Reserve, Jugend - immer mehr vom vermeintlichen Aushängeschild entfremdete.

Jetzt drückte der FC Zandt den Reset-Knopf, entschied sich für den totalen Umbruch. Die Legionäre größtenteils weg, viele Neuzugänge aus der Region geholt. Und mit Christian Schreiner gibt's obendrein einen neuen starken Mann. Vor viereinhalb Jahren als Spieler vom TSV Blaibach nach Zandt gekommen, ist der 30-jährige Pädagoge nun Trainer und Abteilungsleiter in Personalunion. ,,Mir war es von Anfang an wichtig, dass ich nicht nur als Spieler komme, sondern mich auch für den Verein und für das Dorf engagiere", sagt der neue ,,Macher" des FC Zandt. So rückte Schreiner bald in die Hauptvorstandschaft auf, wechselte nun in die Fußballabteilung. In der Hauptvorstandschaft, die ja für den ganzen Verein Verantwortung trage, habe irgendwann ein Umdenken eingesetzt, erzählt Christian Schreiner: ,,Der Kern des FC Zandt hat sich gefragt, wofür betreiben wir den Riesenaufwand, wenn wir vor 50 Zuschauern spielen? Wir haben vor eineinhalb Jahren schon begonnen zu ergründen, woran das genau liegt, und haben den Umbruch fest beschlossen. Wir wollten weg vom Legionärsimage, nur noch mit Spielern aus der Region arbeiten und mit solchen, die hier arbeiten und ihre Kinder hier in die Schule schicken.

Dass Spieler nur zum Fußball spielen von Pilsen nach Zandt gefahren sind, damit hatte vor allem die Basis ein Problem." Ein Schlüsselerlebnis für die Verantwortlichen im Verein sei das Landesliga-Relegationsspiel gegen Fortuna Regensburg vor einem Jahr gewesen, erzählt Christian Schreiner. Für andere Vereine das Ereignis schlechthin, doch in Zandt blieben die Massen aus. ,,Wir haben vor gerade mal hundert Zuschauern gespielt und uns gefragt, wofür wir das eigentlich noch machen." Um zu unterstreichen, ,,dass wir es ernst meinen", trennte sich Zandt schon im Winter von vier Legionären. ,,Wir wollten da schon ein Ausrufezeichen setzen und sind diesen Weg nun konsequent weitergegangen. Wir wollen das Ganze glaubwürdig und transparent machen und nicht nur große Worte verkünden."

Wandel kann seine Zeit brauchen

Auch Ex-Spielertrainer Petr Dvorak, der nun beim FC Furth i. Wald spielt, sei frühzeitig eingeweiht gewesen, sagt Christian Schreiner: ,,Wir hätten ihn gerne behalten, aber wenn man einen Neuanfang macht, dann muss der Chef einfach gehen." Einen Qualitätsverlust nehme man bewusst in Kauf, sagt Schreiner: ,,Einen Petr Dvorak ersetzt in dieser Liga keiner, auch einen Toni Prancl nicht. Da ist uns ganz viel Erfahrung verloren gegangen." Deshalb hänge die sportliche Messlatte erstmal auch deutlich tiefer: ,,Wichtig ist erst einmal, dass wir uns mit unserer neuen Truppe etablieren. Wir rechnen schon damit, dass es bis Weihnachten dauern kann, bis wir uns finden, und sind auf alle Szenarien vorbereitet. Aber unseren jungen Spielern wollen wir Fehler zugestehen, das ist wohl kalkuliert."

Die Bezirksliga sollte der neue Weg aber nicht gleich kosten, deutet Christian Schreiner an: ,,Wir müssen den Spagat bewältigen, so hoch wie möglich zu spielen, den Umbruch zu schaffen und die Leute im Dorf wieder mehr für den Verein zu begeistern. Das ist vielleicht eine größere Aufgabe, als mit der bisherigen Mannschaft die Landesliga anzupeilen, mit der das sicher drin gewesen wäre." Ob eine dann schon überalterte Mannschaft diese gehalten hätte, steht freilich auf einem anderen Blatt, aber zur Not wären dann halt die nächsten Fußball-Gastarbeiter gekommen.

