2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
Geht in seine fünfte Saison als Frauen-Trainer in Wattenweiler: Stefan Merk.  Foto: Wattenweiler
Geht in seine fünfte Saison als Frauen-Trainer in Wattenweiler: Stefan Merk. Foto: Wattenweiler

»Manchmal feiern die Mädels mehr als Männer«

Für Wattenweilers Frauen-Trainer Stefan Merk ist die DFB-Elf der Favorit auf den WM-Titel

Stefan Merk, Trainer der Fußballerinnen aus Wattenweiler, über deutsche Chancen bei der Weltmeisterschaft, die Qualität des Frauenfußballs und Nachtschichten vor dem Fernseher.

Servus Herr Merk. Zählen Sie auch zu den Zeitgenossen, die Nachtschichten vor dem Fernseher verbringen, um die Spiele der Frauenfußball-Weltmeisterschaft zu verfolgen?

Merk: Ich schaue, so viel es geht. Uhrzeitmäßig ist das schon ein bisschen blöd. Die zwei Spiele unserer Mannschaft in Kanada habe ich aber gesehen.

Und wie fanden Sie die?

Merk: Das erste gegen die Elfenbeinküste war wenig aussagekräftig, weil der Gegner sehr schwach war. Gegen Norwegen: Das war die beste erste Halbzeit, die ich überhaupt jemals gesehen habe von dieser Mannschaft. In der zweiten ist den Mädels dann ein bisschen die Luft ausgegangen, glaube ich.

Am Montag spielt Deutschland als haushoher Favorit gegen Thailand. Mit einem Sieg ist das Team höchstwahrscheinlich Gruppenerster. Das ist aber noch nicht das Ende der Fahnenstange, oder?

Merk: Ich denke, das Halbfinale sollte Pflicht sein.

Als Gruppensieger wären – übertragen auf die europäische Zeitzone – die Anstoßzeiten im Achtelfinale und, falls Deutschland weiterkommt, im Viertelfinale deutlich angenehmer. Glauben Sie, dass dann mehr Zuschauer vor dem Fernseher sitzen? Oder hat Frauenfußball einfach sein festes Stammpublikum?

Merk: Spiele am späten Abend statt mitten in der Nacht hätten in Sachen öffentliche Wahrnehmung mit Sicherheit einen positiven Effekt. So populär ist der Frauenfußball leider nicht, dass man sagen könnte, da sitzt jeder um 1 Uhr nachts vor dem Fernseher, nur weil Deutschland in Kanada um den Einzug in die nächste Runde spielt.

Eine Ausnahme bilden dann sicher Fachleute wie Sie. Hand aufs Herz: Gibt es Dinge, die Sie mitnehmen können für Ihre Arbeit als Trainer eines Bezirksoberligateams? Oder sind da die Unterschiede zu groß?

Merk: Man sieht immer mal wieder Sachen, die man bei uns auch mal probieren könnte. Zum Beispiel bei Standardsituationen.

Wo sehen Sie eigentlich die deutlichsten Unterschiede zwischen Männer- und Frauenfußball?

Merk: Ganz klar in der Athletik, im Physischen. Da sind Frauen unterlegen. Vom Taktischen und Technischen her ist der Unterschied nicht mehr so groß, wie er mal war. Da hat sich in den vergangenen zehn Jahren viel geändert – auch, weil in der Förderung des Mädchenfußballs viel gemacht wird.

Wie wurden Sie eigentlich Trainer eines Frauenteams?

Merk: Als ich 18 war, spielte meine Schwester im Tor der Mädchen und ich im Tor der Männer. Ein Jahr später hat man in Wattenweiler einen Trainer gesucht für die Mädchen – und irgendwann bin ich dann bei den Frauen gelandet. Die trainiere ich jetzt ab Sommer in der fünften Saison; abgesehen von einer Unterbrechung, weil ich meine Meisterschule gemacht und deshalb zwei Jahre ausgesetzt habe.

Tun Sie sich als Mann in diesem Job eigentlich schwerer als eine Frau?

Merk: Eine Frau kann sich mit Sicherheit in manche Sachen besser reindenken. Aber ich glaube, dass man sich als Mann etwas leichter tut, sich den Respekt von der Mannschaft zu erarbeiten.

Als Zuschauer sehen wir die Mädels auf dem Spielfeld jubeln. Verraten Sie uns doch mal, was in der Kabine abgeht. Stellen Sie da einen Kasten Bier rein, wenn’s einen Anlass zum Feiern gibt?

Merk: Bier ist bei Frauen vielleicht nicht so begehrt. Aber es gibt ja auch andere Getränke. Ein Sieg oder das Erreichen eines Saisonziels ist bei uns genauso viel wert. Da gibt es keinen Unterschied. Und ich weiß: Manchmal feiern die Mädels mehr als Männer. Wir sind zum Beispiel nach dem letzten Saisonspiel vom Duschen raus direkt auf eine Hütte in Immenstadt gefahren. Da hat man dann durchaus ein bisschen gefeiert.

Lassen Sie uns teilhaben.

Merk: Details bleiben auf der Hütte, haben wir ausgemacht.

Zurück zur WM. Planen Sie gemeinsame Fernsehabende mit den Wattenweiler Mädels? Zum Beispiel beim Finale?

Merk: Ich weiß nicht, ob die Mädels untereinander etwas ausgemacht haben. Das dürfte auch von den Anstoßzeiten abhängen.

Interessieren sich Ihre Spielerinnen überhaupt so richtig dafür – oder doch mehr für Männerfußball?

Merk: Mein Eindruck ist, dass sich grundsätzlich nicht alle für Profifußball interessieren. Aber alle, die sich dafür interessieren, verfolgen Männer- und Frauenfußball gleich. Die Champions League der Frauen oder eben jetzt die WM sind dann genauso Themen wie Wettbewerbe der Männer.

Noch eine Frage an den Fachmann: Wer wird Weltmeister?

Merk: Ich denke und hoffe, dass unsere Frauen das schaffen. Mein zweiter Kandidat sind die USA. Die haben eine sehr gute Profiliga und einige herausragende Spielerinnen.

Aufrufe: 015.6.2015, 14:48 Uhr
Günzburger Zeitung / Jan KubicaAutor