Herr Lochmann, Sie sind seit zwei Jahren damit beschäftigt, Funino zu popularisieren – wie viele Vereine und Kinder machen in der Region mit?
Matthias Lochmann: In der Region, im Kreis Erlangen- Pegnitzgrund, haben wir etwa 350 Kinder und in der Region München nochmal 100, die in dem Programm unterwegs sind. Wir haben im Sommer acht Spieltage absolviert, davor hatten wir an drei Samstagen die Trainer geschult.
Kann man sagen, dass Funino in der Region schon verankert ist?
Lochmann: Es ist ein Pilotprojekt. Das heißt, eine ausgewählte Gruppe ist aus dem normalen Spielbetrieb herausgegangen und im Pilotprojekt unterwegs. Das Ganze läuft in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Fußball- Verband. Ich bin mit Verbandsverantwortlichen in Kontakt, auf Kreis-, Bezirks-, Landes- und Bundesebene. Und es gibt einen wissenschaftlichen Antrag zu dem Programm, der im Augenblick beim DFB liegt und auf eine finale Beurteilung wartet.
Worum geht es dabei?
Lochmann: Der Antrag hat zum Ziel, die Verankerung, zu untersuchen und so etwas wie ein Handbuch zu schreiben, wie man ein solches Spielsystem in anderen Regionen verankern kann. Welche Schritte sind nötig, wie müssen Schulungen aussehen, welches Material muss man den Trainern an die Hand geben für einen standardisierten Platzaufbau. Auch, um Hürden zu identifizieren, traditionelle Denkweisen, beispielsweise bei Eltern oder Trainern – inwiefern blockieren die Innovationen im Kinderfußball?
Welche Rolle spielen moderne Medien dabei?
Lochmann: Mobile First ist ja überall ein Thema, auch bei Trainern – die benutzen Handys und Tablets. Das ist ein sehr gutes Instrument, um ein Funino-Turnier zu planen und durchzuführen. Man verschickt einen Link über eine App, dann können die teilnehmenden Vereine angeben, mit wie vielen Mannschaften sie mitmachen wollen, und der ausrichtende Verein bekommt automatisiert einen Turnierplan erstellt. Das braucht noch etwas, da arbeiten wir noch mit einer Eigenentwicklung, aber wenn das Ganze multipliziert werden soll auf Bayern oder im besten Fall auf Deutschland, dann braucht man Instrumente, die personenunabhängig funktionieren und die Verbände bereitstellen.
Das ist der regionale Bereich – Sie waren aber auch viel unterwegs, um Funino in die Welt hinauszutragen?
Lochmann: Ja, ich war in Pachuca an der Fußball-Universität in Mexiko. Pachuca ist ein Klub, der eine Fußball-Universität unterhält, die einzige weltweit. Da habe ich bei einem Kongress zum Thema gesprochen, habe unser Projekt vorgestellt und auch die Sportstudenten zehn Tage lang in Theorie und Praxis unterrichtet, mit einem großen Funino-Festival zum Abschluss. Ich bin dann weitergereist nach Kolumbien, habe in Medellin an der Universität mit den Kollegen aus der Sportwissenschaft das gleiche Programm durchgeführt. In Kolumbien stehen wir auch in Kontakt mit dem Fußball-Verband. Ich habe den Sportdirektor des kolumbianischen Verbandes getroffen. Sie haben zumindest geäußert, dass sie fest die Absicht haben, den Fußball kindgerechter zu strukturieren.
Sie waren auch bei Real Madrid?
Lochmann: Real Madrid ist ein Kooperationspartner bei einem Produkt, das wir entwickelt haben. Es heißt exerlights, ein Kunstbegriff aus exercise und lights. Wir haben lichtgesteuertes Training, wir können quasi mit einer App am Handy Lichter steuern, die hinter den Toren platziert sind. Dazu können die Kinder lichtgesteuerte Leibchen tragen. Das Produkt ist im März so weit, dass es in den Verkauf geht. Die Fußballschule von Real Madrid ist dabei ein wichtiger Entwicklungspartner, sie wird das in ihren Camps einsetzen, die im Sommer in ganz Deutschland stattfinden.
Das sind die weiterentwickelten Tore und Leibchen, die Sie 2015 beim Kongress "Fußball 4.0" in Erlangen präsentiert hatten?
Lochmann: Genau, das war die "Welturaufführung". Dafür haben wir eine Firma gegründet, die in Forchheim im neuen Medical Valley Center sitzt. Real Madrid, aber auch die Spielvereinigung Greuther Fürth ist mit dabei. Hannover 96 und weitere Vereine sind unsere Partner.
Das heißt, es ist eine Ausgründung aus der Universität, der Wissenschaft heraus, um die Forschungsergebnisse kommerziell zu verwerten?
Lochmann: Ja, es ist ein großes Verbundprojekt zusammen mit dem Fraunhofer Institut, dem Leistungszentrum für Elektroniksysteme. Die Friedrich-Alexander-Universität ist ja eine Gründeruniversität. Wir haben hier in Erlangen seit vielen Jahren die höchste Patentdichte in Europa, was sicher auch mit Siemens zusammenhängt.
Sie haben Hannover 96 erwähnt – da waren Sie in letzter Zeit ebenfalls aktiv?
Lochmann: Das ist ein Projekt, das momentan auf Hochtouren läuft. Wir begleiten Hannover 96 in der Optimierung des Nachwuchsleistungszentrums. Das Ganze heißt allerdings nicht mehr Nachwuchsleistungszentrum, sondern Akademie. Wir beleuchten aus der Sicht der Sportwissenschaft alle leistungsrelevanten Faktoren in so einer Akademie. Wir haben Ähnliches schon beim 1.FC Nürnberg gemacht, in Augsburg, bei St.Pauli, der Spielvereinigung Greuther Fürth, jetzt in Hannover, weitere Bundesliga-Klubs haben uns angefragt.