2024-04-24T13:20:38.835Z

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Weiterhin in der dritten Liga unterwegs: Michael Hohnstedt
Weiterhin in der dritten Liga unterwegs: Michael Hohnstedt

Michael Hohnstedt, der bodenständige Fußballprofi

Die Geschichte eines Talentes, das aus Varl auszog, um Profi zu werden und es in die dritte Liga schaffte - und irgendwann zurückkehren möchte

Aufregende Wochen liegen hinter Michael Hohnstedt. Im Frühjahr gab der VfL Osnabrück bekannt, den Vertrag mit dem 29-Jährigen nicht zu verlängern. Was folgte war eine emotionale Achterbahnfahrt für den in Wagenfeld lebenden Fußballprofi. „Das war zunächst natürlich ein Schlag ins Gesicht“, gibt Hohnstedt, der bei Union Varl mit den ersten Dribblings und Torschüssen begann und dort bis heute viele Freunde hat, offen zu.
Zwar sei die Entscheidung nachvollziehbar, weil sich im Kader jüngere Spieler mit laufenden Verträgen auf vergleichbaren Positionen befänden, dennoch war die Enttäuschung bei Hohnstedt groß. „Ich kann diese Entscheidung akzeptieren. Aber wenn man die Reaktionen der Fans gesehen hat, kann man schon sagen, dass sie mich gerne weiter in Osnabrück gesehen hätten“, betont Hohnstedt, der an der Bremer Brücke wegen seines unermüdlichen Einsatzes nicht nur den Spitznamen „Kampfschwein“ bekam, sondern auch zum Publikumsliebling avancierte.
„Ich denke schon, dass mich die Fans gerne weiter in Osnabrück gesehen hätten“
Seit einer Woche steht jetzt fest, was schon längere Zeit gemunkelt wurde. In der kommenden Saison schnürt Hohnstedt wieder für den Verein die Fußballschuhe, für den er bereits von 2011 bis 2013 unter Vertrag stand: Die Sportfreunde Lotte. „Es ist natürlich ein Unterschied, ob man vor 10000 Zuschauern spielt oder vor 2000. Dennoch ist dieser Vertrag bei Lotte für mich so etwas wie ein Sechser im Lotto. Zumal ich das Umfeld immer noch sehr gut kenne“, erklärt Michael Hohn-stedt. Für den Wagenfelder sei der neue Vertrag eine Win-Win-Situation, denn im Gespräch mit ihm wird schnell klar, wie wichtig ihm seine heimatlichen Wurzeln sind.
Der gebürtige Sielhorster begann seine ersten Schritte im „United-Park“ der Spvg. Union Varl. Bereits hier entstanden Freundschaften, die bis heute erhalten geblieben sind. „Mein erstes Vorbild war Patrick Spreen. Er hat mir gezeigt, wie Fußball gespielt wird. Bis heute verbindet uns eine enge Freundschaft. Und diese Freundschaften sind mir sehr, sehr wichtig“, unterstreicht Hohnstedt, der Spreen übrigens noch immer in jeder Saison mit einem aktuellen Trikot ausstattet.
„Ich bin eben ein Landkind, und echte Freundschaften haben hier noch einen Wert. Das sind keine Schulterklopfer, sondern gerade dann für dich da, wenn es vielleicht mal nicht so rund läuft“, ergänzt der bodenständige Profi. Unvergessen bleibt ihm, wie sich seine Kumpels zu Zeiten, als Hohnstedt beim VfL Lübeck spielte, auch schon mal mit 20 Mann auf den Weg in die Hansestadt machten, um ihn zu unterstützen.
Nach den ersten Schritten in Varl ging es für den talentierten Linksfuß zum VfB Fabbenstedt und FC Preußen Espelkamp, ehe der erste große Wechsel zu Arminia Bielefeld folgte. Bis dahin immer im Schlepptau: Christian Gieselmann, Hohnstedts Cousin. Bei den Arminen stand er dann kurz vor dem Sprung zu den Profis. In dieser Zeit schaffte Hohnstedt übrigens auch den Sprung in die Jugend-Nationalmannschaft, in der er auf die damaligen Talente Jerome Boateng, Mesut Özil und Benedikt Höwedes traf. Eine Anekdote aus dieser Zeit hat Michael Hohnstedt nicht vergessen: „Ich habe meine Ausbildung bei Kolbus gemacht, als Chefcoach Thomas von Heesen in der Berufsschule anrief. Ich solle umgehend zum Training kommen. Das war schon etwas kurios.“
„Thomas von Heesen hat in der Berufsschule angerufen, ich solle umgehend zum Training kommen“
