2024-05-17T14:19:24.476Z

Ligavorschau
Markus Schubert. Foto: Robert Michael
Markus Schubert. Foto: Robert Michael

Mit 17 ins Dynamo-Tor

Gegen Münster steht Markus Schubert im Tor. Jünger war bisher kein Dynamo-Spieler. Dabei sollte er gar nicht bleiben.

Auf diese Frage hatte Uwe Neuhaus gewartet, regelrecht gelauert. Noch bevor die Frage zu Ende formuliert war, wer denn gegen Preußen Münster im Tor stehen würde, platzte es aus ihm heraus: „Schubert.“ Nicht nur die Personalie an sich ist eine höchst bemerkenswerte, sondern auch die Tatsache, dass Dynamos Trainer vor einem Spiel ein Detail der Aufstellung verrät.

Doch wenn ein 17-Jähriger seine Profi-Premiere feiert, kann man schon mal mit Traditionen und Vorsätzen brechen. Schubert ist an diesem Sonnabend exakt 17 Jahre, 5 Monate und 16 Tage alt – und damit der jüngste Spieler in der Geschichte der ersten Dynamo-Mannschaft. Den Rekord hält bisher Uwe Jähnig, der 1987 allerdings 18 Tage älter war.

Bereits Anfang der Woche hatte Neuhaus seinem Debütanten mitgeteilt, dass er im Spitzenspiel gegen den Tabellendritten im Tor stehen wird. Er sollte sich an den Gedanken gewöhnen, vor 28 000 Zuschauern aufzulaufen. „Vielleicht hat er im Traum ja schon einige spektakuläre Bälle pariert“, meinte der Trainer mit einem Augenzwinkern.

Schubert war Anfang der Saison als Nummer drei hinter Janis Blaswich und Patrick Wiegers in den Profikader aufgerückt, spielte aber weiterhin vor allem mit der A-Jugend in der Regionalliga. Als sich Wiegers Ende August am Knie verletzte, saß der Rotschopf zunächst für drei Spiele auf der Bank. Beim Duell gegen den Halleschen FC wärmte er sich erstmals vor den eigenen Fans im vollen Stadion auf. „Da war ich schon aufgeregt“, erzählte er rückblickend in einem Gespräch mit der SZ Mitte Oktober. Aktuellere Aussagen gibt es nicht, es herrscht striktes Interview-Verbot. Das gilt auch nach seinem Debüt – unabhängig von seiner Leistung.

WM in Chile statt 3. Liga

Der Verein will seinen jüngsten Profi schützen. Und im Oktober sollte er zur U17-WM nach Chile fliegen. Deshalb verpflichteten die Schwarz-Gelben mit Jeff Kornetzky einen vierten Keeper. Als sich auch noch Blaswich verletzte, stand der Franzose plötzlich tatsächlich im Kasten. Überzeugen konnte er jedoch nicht. Als er im Sachsen-Duell gegen Aue einen Eckball durch die Hände gleiten ließ, bemerkte MDR-Experte Jörg Emmerich bei der Live-Übertragung: „Ich weiß nicht, wie gut der 17-Jährige auf der Bank ist, aber eigentlich müsste man den jetzt bringen.“

Neuhaus begründete den Wechsel bei der obligatorischen Pressekonferenz am Freitag mit „ein paar Unsicherheiten“ von Kornetzky. Vielmehr soll es aber wohl eine Belohnung sein für den Teenager und ein Signal an die Fans: Dynamo setzt auf die eigene Jugend. Schickt Neuhaus gegen Münster – mit Ausnahme des Torhüters – die gleiche Startelf wie gegen Aue auf den Platz, wäre Schubert neben Marvin Stefaniak der einzige Spieler aus der Region.

Nicht nur das. Vor einigen Monaten stand er noch als Fan im K-Block. Und im Internat beim SC Riesa schlief er in Dynamo-Bettwäsche. Solche Geschichten kommen gut an. Und wenn er dann noch ein Angebot von RB Leipzig ablehnt, ist alles perfekt. „Klar hätte ich dort vielleicht mehr Geld bekommen, aber im Nachwuchs sollte die Entwicklung im Vordergrund stehen“, erklärte er vor einem Monat.

Das Fußballspielen lernte Schubert bei Lok Nossen, 2011 wechselte er von Riesa nach Dresden. Bei Dynamo wäre seine Karriere aber beinahe schon wieder beendet gewesen, bevor sie richtig begann. Der damalige Nachwuchsleiter legte ihm einen Abschied nahe, doch dann wurde er für die Sachsenauswahl nominiert und später für die DFB-Junioren.

„Mein Ziel ist die Bundesliga“, sagte der 1,84 Meter große gebürtige Freiberger selbstbewusst, der noch einen Vertrag bis 2018 besitzt. Wenn alles glatt läuft, könnte es also ... Doch so glatt läuft es fast nie im Sport – bei einem Verein nicht und nicht bei einem Spieler. Das gilt auch für Schuberts Debüt. „Er soll einfach sein Spiel machen“, sagt Neuhaus, grinsend ergänzt er: „Und natürlich die Null halten.“

Er erwarte nichts Besonderes, etwa, dass Schubert das „zuletzt beinahe perfekte Aufbauspiel von Blaswich“ kopiert. „Dass er mit seinen 17 Jahren noch nicht fertig ist in seiner Entwicklung, ist doch klar“, meint Neuhaus. „Aber er hat das Potenzial für die 3. Liga.“ Am Sonnabend kann er das erstmals beweisen. Sportdirektor Ralf Minge ist optimistisch: „Wir haben ihn doch im Sommer nicht als Alibi zur Nummer drei gemacht“, erklärte er.

Giuliano Modica muss sich, die Freundschaftsspiele mal nicht mitgerechnet, bereits auf den dritten Torhüter in dieser Saison einstellen. „Aber das ist kein Problem“, sagt der Innenverteidiger, „selbst wenn er erst 17 ist. Wir werden ihn wie die anderen Keeper ordentlich pushen.“ Zuspruch kann der Debütant sicher gebrauchen.

Aufrufe: 028.11.2015, 08:49 Uhr
SZ / Daniel KleinAutor