2024-05-10T08:19:16.237Z

Testspiel
Jahn-Kapitän Horst Eberl schüttelt 1968 vor dem Pokalspiel Franz Beckenbauer die Hand.  Foto: Eberl
Jahn-Kapitän Horst Eberl schüttelt 1968 vor dem Pokalspiel Franz Beckenbauer die Hand. Foto: Eberl

Momente, die im Kopf bleiben

Der FC Bayern kommt nach Regensburg +++ Aktuelle und ehemalige Spieler des SSV Jahn erzählen, wie es ist, gegen die Weltstars anzutreten

Mario Stieglmair weiß es noch ganz genau. In der 25. Minute kommt er in der eigenen Hälfte an den Ball. Der Innenverteidiger des SSV Jahn Regensburg passt ihn weiter und leitet damit einen schnellen Konter ein. Weil er selbst "immer auch offensiv gedacht" hat, wie er erzählt, rennt er gleich mit nach vorn. Etwa 20 Meter vorm Tor kommt er wieder an die Kugel und hämmert sie rechts oben in die Kiste. Ein unhaltbarer Schuss? Natürlich, meint der Österreicher und setzt nach einem Schmunzeln hinzu: "Da hat der Herr Oliver Kahn keine Chance mehr gehabt."

Am 28. Juli 2003 war es, als Stieglmair, damals 27 Jahre alt, mit seinem SSV Jahn den großen FC Bayern München zu einem Freundschaftsspiel empfing. Die Regensburger waren gerade in die 2. Liga aufgestiegen. Dementsprechend herrschte in der Domstadt bereits Fußball-Euphorie. Das Gastspiel der Bayern - mit Stars wie Michael Ballack, Giovane Elber und Mehmet Scholl - war das Sahnehäubchen in diesem Sommer, auch für die Jahn-Spieler.

,,Es ist wirklich cool"

,,Diese Partie bleibt dir immer im Kopf drin", sagt Stieglmair. Das Erlebnis, vor ausverkauftem Haus gegen den Weltklub anzutreten, sei ihm eine seiner liebsten Erinnerungen an die Fußballerzeit, auch wenn es nur ein Freundschaftsspiel war. ,,Denn da dabei zu sein ist ein geiles Gefühl, es ist wirklich cool." Noch dazu, weil der Jahn nicht zuletzt durch Stieglmairs Tor ein 2:2-Unentschieden erkämpfte.

Die Erfahrung, gegen die Bayern zu spielen, dürfen nun auch die aktuellen Jahn-Spieler machen. Am Donnerstag um 19 Uhr (Sport1 live) treten die Münchner zu einem Testspiel in der neuen Regensburger Continental-Arena an. Zwar ist der Kader von Trainer Pep Guardiola wegen der anstehenden Länderspiele ausgedünnt, der eine oder andere Star wie etwa Weltmeister Philipp Lahm könnte sich aber dennoch in der Oberpfalz präsentieren.

Im Kader der Regensburger wird einer stehen, der schon zum zweiten Mal gegen die Bayern antritt: Oli Hein. Der Außenverteidiger spielte auch 2012, als die Bayern dem Jahn in der ersten Runde des DFB-Pokals zugelost worden waren. ,,Wir haben es damals gut gemacht, es war ja auch ein Pflichtspiel", erinnert sich Hein.

Lange habe der Jahn nur knapp mit 0:1 zurückgelegen, erst in der Schlussphase kamen die Bayern zu drei weiteren Treffern. Die Klasse der Münchner erkennt Hein neidlos an: ,,Technisch und taktisch sind die perfekt. Du kommst fast nicht an den Ball." Als ,,spannende Sache" beschreibt auch sein Teamkollege Sebastian Nachreiner ein Spiel gegen den Weltklub, ,,in der Liga kommst du schließlich nicht zu diesem Vergnügen". Der momentan verletzte Innenverteidiger stand 2012 ebenfalls mit auf dem Platz. ,,Die machen alle durch die Bank keinen Fehler. Man ist dauernd am Hinterherrennen", erzählt er. Nachreiners Gegenspieler war Stürmer Mario Mandzukicz, der dafür bekannt ist, hart zur Sache zu gehen. Der Regensburger hat das zu spüren bekommen: ,,Ja, der hat mich damals zwei mal richtig erwischt, es ist ja auch um was gegangen."

Ebenfalls ein Pokalspiel gegen die Bayern, nur schon etwas länger her, erlebte Horst Eberl. Der war 1968 Kapitän der Jahn-Elf, die nach Verlängerung mit 1:4 verlor. Vor nicht weniger als 25000 - so viele wurden damals noch ins Jahn-Stadion gelassen - Zuschauern. Als Regensburger Spielführer schüttelte Eberl seinem Münchner Kollegen, einem gewissen Franz Beckenbauer, vor der Partie beim Wimpeltausch die Hand. ,,Obwohl er jünger war als ich, war er natürlich schon ein Idol für mich", erinnert sich der damals 24Jahre alte Eberl an den damals 22-jährigen Beckenbauer.

,,Hab' sie ein bisserl unterstützt"

Als das Spiel lief, legten die Regensburger ihren Respekt aber schnell ab, gingen sogar mit 1:0 in Führung und konnten bis Ende der zweiten Halbzeit ein 1:1 halten. Erst in der Verlängerung wurde es mit drei weiteren Treffern der Münchner deutlich. Wobei auch Eberl zum kleinen Kreis von Jahn-Akteuren gehört, die in Spielen gegen den FC Bayern einen Treffer erzielten, nur leider ins eigene Tor. ,,Ich hab' die Bayern ein bisserl unterstützt, sonst hätten sie's nicht geschafft", erzählt er mit einem Lachen.

Doch nicht nur für Spieler, auch für die Schiedsrichter ist es eine herausragende Erfahrung, ein Spiel der Bayern zu leiten. Andreas Allacher, mittlerweile Bezirksobmann der Oberpfälzer Schiedsrichter, pfiff 1998 ein Testspiel der Bayern beim SSV Jahn - und erinnert sich gerne daran: ,,Natürlich ist das auch für uns Schiedsrichter ein echtes Erlebnis, einmal mitten unter diesen Stars auf dem Platz zu stehen."

Beim Umgang mit diesen ist es Allacher zufolge übrigens ganz wie im richtigen Leben, es gebe verschiedene Typen: ,,Auch bei den ganz großen Klubs gibt es Spieler, die wirklich Kumpel-mäßig auftreten. Der Mehmet Scholl war etwa so einer. Es gibt aber auch welche, die sich den Star raushängen lassen."

Für einen Referee sind Freundschaftsspiele vor vollem Haus Allacher zufolge übrigens relativ knifflig: ,,Du solltest hier als Schiedsrichter absolut im Hintergrund agieren. Statt ganz konsequenter Regelauslegung ist es da besser, andere, sagen wir mal intelligente Lösungen zu finden."

Aufrufe: 02.9.2015, 18:16 Uhr
Jürgen ScharfAutor