Fünf Wochen trainierte er in Bielefeld bei den Profis mit, ehe zwei Muskelbündelrisse einen kleinen Bruch in die Karriere brachten. „Es waren eigentlich die beiden einzigen schweren Verletzungen, die ich in meiner Laufbahn hatte. Aber sie kamen zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Als ich wieder fit war, war nicht mehr von Heesen Trainer, sondern Ernst Middendorf, und der hat nicht unbedingt auf junge Spieler gesetzt.“
Was folgte war die Abnabelung aus Ostwestfalen. Er wechselte zum VfB Lübeck. „Nach acht Jahren bei Arminia Bielefeld war das der richtige Schritt. Vor allem für mich als Mensch war der Wechsel wichtig, denn dort musste ich auf eigenen Beinen stehen“.
Im Jahr 2011 wechselte Hohnstedt zum ersten Mal zu den Sportfreunden, und dort gab es im zweiten Jahr die Krönung. Lotte wurde Regionalliga-Meister, doch der Sprung in die dritte Liga klappte nicht. Erstmals stand Hohnstedt ein Verein im Weg, der ihn auch später verfolgen sollte: Rasenballsport Leipzig. „Das war richtig bitter und sportlich schon ein Tiefschlag“, räumt Hohnstedt ein. Dennoch ging es für ihn eine Liga höher. Er folgte seinem Trainer Maik Walpurgis und heuerte an der Bremer Brücke in Osnabrück an. Dort folgte kurz darauf der erste Einsatz im Profibereich. „Er war sicherlich der härteste Trainer, den ich bisher hatte. Es war fast schon klar, dass er einmal in der Bundesliga landet“, so Michael Hohnstedt.
Über ein anderes Thema redet er dagegen nicht so gerne, es gehört jedoch ebenfalls zu seiner Karriere: Im Pokalspiel, wiederum gegen Leipzig, geriet Hohnstedt mit Davie Selke aneinander. Die dadurch aufkochenden Emotionen waren weitreichend: Ein Feuerzeugwurf eines Zuschauers gegen den Schiedsrichter sorgten für den Spielabbruch und die Wertung gegen den VfL Osnabrück. „Das war mein größter sportlicher Fehler. Ich hätte mich nicht provozieren lassen dürfen. Danach folgte eine schwere Zeit mit vielen Anschuldigungen von draußen. Ich habe mich komplett abgeschottet, aber auch gemerkt, was echte Freunde sind“, kann Hohnstedt im Nachgang etwas Positives aus den Geschehnissen ziehen.
Es gab aber auch sportliche Höhepunkte. Sein Fallrückziehertor gegen Hansa Rostock wurde für Tor des Monats nominiert und Zweiter hinter dem Stuttgarter Christian Gentner. „Acht Prozent haben gefehlt. Das wäre natürlich eine tolle Sache gewesen“, lacht Hohnstedt.
Im Mai folgte nun die Verabschiedung beim VfL Osnabrück, und die verlief noch einmal sehr emotional. Im Pokalfinale gegen den SC Paderborn lief Hohnstedt mit der Kapitänsbinde aufs Feld. „Es waren vier intensive Jahre in Osnabrück. Der Abschluss ging wirklich unter die Haut. Da flossen auch ein paar Tränen. Der Verein hat mir viel gegeben, aber ich habe auch geliefert. Ich habe den Fußball verkörpert, den die Fans hier sehen wollen“.
„Es waren vier intensive Jahre in Osnabrück. Der Abschluss ging unter die Haut“
In Lotte hat Michael Hohnstedt einen Einjahresvertrag bekommen mit der Option für eine weitere Saison. Neben dem Fußball bereitet er aber auch seine Zeit nach der Karriere vor mit seinem Studium im Sportbusinessmanagement. „Ich möchte schon gerne weiter etwas mit Sport machen“, blickt Hohn-stedt voraus. Auch ein Traineramt zu übernehmen, könne er sich gut vorstellen. Und ein Karriereende kann sich der Kämpfer Hohnstedt dort vorstellen, wo alles begann – bei Union Varl. „Meine letzte Saison würde ich gerne mit meinen Kumpels aus Varl bestreiten. Das wäre dann ein toller Abschluss“, sagt Hohnstedt.
Bis dahin werden hoffentlich noch ein paar Jahre vergehen. Wenn auch im Herbst der Karriere, erfüllt sich dann vielleicht ein Wunsch des Wagenfelders. „Mein Traum war immer, einmal in der 2. Bundesliga zu spielen. Das wird natürlich schwer, aber im Fußball weiß man nie“, lacht Hohnstedt. Jetzt steht erst einmal die dritte Liga mit den Sportfreunden Lotte an. Am Montag startete die Vorbereitung. „Ich freue mich schon auf die kommende Serie. Gerade die Spiele gegen die Traditionsvereine sind immer etwas besonderes.“
Sehr speziell dürfte dann auch die Rückkehr an die Bremer Brücke werden, wenn Michael Hohnstedt das Stadion des VfL Osnabrück als Gast und Gegner betritt.
Aufrufe: 023.6.2017, 21:30 Uhr
Michael MeierAutor