2024-05-08T14:46:11.570Z

Interview
Peter Mörth, Sportlicher Leiter des FV Ravensburg, hier im Gespräch mit SZ-Redakteur Alexander Tutschner, will die Verantwortung beim Fußball-Oberligisten auf mehrere Schultern verteilen. Foto: Thorsten Kern
Peter Mörth, Sportlicher Leiter des FV Ravensburg, hier im Gespräch mit SZ-Redakteur Alexander Tutschner, will die Verantwortung beim Fußball-Oberligisten auf mehrere Schultern verteilen. Foto: Thorsten Kern
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Mörth: "Die Klasse zu halten ist nicht mein Anspruch"

Der Sportliche Leiter Peter Mörth über die aktuelle Lage beim Fußball-Oberligisten FV Ravensburg und die Zukunft

Ravensburg / at/tk - Für den FV Ravensburg beginnt am 18. Februar die Rückrunde in der Fußball-Oberliga. Im Interview mit Alexander Tutschner und Thorsten Kern spricht der Sportliche Leiter Peter Mörth über die bisherige Saison und das Ziel Regionalliga.

Herr Mörth, der FV steht auf Platz vier in der Oberliga, wie sind Sie mit der Hinrunde zufrieden?

Wir hatten vor der Saison einen größeren personellen Umbruch, wir wussten nicht, wie schnell wir das hinbekommen. Die Mannschaft hat sich aber früh gefunden und ist extrem gut gestartet. Aber, was ich seit Langem sage, die Konstanz ist das Wichtigste, daran arbeiten wir immer noch. Wir haben uns auch diesbezüglich verbessert, wir verlieren nicht mehr so oft wie früher, wenn es nicht so läuft. Die Mannschaft ist reifer geworden, aber neun Unentschieden sind natürlich zu viel. Es gab keinen Gegner, der uns dominieren konnte, mit Platz vier sind wir zufrieden. Ich glaube, die Mannschaft kann sich noch weiter verbessern, wir haben noch Potenzial.

Was ist in der Rückrunde noch drin, kann der FV Bissingen und Freiburg II noch abfangen?

Nur wenn wir gut starten und die anderen Anlaufschwierigkeiten haben. Die Top-Teams sind nicht besser, aber vielleicht etwas konstanter. Wir haben noch alle direkten Vergleiche gegen die Spitzenmannschaften. Bei noch 45 zu vergebenen Punkten ist noch alles möglich. Wir haben auch die drei Punkte vom Spielbergspiel noch nicht aufgegeben.

Wie ist der aktuelle Stand in Sachen Haselnussaffäre?

Wir hatten am vergangenen Freitag erneut eine Verhandlung in Stuttgart, wir haben unsere Sicht noch mal deutlich gemacht. Der Spielabbruch war unserer Meinung nach überzogen, wir hoffen, dass das Gericht dahingehend entscheidet, dass wir eine höhere Strafe, aber dafür ein Wiederholungsspiel bekommen.

Ihr Fanclub Blue-White Supporters hat seit der Aktion Stadionverbot, wird es irgendwann aufgehoben?

Ich werde mich den Jungs nicht verschließen. Sie wissen, dass sie in Spielberg einen Fehler gemacht haben. Wir möchten Fans haben, die unsere Mannschaft anfeuern, aber sich nicht gegen den Gegner oder den Schiedsrichter wenden. Das Gespräch mit dem Fanclub steht noch aus. Zwei Mitglieder waren bei der Verhandlung in Stuttgart dabei, wo sie sich sehr einsichtig gezeigt haben. Es wird sicher Richtlinien geben, unter welchen Voraussetzungen wir das Projekt weiter unterstützen. Dazu gehört auch ein Fanbeauftragter. Wir möchten auch dem WFV gegenüber dokumentieren, dass wir mit diesem Fall nicht einverstanden waren.

Mit Steffen Wohlfarth hat ein wichtiger Spieler lange gefehlt ...

