2024-05-02T16:12:49.858Z

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F: Monika Gajdzik
F: Monika Gajdzik

"Mach et, Otze" kommt wieder in Mode

Neue Regel ausgetrickst: Vor spielfreien Wochen provozieren Kicker mit vier Gelben Karten absichtlich die fünfte Verwarnung +++ FVN-Fußballausschuss diskutiert über dieses Thema

"Mach et, Otze!" Mit dieser Empfehlung in Richtung seines bereits verwarnten Kickers Frank Ordenewitz, sich im Pokal-Halbfinale gegen den MSV Duisburg absichtlich eine zweite Verwarnung und damit damals die Rote Karte einzuhandeln, ist der damalige 1. FC Köln-Trainer Erich Rutemüller ins kollektive Gedächtnis der Fußballkultur eingebrannt.
Angreifer "Otze" wollte die Sperre für seine zweite Gelbe Karte im Pokal im Hinblick auf das Finale umgehen und lieber die Rot-Sperre in der Bundesliga absitzen. Genützt hatte die an sich erfolgreiche, weil geahndete Aktion (Ballwegschlagen) nichts: Ordenewitz blieb im Pokalfinale 1991 gegen seinen alten Klub Werder Bremen (0:3) gesperrt, Rutemöller musste 5000 DM Strafe zahlen.

"Mach et" heißt es mittlerweile auch vermehrt einige Etagen tiefer. Denn mit der Einführung der Sperre nach der jeweils fünften Gelben Karte im Amateurbereich musste das Regelwerk erweitert werden - und lässt ein "Hintertürchen" offen, um die Sperre zu umgehen. Zumindest dann, wenn man bereits vier Verwarnungen gesammelt hat und in der kommenden Woche kein Spiel ansteht. Denn mit einer Woche Pause ist die Strafe in jedem Fall, also auch ohne Spiel, abgegolten.

So haben im Hinblick auf den für die meisten Teams spielfreien Totensonntag einige Kicker bereits am vergangenen Sonntag Gelbe Karten provoziert. "Trikotvergehen", Meckern oder sich beim Freistoß vor den Ball stellen sind beliebte Mittel. Auch der letzte Spieltag vor der Pause dürfte eine "Gelb-Flut" mit sich bringen. Das Problem ist den Verantwortlichen bekannt. "Das wird wie bei Gelb-Roten oder Roten Karten analog gehandhabt und ist anders derzeit technisch kaum machbar", erläutert Wolfgang Jades. "Wir sind seit Jahren drauf und dran, die Sperren wettbewerbsspezifisch werten zu wollen. Aber bei den Eintragungen gibt es immer noch zu viele Fehlerquellen und das Netz ist noch nicht umfassend gespannt." Der Vorsitzende des Fußballausschusses im FVN erinnert: "Es ist das erste Jahr mit dieser neuen Regelung und im Moment müssen wir damit leben, dass Spieler absichtlich fünfte oder zehnte Gelbe Karten provozieren, wenn sie in der kommenden Woche kein Spiel haben", so Jades. "Aber wir werden das Thema unter anderem im Spielausschuss des Westdeutschen Fußball- und Leichtathletikverbandes diskutieren."

Roger Vienenkötter erinnert sich an eine Szene vom vergangenen Sonntag, die er anschließend mit einem seiner Kicker "analysieren" musste. "Er hat seinen Gegenspieler über den halben Platz gezogen, aber trotzdem kein Gelb bekommen", wunderte sich der Coach des B-Ligisten BW Wertherbruch gleich zweimal.

"Wir besprechen so etwas nicht vorher. Aber die Spieler zählen ihre Karten schon mit und wissen um diese Möglichkeit." Vienenkötter selbst hält von der gesamten Regelung nichts: "Ich sehe für den Amateurbereich weiterhin keinen Sinn darin, weil Gelbe Karten irgendwo zu dem Spiel dazu gehören. Vielleicht könnte man das in fünf Verwarnungen für Unsportlichkeiten ändern, weil die auf dem Platz nichts zu suchen haben. Aber das würde es noch schwieriger machen, die Sachen nachzuhalten." "Erfolgreich" kassierte am letzten Spieltag ein Akteur des A-Ligisten SV Haldern den fünften Gelben Karton im Spiel gegen den VfL Rhede II und umgeht somit eine Sperre. "Ich bin grundsätzlich ein Vertreter des Fair Play und finde dieses absichtliche Provozieren von Karten nicht gut. Aber wenn es das Regelwerk so hergibt, ist es halt auch legitim, das für sich zu nutzen", kommentiert der Halderner Trainer Jürgen Stratmann das absichtliche Ballwegschlagen seines Spielers kurz vor Schluss. "Sogar der Schiedsrichter musste schmunzeln, weil er genau wusste, worum es ging".

Bei der fünften Gelben Karte müsse man generell die Sinnfrage stellen, meint auch Stratmann. So könnten ja auch mal die Schiedsrichter gefragt werden, ob sie aufgrund dieser Maßnahme eine Besserung festgestellt hätten. "Sollte die Regel bestehen bleiben, muss sie aber auf jeden Fall neu definiert werden", sagt Stratmann, der auf die Statuten in Westfalen verweist. "Da ist es jetzt schon so, dass man grundsätzlich für das nächste Pflichtspiel gesperrt wird - und das auch nicht wettbewerbsübergreifend."

Aufrufe: 020.11.2014, 08:02 Uhr
RP / Andreas Nohlen und Michael SchwarzAutor