2024-04-19T07:32:36.736Z

Interview der Woche
Anstatt sich selbst noch das Trikot überzustreifen, trainiert Lukas Kraus lieber die U19 und U16 des FC Niederau. Foto: Privat
Anstatt sich selbst noch das Trikot überzustreifen, trainiert Lukas Kraus lieber die U19 und U16 des FC Niederau. Foto: Privat

Lukas Kraus will in der Bundesliga arbeiten

Junger Trainer des FC Niederau spricht über die Herausforderung, gleich zwei Jugendmannschaften zu trainieren. Nachwuchsleistungszentrum eines Bundesligisten ist sein Ziel.

Mit nur 23 Jahren hat Lukas Kraus bereits seine aktive Karriere beendet, um sich voll und ganz dem Trainerjob zu widmen. Er coacht zwei leistungsorientierte Jugendmannschaften des FC Niederau und erklärt uns im Gespräch, warum er gerne junge Talente betreut und wie er es in die Bundesliga schaffen möchte.

Du bist Anfang 20, trainierst beim FC Niederau die U19 und U16, kickst aber selbst nicht mehr gegen den Ball. Wie kam es dazu?
Kraus: Ja das ist richtig. Viele werden sicherlich denken, dass man mit 23 Jahren im besten Fußballeralter ist, um selber noch ein paar Jahre auf gutem Niveau gegen den Ball zu treten. Allerdings stellte ich mehr und mehr fest, dass mir die Arbeit als Trainer deutlich größeren Spaß macht, als selbst zu spielen - und deshalb will ich mich auch darauf konzentrieren!

Ich kenne dich ja auch als Fußballer, und du bist nicht untalentiert. Fehlt dir das Kribbeln am Sonntagnachmittag nicht?
Kraus: (Lacht) Anfangs hatte ich auch meine Zweifel, schließlich habe ich seit dem fünften Lebensjahr jede Woche vier- bis fünfmal mal Fußball gespielt. Ich habe mich aber drauf eingelassen und muss zugeben: Es fehlt mir überhaupt nicht. Die Arbeit mit den Jungs bereitet so viel Freude, und schließlich bin ich ja trotzdem noch mindestens fünfmal die Woche in Niederau auf dem Sportplatz und beschäftige mich nahezu täglich mit dem was ich am liebsten mag: Fußball!

Normalerweise ist man in deinem Alter mit anderen Dingen neben dem Studium oder der Ausbildung beschäftigt, aber du trainierst nicht eine, sondern gleich zwei Mannschaften. Warum?
Kraus: Es ist ziemlich zeitaufwendig. Für mich ist es keineswegs Zwang oder Ballast, große Teile meiner Freizeit in Niederau zu verbringen, sondern ich freue mich, wenn ich nach der Arbeit mit den Jungs trainieren kann. Die U16 habe ich im Sommer 2014 als U15 übernommen, arbeite also jetzt knapp zwei Jahre mit den Spielern zusammen. Der Verein beziehungsweise Gert Engels fragte mich am Anfang der Saison, ob ich ihm als Co-Trainer bei der U19 helfen möchte. Da musste ich nicht lange überlegen! Jeder, der Gert Engels kennt, weiß, wie viel man von ihm lernen kann und was er bereits für sportliche Erfolge feiern durfte.

Aber mittlerweile trainierst du auch die U19 hauptverantwortlich.
Kraus: Genau. Im Oktober nahm Gert einen neuen Job an und konnte somit die U19 nur noch schwierig weiterführen. Der Verein trat an mich heran, ob ich mir vorstellen könnte, auch den Cheftrainerposten bei der U19 zu übernehmen. Es ist eine große Chance und Herausforderung, das Team wieder in die Mittelrheinliga zurückzuführen.

Zwei Mannschaften, über 35 Jugendliche, die du betreuest. Alleine kriegst du das aber nicht hin.
Kraus: Ich werde von vier guten Co-Trainern unterstützt. Carsten Heuser und Thomas Weinhold helfen mir bei der U16, Tim Schmitz und mein Vater Jürgen bei der U19. Es läuft alles genau so, wie ich es mir vorgestellt habe. Wir arbeiten sehr eng als Team zusammen und das ist eine ganz wichtige Voraussetzung für gute beziehungsweise erfolgreiche Arbeit.