Er ist eine tragende Säule, er macht oft Tore und setzt Zeichen auf dem Feld. Vor allem von seiner Ausstrahlung her ist er ganz wichtig. Er interessiert sich außerdem für die Belange hinter den Kulissen beim FV, ich denke, das wird der Mann sein, der mich einmal beerbt. Es gibt diesbezüglich Gespräche. Das hängt natürlich davon ab, wie lange er noch spielen möchte. Sein Traum ist, noch mal mit dem FV Regionalliga zu spielen.

Meinen Sie, das wäre in vier bis fünf Jahren möglich?

Das würde mir ehrlich gesagt zu lange dauern. Wir wollen den Druck zwar nicht zu sehr aufbauen, aber intern haben wir uns dieses Ziel schon gesteckt. Dazu brauchen wir aber auch die Stadt, die das Ganze noch nicht so mitträgt. Wir schaffen aber gerade die Voraussetzungen, wir arbeiten an der Struktur und am Team. Trainer, Mannschaft und Vorstände wollen bei uns den Erfolg, das ist die Grundvoraussetzung. Für mich als Sportlicher Leiter ist der Aufstieg das Ziel, die Klasse zu halten ist nicht mein Anspruch. Und ich habe mit dieser Einstellung im Verein schon viele angesteckt.

Wo sind beim FV derzeit die größten Baustellen?

Wir sind dabei, die Arbeit auf mehrere Schultern zu verteilen. Roland Reischmann, wichtigster Mann im Verein und nicht zu ersetzen, und ich sind zeitlich zu sehr eingespannt. Deshalb haben wir den Vorstand schon erweitert mit Norbert Martin, der sich um unsere Finanzen kümmert, und Oliver Schneider, der uns in Rechtsfragen hilft und als Gemeinderat das Bindeglied zur Stadt ist. Auch unser Aufsichtsrat hat mit Hubert Deutsch Zuwachs bekommen. Das alles sind klasse Leute, wir sind jetzt dabei, ein Organigramm zur Arbeitsverteilung zu erstellen.

Wie sieht es mit Ihnen persönlich aus?

Ich würde mich gerne ausschließlich um den Sport kümmern. Im Verein tun sich ja jeden Tag neue Baustellen auf, alles andere sollte so organisiert sein, dass ich am Samstagnachmittag als Zuschauer kommen kann.

Mit Albert Wasmeier (Rafi), Helmut Locher (Cteam), Frank Kottmann (CHG), Arndt Giesser (BW-Bank) und jetzt Hubert Deutsch (Liebherr) haben Sie mittlerweile einen namhaften Aufsichtsrat, der soll sicher auch bei der Gewinnung von Sponsorengeldern helfen?

Sie öffnen uns Türen. Wenn Geschäftsleute dieser Größenordnung hinter unserer Sache stehen, ist es einfacher, Gespräche zu führen. Wir bekommen neue Ideen und Netzwerke, es entwickelt sich etwas, was mich positiv stimmt. Klar kämpft der FV immer ums Geld, wir haben in den letzten Jahren aber auch einiges an Verbindlichkeiten abgebaut.

Im WFV-Pokal kann der FV seinen Titel verteidigen ...

Für uns sind die Pokalspiele immer ein Höhepunkt. Unsere Jungs haben letztes Jahr gespürt, was es bedeutet, diesen Titel zu gewinnen. Man ist im Fokus, jeder ist stolz im Umfeld, es entwickelt sich dann eine Gier danach. Unsere Mannschaft schafft es immer extrem gut, sich auf ein K.o.-Spiel zu fokussieren.

Den Etat für die Oberliga oder gegebenenfalls für die Regionalliga zu stemmen, dürfte dennoch immer ein Kraftakt sein ...

Wir liegen derzeit bei einem Etat von etwa 650000 Euro. Wir planen unser Budget über vier oder fünf Jahre und machen nichts, was nicht abgesichert ist, was wir nicht verantworten könnten. Das ist uns auch als angesehene Geschäftsleute wichtig. Für die Regionalliga müssten wir 30 bis 40 Prozent draufpacken und würden schon etwa bei einer Million liegen. Der SSV Ulm hat in der Regionalliga einen Etat von 1,7 Millionen Euro. Wir haben das Glück, dass wir in der Region konkurrenzlos sind, die besten Spieler wollen bei uns spielen.

