2024-04-16T09:15:35.043Z

Interview
Ajet Abazi war Spielertrainer des Stadtwerke SV. Weil der Gesamtverein die Fußballabteilung abgemeldet hat, ist Abazi seinen Posten los.  Foto: Siegfried Kerpf
Ajet Abazi war Spielertrainer des Stadtwerke SV. Weil der Gesamtverein die Fußballabteilung abgemeldet hat, ist Abazi seinen Posten los. Foto: Siegfried Kerpf

»Musste den Schock verarbeiten«

Stadtwerke-Trainer Abazi überraschte die Abmeldung der Fußballer +++ Warum er den Verein nicht versteht und wie es nun weitergeht

Das Aus für den Nord-Bezirksligisten Stadtwerke SV Augsburg ist kaum noch abzuwenden, wie Spielertrainer Ajet Abazi im Interview bestätigt. Damit würden nicht nur die bisherigen Ergebnisse gestrichen werden, sondern alle Spieler dürften ablösefrei gehen.

Vergangene Woche wurde bekannt, dass der Stadtwerke SV seine zwei Fußballmannschaften wegen interner Streitigkeiten kurz vor der Winterpause vom Spielbetrieb abgemeldet hat. Wie haben Sie als Spielertrainer des Bezirksliga-Teams davon erfahren?

Abazi: Am vergangenen Donnerstag hat mich Abteilungsleiter Peter Billy darüber informiert. Wir haben uns noch am gleichen Tag getroffen, um darüber zu reden.

Wie war Ihre Reaktion darauf?

Abazi: Erst einmal musste ich den Schock verarbeiten, keiner hatte damit gerechnet. Wir wussten, dass es Unstimmigkeiten gibt, hätten aber nicht damit gerechnet, dass die Abmeldung mitten in der Saison passiert. Die meisten von uns sind davon ausgegangen, dass wir die Saison ordentlich zu Ende spielen. Egal, was passiert.

Wie hat es die Mannschaft erfahren?

Abazi: Ich habe meinen Mitspielern die schlechte Nachricht per Kurzmitteilung überbracht. Am Sonntag haben wir uns dann noch einmal getroffen, und Peter Billy hat letzte Worte an die Mannschaft gerichtet. Auch mein Co-Trainer Mustafa Görmüs und ich haben ein paar Worte gesagt. Aber es war sehr schwierig, den Jungs rüberzubringen, dass es jetzt vorbei ist.

Das heißt, dass Sie davon ausgehen, dass die Abmeldung endgültig ist?

Abazi: Abteilungsleiter Billy hat gesagt, er wird beim Verband wohl keinen Einspruch einlegen. Gegen eine Entscheidung des Vorstandes des Hauptvereins könne man rechtlich wohl eh nicht vorgehen. Wir Spieler sind vorher gar nicht informiert oder gefragt worden. Und unsere Stimme hat beim Verband keinerlei Bedeutung. Es gilt der Beschluss des Hauptvereins.

Was bedeutet das für Sie und Ihre Spieler?

Abazi: Die Jungs werden sich jetzt wohl schnellstmöglich neue Vereine suchen. Da sie super Kerle sind und in der Bezirksliga gespielt haben, bin ich mir sicher, dass sie schnell fündig werden.

Wie sehen bei einer Abmeldung die Regularien aus? Sind Ihre Spieler bei neuen Vereinen sofort spielberechtigt?

Abazi: Laut Regularien ja. Das ist etwas, das ich nicht so recht verstehe. Wenn der Verein die Mannschaften aus dem Spielbetrieb abmeldet, entgehen ihm die Ablösesummen komplett. Laut Verband sind alle Spieler automatisch sofort frei. Das hätte man sicher auch anders machen können.

Die Auflösung der Fußballmannschaften hätte für den Verein also lukrativer gestaltet werden können?