Demnach macht es dir große Freude, jungen Talenten bei ihrer Entwicklung zu helfen.
Kraus: Es ist fantastisch zu sehen, wie die Jungs sich weiterentwickeln und Dinge umsetzen, die vorher im Training erarbeitet wurden. Mit unserem neuen sportlichen Konzept ist klar vorgeschrieben, was welcher Spieler zu welchem Zeitpunkt seiner Ausbildung können soll. Die Ausbildung unserer Spieler ist das höchste Gut und hat absolute Priorität. Natürlich freut man sich zusätzlich, wenn man sportlichen Erfolg hat, aber das eine hängt, denke ich, vom anderen ab. Ich glaube, dass wir in Niederau in den nächsten Jahren unsere ohnehin schon sehr gute Jugendarbeit weiter verbessern werden und somit noch bessere Spieler haben.

Besitzt du einen Trainerschein?
Kraus: Ich habe letzte Saison meine B-Lizenz absolviert und möchte die nächste bald folgen lassen.

Du arbeitest mit relativ bekannten Trainern im Kreis Düren zusammen. Von wem hast du am meisten gelernt?
Kraus: Ich wurde durch mehrere Trainer geprägt, stehe selbst aber noch ganz am Anfang. Sicherlich kann beziehungsweise konnte ich mir einiges abschauen bei Carsten Heuser oder Gert Engels, mit dem ich nach wie vor besten Kontakt habe und wir uns sehr regelmäßig austauschen. Auch er hofft, dass wir den Aufstieg mit der U19 zurück in die Mittelrheinliga schaffen. Außerdem durfte ich im Jahr 2015 eine ganze Zeit lang beim 1.FC Köln hospitieren, wo ich selbstverständlich eine ganze Menge an Eindrücken sammeln konnte, die mir auch in der wöchentlichen Trainingsarbeit helfen und mich weitergebracht haben.


Anstatt sich selbst noch das Trikot überzustreifen, trainiert Lukas Kraus lieber die U19 und U16 des FC Niederau.

Wo liegen die Schwerpunkte in deinem Training?
Kraus: Mir ist hohe Konzentration und die Selbstständigkeit der Spieler extrem wichtig. In jeder Einheit wird ein anderer Schwerpunkt behandelt, um das Team bestmöglich auszubilden. Wir erarbeiten sehr viel in verschiedenen Spielformen. Es wird sehr selten eine Trainingseinheit ohne Abschlussspiel geben.

Und im Spiel? Wie sieht das ideale Spiel deiner Mannschaft aus?
Kraus: Jeder Coach hat seine Vorstellungen von modernem Fußball. Man kann sicherlich sagen, dass meine Teams für viel Ballbesitz, gutes Pressing und schnelles Umschaltspiel stehen. Aber wir wollen ja nicht zu viel verraten...

Niederau gilt als "Talentfabrik" im Kreis Düren, aber ein Großteil der Spieler verlässt nach der A-Jugend den Verein, weil es keine zweite Mannschaft gibt. Kannst du dir vorstellen, mit deiner A-Jugend den Unterbau des Landesliga-Teams zu bilden?
Kraus: Das kann ich mir sogar sehr gut vorstellen, da wir im aktuellen Kader 18 von 23 Spielern haben, die jüngerer Jahrgang sind. Auch dieses Jahr im Sommer wird sicherlich der ein oder andere den Sprung bei uns schaffen, aber ich glaube, im Jahr danach könnten es nochmal sehr viele Spieler werden. Vorausgesetzt wir spielen eine gute Rückrunde und erreichen unser Ziel, den Wiederaufstieg in die U19-Mittelrheinliga. Wir haben richtig gute Jungs im Kader, und es macht Spaß, mit jedem einzelnen zu arbeiten!

Hast du eine konkrete Vorstellung, wie es bei dir in Zukunft weitergehen soll? Immer mehr etablierte Seniorenvereine setzen auf junge Trainer. Julian Nagelsmann von der TSG Hoffenheim ist das beste Beispiel...
Kraus: Derzeit kann ich mir nicht vorstellen, eine Seniorenmannschaft zu trainieren, und ich denke, das wird auch in den nächsten Jahren so bleiben. Mein Ziel ist es, den Sprung zu einem Bundesligisten ins Nachwuchsleistungszentrum zu schaffen, was natürlich auch ein Grund war, weshalb ich selber nicht mehr kicke und mich auf den Trainerjob konzentriere. Allerdings dränge ich nicht darauf, ich habe in Niederau ein super Umfeld und so ein Angebot von einem Bundesligisten kommt von ganz alleine, wenn man sich stetig verbessert, ehrgeizig bleibt und gute Arbeit leistet.

Aufrufe: 017.2.2016, 11:55 Uhr
André NückelAutor