Apropos: In Alexander Klotz haben Sie den Torjäger vom Landesligisten FC Ostrach (11 Tore in 16 Spielen) geholt, was versprechen Sie sich von ihm?

Er hat in den letzten Jahren überragend in der Landesliga gespielt. Es ist ideal für uns, wenn wir solche Spieler in der Region finden. Er wird seine Anlaufzeit benötigen, um sich an das Tempo in der Oberliga zu gewöhnen. Der Junge ist frech auf dem Platz, ich hoffe, dass er über seine Einsätze den Durchbruch schafft.

Laufen bereits die Planungen für die neue Saison?

Ja, denn die Verträge der meisten Spieler laufen aus. Die Gespräche beginnen jetzt, wir wollen den Großteil der Mannschaft halten. Zwei, drei neue Spieler, die uns in der Spitze verstärken, wären unser Wunsch. Für Spieler und Verein ist wichtig, dass wir möglichst bald Planungssicherheit haben.

Sind die Verhandlungen mit den Spielern schwierig?

Die Spieler haben nur einmal im Jahr die Chance zu verhandeln, klar, dass sie das auch machen. Sie wissen aber, dass wir nur Angebote machen, die wir verantworten können. Wir haben keine unverschämten Spieler dabei. Für uns ist es Ehrensache, uns an die Vereinbarungen zu halten.

Ist beim FV mal wieder ein Jahrgang wie der 91er in Sicht?

Einen goldenen Jahrgang sehe ich nicht. Die Jugendspieler, auch im Umland, werden weniger, es gibt immer mehr Spielgemeinschaften. Es ist für unseren Jugendleiter Wolfgang Grünhagel ein enormer Kraftakt, jedes Jahr für unsere höherklassigen Jugendteams schlagkräftige Truppen aufzustellen. Die Spieler kommen teilweise bis aus Ulm. In den Oberliga-Teams (A- und C-Jugend) geht es für uns nur um den Klassenerhalt. Grundsätzlich wollen wir nicht, dass sich die erste Mannschaft immer weiter von der U19 entfernt. Mit Felix Schäch und Marcel Fetscher haben zuletzt aber zwei Spieler direkt den Sprung aus der Jugend in den Oberliga-Kader geschafft.

Ist der Ex-Kapitän Ralf Heimgartner noch ein Thema für den FV?

Ja, wir sind nach wie vor in Kontakt, aber an seiner beruflichen Situation hat sich nichts geändert. Momentan laufen die Planungen ohne ihn. Vielleicht kann er irgendwann über die U23 wieder einsteigen.

Wie sieht es mit der Weiterentwicklung der Infrastruktur aus?

Wir brauchen zunächst mal eine neue Flutlichtanlage. Was wir aber vor allem anpacken wollen, ist der Bau eines neuen Vereinsheims mit Räumen für die Jugend, für die VIP-Gäste und die Gastronomie. Der Verein braucht ein Herz. Momentan haben wir nur einen Kultraum (lacht). Wir möchten einen Raum haben, wo wir vernünftig mit Sponsoren reden können. Und dass die Jugendspieler und die Eltern eine Anlaufstelle haben. Das Ganze soll ein eigenes Projekt sein, das sich trägt, wir wollen dem Verein ja keine Last aufbürden. Die Ideen sind da, aber noch nicht ganz ausgereift.

Zur Person

Peter Mörth kam 1981 als aktiver Fußballer zum FV Ravensburg, mit wenigen Unterbrechungen ist er seither dem Oberligisten treu geblieben. Seit neun Jahren ist Mörth im Vorstand des FV. Wenn die Last künftig auf mehrere Schultern verteilt wird, dann stellt sich der 55-jährige Geschäftsführer von drei Firmen aus der Baubranche bei der Hauptversammlung in diesem Jahr wieder zur Wahl.

Aufrufe: 018.1.2017, 16:41 Uhr
Schw�bische Zeitung / Von Alexander Tutschner und Autor