2024-04-23T13:35:06.289Z

Analyse
Seine Zeit in Königsblau läuft ab. Maximilian Fiedler wird den SC Ichenhausen im Sommer verlassen.    F.: Walter Brugger
Seine Zeit in Königsblau läuft ab. Maximilian Fiedler wird den SC Ichenhausen im Sommer verlassen. F.: Walter Brugger

Mit Teamgeist gegen die Bindungsangst

Der SC Ichenhausen und das Problem, gute Spieler zu locken und zu halten +++ Verantwortliche sehen den Verein aber fit für die Zukunft

Rein sportlich betrachtet, befindet sich der Landesligist SC Ichenhausen in einer beneidenswert komfortablen Position. 34 Punkte haben die Königsblauen in 19 Begegnungen gesammelt. Das reicht in der Zwischenbilanz zu Tabellenplatz sechs. Wenn seine Mannschaft den bis zum Schluss halten könnte, wäre es für Trainer Oliver Schmid „ein Superergebnis“.

Wenn es immerhin zu einer einstelligen Position reichen sollte, wäre der Coach „zufrieden“. Aber ein Saisonende ist im Sport nur der Anfang von etwas Neuem und deshalb haben sie beim SCI die Winterpause dazu genutzt, möglichst langfristig zu planen. Oberste Priorität hatte dabei sportliche und wirtschaftliche Vernunft. Direkt anschließend kam der feste Vorsatz: Die Landesliga soll auch in Zukunft die sportliche Heimat der Königsblauen sein.

Dafür braucht’s natürlich zu allererst das nötige Material in Form guter Spieler. In direkter Nachbarschaft ist da wenig zu finden. Und Schmid hat in den Gesprächen der vergangenen Wochen wieder einmal erlebt, wie schwer es ist, Talente aus dem Raum Augsburg in die Mitte des Landkreises Günzburg zu lotsen und sie in einem zweiten Schritt langfristig zu binden. Die jungen Leute scheuen mehr und mehr den zeitlichen und teilweise auch den athletischen Aufwand, lässt er anklingen – nicht vorwurfsvoll, nur als Beobachtung. Dasselbe Problem ergebe sich bei Spielern, die derzeit für die Königsblauen kicken, ihren Lebensmittelpunkt aber in der Bezirkshauptstadt haben. Beispiel Maximilian Fiedler. Der 24-jährige ist unumstrittener Leistungsträger im Mittelfeld der Ichenhauser. Aber er wird den Verein im Sommer verlassen. Schmid bedauert das sehr, äußert aber auch Verständnis: „Er wohnt und arbeitet in Augsburg und dann liegt es gar nicht daran, dass er keinen Spaß bei uns hätte. Der Aufwand, ständig hin- und her zu pendeln, ist halt sehr groß.“

Der SCI-Trainer argwöhnt, dass sich der eine oder andere Kicker aus dem Kader Fiedler anschließen wird. Doch Schmid ist Optimist genug, um in dieser Lage Positives zu erkennen: „Das gibt einem Verein auch die Chance zur Blutauffrischung“, sagt er.

Genau diese Möglichkeit nutzten die Ichenhauser über die Spielpause schon mal, um Yannick Komm in den Landesliga-Kader einzubauen. Er gilt als talentierter Perspektivspieler für die kommenden Jahre und kommt noch dazu aus dem eigenen Nachwuchs. Einen ersten Neuzugang für die nächste Runde haben die Ichenhauser ebenfalls schon: Der viel versprechende Defensivspezialist Maximilian Ocker kommt im Sommer vom VfR Jettingen. Mit diesen beiden Personalentscheidungen unterstreichen die Ichenhauser ihre Ambitionen, die wenigen in der Region zu findenden echten Talente zu verpflichten und fußballerisch zu entwickeln.

An Ideen, die vorhandenen Asse im Kader möglichst lange im Hindenburgpark zu halten, mangelt’s den Königsblauen unterdessen nicht. Beispiel Martin Wenni: Er bildet künftig mit Schmid zusammen ein Trainerteam (wir berichteten), in dem sich, wenn alles nach Plan läuft, zwei Kompetenzen ergänzen werden. Der Chefcoach sagt zur angedachten Aufteilung: „Während ich meine Erfahrung einbringe, soll Wenni neue Reizpunkte setzen und so für Schwung sorgen.“

Ein wichtiger Punkt im Konzept der Ichenhauser ist und bleibt ohnehin der menschliche Faktor. „Ordentlichen Teamgeist über Jahre hinweg“ nennt Schmid als Vorzug gegenüber manchem Mitbewerber. Klar ist darüber hinaus freilich, dass ohne Geld engagierter Amateurfußball undenkbar ist. Weil Mangel erfinderisch macht, probieren es die Königsblauen in der nun anstehenden Frühjahrsrunde mit neuen Anstoßzeiten: Alle Heimspiele werden am Samstagnachmittag angepfiffen. Es ist ein Versuch, wie der Sportliche Leiter Rudi Schiller betont: „Ich wollte probieren, wie das angenommen wird. Nach der Saison schauen wir dann, wie wir das in Zukunft angehen werden.“

Doch das Vorhaben, den Verein fit für die Zukunft zu machen, geht weit über die Spielfeldkreide hinaus. Vor einigen Tagen trafen sich bereits vorhandene und mögliche neue Unterstützer zu einer Ideenkonferenz. Im Umfeld sei zuvor „einiges eingeschlafen, keiner hat was gemacht“, führt Schiller gewohnt kernig aus. Umso begeisterter reagierte er, als sich in der Versammlung etwa 20 Personen fanden, die sich fortan verstärkt einbringen möchten. Eine herausgehobene Position unter all diesen Helfern nimmt nach wie vor Jürgen Conzelmann ein. Der Unternehmer zog jahrelang die Fäden beim SCI und blieb den Königsblauen trotz seines Rückzugs aus dem operativen Geschäft so eng verbunden, dass Schiller bekennt: „Wir sind heilfroh, dass er seit vielen Jahren ein großer Sponsor ist. Und er wird es auch bleiben.“

Bleibt die Frage nach konkreten sportlichen Visionen. Je länger sich der SC Ichenhausen im oberen Tabellendrittel der Landesliga aufhält, desto stärker hoffen Fans und Sponsoren auf den Sprung nach oben. Hier allerdings setzt Schiller nach wie vor ein Stoppschild und sagt: „Das werden wir uns nicht leisten können.“

Aufrufe: 03.3.2017, 21:04 Uhr
Günzburger Zeitung / Jan KubicaAutor