Abazi: Ja, mit Sicherheit. Der Verein hätte uns die Saison zu Ende spielen lassen können. Dann hätte er im Sommer in der Wechselfrist „Juli 2017“ allen Spielern bekannt geben können, dass wir den Verein verlassen sollen, weil er voraussichtlich abgemeldet wird. So hätte man in der Wechselfrist noch pro Bezirksligaspieler zwischen 500 und 1000 Euro bekommen können. Danach hätte man den Spielbetrieb beim Bayerischen Fußball-Verband abmelden können. Zusätzliche Vertragsstrafen vom Verband gibt es obendrein, wenn man den Spielbetrieb mitten in der Saison beendet. Wettbewerbsverzerrung ist es dazu auch noch gegenüber anderen Vereinen, weil all unsere Spiele aus der Wertung genommen werden.

Warum wäre diese Vorgehensweise für den Stadtwerke SV besser gewesen?

Abazi: Ganz einfach, dem Hauptverein entgehen bei insgesamt 40 Spielern (1. und 2. Mannschaft) durch die Ablösesummen sehr viel Geld. Jeder, der im Amateurbereich in Augsburg tätig ist, weiß das.

Dann werden sich die Fußball-Vereine in der Region wohl ziemlich freuen über gestandene Bezirksliga-Spieler zum Schnäppchenpreis.

Abazi: Ja, das ist so.

Haben Sie selbst schon Anfragen?

Abazi: Ja, einige.

Ist das gut fürs Selbstbewusstsein oder eher nicht?

Abazi: Nein, es tut nicht gut. Ich bin niemand, der jedes Jahr Arbeit oder Verein wechselt. Ich bin einer, der gerne länger bei einem Verein bleibt. Bei uns lief es sportlich gut. Wir hatten eine Mannschaft mit Charakter. Ich kannte viele Spieler von vorherigen Mannschaften. Es hat richtig Spaß gemacht.

Wie lange sind Sie schon beim Stadtwerke SV?

Abazi: Seit zweieinhalb Jahren. Wir haben hier viel Erfolg gehabt. In der ersten Saison sind wir gleich von der Kreisliga als Meister in die Bezirksliga aufgestiegen. Wir haben dann die Bezirksliga gehalten. Wir haben geschaut, dass wir immer wieder junge ehrgeizige Spieler in die Mannschaft einbauen und spielen lassen. Es hat einfach gepasst, menschlich und vom Umfeld her. Dank Abteilungsleiter Peter Billy und seiner Frau Herta, die 24 Stunden für den Verein da waren. Sie haben sich immer um alles gekümmert. Für mich und alle Spieler war das hier eine hervorragende Zeit.

Haben Sie etwas von den finanziellen Problemen in der Fußballabteilung mitbekommen?

Abazi: Die finanzielle Situation kann ich nicht beurteilen. Aber ich weiß, dass Spieler auch ohne Fahrtgeld weitergespielt hätten. Natürlich verstehe ich, dass einem Verein hohe Kosten durch Heizung, Strom oder Verbandsabgaben entstehen, aber ein Urteil dazu kann ich mir nicht erlauben. Man muss auch sagen, wir in der Fußballabteilung haben den Namen Stadtwerke in Augsburg und Umgebung gut vertreten.

Haben Sie schon einen Plan, wie es mit Ihnen persönlich weitergeht?

Abazi: Nein, dazu kann ich noch gar nichts sagen. Allerdings spiele ich seit meinem achten Lebensjahr Fußball im Verein und habe das auch halbprofessionell machen dürfen. Davon komme ich nicht ganz weg, trotz Familie und drei Kindern. Wenn ich nicht auf dem Fußballplatz bin, fühle ich mich unwohl. Da fehlt mir etwas. Deshalb werde ich nach der Winterpause wohl mit Sicherheit woanders tätig sein.

Zur Person

Ajet Abazi, 40, war seit Sommer 2014 als Spielertrainer des Stadtwerke SV tätig. Für den dreifachen Familienvater mit mazedonischen Wurzeln war es die vierte Trainerstation nach dem BCA Oberhausen, Türkspor Augsburg und SC Bubesheim. Nur als Spieler war er außerdem für den FC Augsburg (Regionalliga), Schwaben Augsburg (Bayernliga), TSV Crailsheim (Oberliga Baden-Württemberg) und die TSG Thannhausen (Landesliga) aktiv.

Aufrufe: 030.11.2016, 09:22 Uhr
Augsburger Allgemeine / Andrea BogenreutherAutor