Aus Manager wird ein Zuschauer

Derjenige, der im Hintergrund in all den Jahren die Fäden zog, ist Jürgen Kellner, früher selbst Zweitliga-Fußballer bei Hessen Kassel. Er hat sich nun komplett zurückgezogen. ,,Ich persönlich schätze Herrn Kellner sehr", sagt Christian Schreiner. ,,Wer ihn wirklich kennt, der weiß, dass er sich nicht nur finanziell engagiert hat, sondern mit ganzer Kraft alles für den FC Zandt getan hat. Er war immer bei unseren Entscheidungen dabei und hat von sich aus gesagt, dass er sich komplett rausnimmt. Er arbeitet auch im Hintergrund nicht mehr mit, weil er die Glaubwürdigkeit nicht aufs Spiel setzen will." Aus dem Manager wird künftig also der normale Zuschauer, doch der Verdienst, den Verein aus dem Dornröschenschlaf erweckt zu haben, als die ,,Erste" damals bisweilen in Unterzahl ein A-Klassenspiel hatte beginnen müssen, bleibe: ,,Er hat im Verein ein Umdenken bewirkt hin zur Professionalität. Zandt war ja immer ein A-Klassen-Verein."

Völlig mittellos ist der FC Zandt nun freilich nicht, schließlich kostet auch ein Umbau Geld. Ein Bayernliga-erprobter Christian Faschingbauer oder Miltachs Kreativspieler Fabian Dendorfer sind schließlich nicht irgendwer. ,,Ich habe Gott sei Dank mit dem Finanziellen nichts zu tun, aber im Hintergrund sind viele aktiv, das zu stützen und Sponsoren zu finden. Mittel sind immer noch da, damit wir reagieren könnten."

Ein Hintertürchen etwa, falls es schief gehen sollte? - Mitnichten, sagt Christian Schreiner: ,,Wir wollen das ja nicht mehr, weil wir junge Spieler einbauen wollen. Bisher hatten wir fertige Spieler, Top-Einzelspieler, mit denen wir den größtmöglichen Erfolg einfahren wollten, aber künftig müssen wir die Punkte übers Kollektiv holen." Und ein Faschingbauer sei gewiss nicht des Geldes wegen gekommen, sagt Schreiner: ,,Er war in Blaibach fast mein Nachbar, ich habe ihn von der F- bis zur C-Jugend trainiert. Wenn ich ihn nicht persönlich gekannt hätte, hätten wir ihn nicht gekriegt."

Zandts neue Führungsfigur spricht von ,,persönlichen Verknüpfungen", auf die bei der Suche nach Neuzugängen Wert gelegt worden sei: ,,Wir haben die Spieler nicht willkürlich verpflichtet, sondern darauf geachtet, dass sie sich schon kennen." Faschingbauer oder Dendorfer sind nicht alles: ,,Ich rechne fest damit, dass auch Maximilian Nowack und Sebastian Wagner einschlagen. Sie standen in Cham kurz vorm Sprung in den Landesliga-Kader." Markus Hofstetter, von der SG Silbersee gekommen, ,,beobachten wir schon seit Jahren", so Schreiner. Auch der habe seine Jugend beim ASV Cham verbracht, ebenso übrigens wie der neue Co-Trainer und Jugendleiter Tim Haberl, ein Rötzer, der zuletzt beim Landesligisten SV Etzenricht etwas aus dem Blickfeld des Landkreises verschwunden war. Mit seinen erst 21 Jahren wäre auch der talentierte Haberl eine Top-Verstärkung, sagt Christian Schreiner, allerdings sei aufgrund einer schweren Knieverletzung nicht klar, ob er nochmal angreifen könne. Schreiner selbst, mit seinen 30 Lenzen ja auch noch im besten Fußballeralter, will es aber noch einmal wissen. Auch er musste aufgrund einer Fraktur ein Jahr pausieren. Derzeit arbeite er noch an Fitness und vor allem an Schnelligkeit, sagt der Mittelschullehrer: ,,Wenn ich wieder zu hundert Prozent fit bin, möchte ich zum Konkurrenzkampf in der Mannschaft beitragen." Vor Oktober oder November aber wird es wohl eher nichts.

Den Markt nicht mehr umgegraben

Teil des neuen Konzepts ist auch eine Kooperation mit der JFG Chamer Land, insbesondere mit dem Nachbarklub DJK Vilzing. Diese Kooperationen soll aber nicht auf den örtlichen Marktführer beschränkt sein. Wie lange es dann wohl dauern werde, bis der FC Zandt außerhalb der Vereinsgremien seinen Stempel als Legionärsansammlung los werden könne? - ,,Gerade weil wir den Schnitt so konsequent machen, stoßen wir auf viel Respekt, dass wir diesen harten und steinigen Weg gehen. Klar hat man bei unserer Spielersuche auch gehört, dass der Markt vom FC Zandt umgegraben wird. Aber genau das stimmt ja nicht, weil wir auf diese persönlichen Verknüpfungen geachtet haben." Damit ein Dorf künftig nicht mehr Fußball spielen lässt ...

Aufrufe: 04.7.2015, 09:00 Uhr
Jürgen ZiereisAutor