2024-05-08T14:46:11.570Z

Kommentar
Das Problem der vielen Spielabsagen ist im Kern ein Problem der Spielplangestaltung. Hinter der steht aber auch die Einstellung vieler Funktionäre zum Amateurfußball, um den sie sich nämlich wenig bis überhaupt nicht scheren. Archiv-Foto: FuPa
Das Problem der vielen Spielabsagen ist im Kern ein Problem der Spielplangestaltung. Hinter der steht aber auch die Einstellung vieler Funktionäre zum Amateurfußball, um den sie sich nämlich wenig bis überhaupt nicht scheren. Archiv-Foto: FuPa

Land unter im Amateurfußball

Das Problem der vielen Spielabsagen ist im Kern ein Problem der Spielplangestaltung, die sich zu sehr an den Profis orientiert

Petrus ist wahrlich kein Fußballer. Die anhaltend schlechte Witterung ließ am vergangenen Wochenende wieder einige Partien ins Wasser fallen. Doch einzig im Kreis Mosbach wurde der komplette Spieltag abgeblasen. Es drohen weitere englische Wochen. Das Problem der vielen Spielabsagen ist im Kern ein Problem der Spielplangestaltung. Hinter der steht aber auch die Einstellung vieler Funktionäre zum Amateurfußball, um den sie sich nämlich wenig bis überhaupt nicht scheren. Ein Kommentar von FuPa-Redakteur Danny Galm:

Blick auf die Zahlen

Die Spielabsage und die damit einhergehende voraussichtliche Terminierung des Nachholspieltags auf einen Werktag, brachten einen FuPa-User zu einem kritischen Kommentar auf unserer Facebook-Seite: "Wegen ein paar Regentropfen einen kompletten Spieltag abzusetzen die Fußballkreise Heidelberg und Buchen bekommen es doch auch hin!!! Bald haben wir mehr "englische Wochen" als in Englands höchster Spielklasse “ - Harsche Kritik am Fußballkreis Mosbach und seiner Führung. Was ist dran an den Vorwürfen? Der Blick auf die Zahlen: Am vergangenen Wochenende waren auf Kreisebene in den Fußballkreisen Heidelberg (38), Buchen (8), Sinsheim (40) und Mannheim(49) insgesamt 135 Partien angesetzt. Abgesagt werden mussten "nur" 30 Partien. Im Fußballkreis Mannheim kam es bei 49 Ansetzungen gar nur zu drei witterungsbedingten Spielabsagen. Die Kreisführung Mosbach entschied sich hingegen am Sonntagmorgen den kompletten Spieltag, also 31 Partien, abzublasen. Die dritte Komplettabsage in der laufenden Saison. Die im November ausgefallenen Spieltage 15. und 16. werden nun unter der Woche Anfang April nachgeholt. Gleiches droht nun auch dem am Wochenende ausgefallenen 18. Spieltag.

"Englische Wochen" sind ein Graus

„Englische Wochen“ im Amateurfußball, dass heißt Spielzeiten am frühen Vorabend (18:15 Uhr) und das auch noch unter der Woche Dienstags, Mittwochs oder Donnerstags. Für Spieler, Trainer und Zuschauer ein Graus. Die frühen Anstosszeiten sind gerade für Spieler und Trainer ein echtes Problem. 18:15 Uhr, das bedeutet in der Regel Treffpunkt für die Heimmannschaft eine Stunde vor Anpfiff und sogar noch früher für das Auswärtsteam. Für normal werktätige Hobby-Kicker ein großer Stress. Trikots müssen gerichtet werden, der Platz abgestreut werden und auch die Schiedsrichter müssen ihre Feierabendplanung über den Haufen werfen. Viele junge Spieler studieren auswärts in größeren Städten wie Heidelberg, Stuttgart oder Würzburg und sind unter der Woche an ihren Studienorten und kommen eigentlich nur an den Wochenenden in die Heimat. Hinzu kommen noch viele Schichtarbeiter und schon stellt sich die Mannschaft bei Nachholspieltagen unter der Woche praktisch von selbst auf.

Im Kern ein Problem der Spielplangestaltung

Das Problem der vielen Spielabsagen ist im Kern ein Problem der Spielplangestaltung. Das Spieljahr der Amateure ist an das der Profis angelehnt. Dass bedeutet in der Praxis Spieltage bis kurz vor Weihnachten, die in 95 Prozent der Fälle abgesagt werden müssen und eine lange Sommerpause, in der die Profis zu Welt- und Europameisterschaften reisen, die Amateure aber in der eigentlich schönsten Zeit des Jahres spielfrei sind. Pünktlich zu den großen Ferien starten die Amateure dann ihren Spielbetrieb. Urlaubsbedingt fehlende Spieler sind die Folge und ein jeder Trainer kann davon zu Rundenbeginn ein Lied singen. Hinter der Spielplangestaltung steht aber auch die Einstellung vieler hochrangiger Funktionäre zum Amateurfußball, um den sie sich nämlich wenig bis überhaupt nicht scheren.

Ein Spektakulum

Beispiel gefällig? Der sogenannte „Finaltag der Amateure“, ein bundesweit einheitlicher Endspieltag für die Verbandspokalendspiele am 28. Mai, der von der ARD in der "größten Amateurfußball-Konferenz aller Zeiten" übertragen werden soll. Ein toller Superlativ, der sich auch richtig gut verkaufen wird. Denn im Kern geht es bei diesem Spektakulum nur um eine einzige Sache, um viel viel Geld. Sender und Verband beteuern, sie wollen mit ihrem bundesweiten Finaltag den kleineren Klubs eine einmalige Möglichkeit geben vom großen Fernsehkuchen ein Stückchen abzubekommen. Also den Vereinen, die es in die Finals der Landespokale schaffen. Doch mit Amateurfußball haben diese Vereine in der Regel wenig am Hut. In Baden stehen mit der SpVgg Neckarelz, Astoria Walldorf, Spielberg drei Regionalligisten und mit dem FC Nöttingen ein Oberligist im Pokalhalbfinale. Ein ähnliches Bild ergibt sich auch im benachbarten württembergischen Fußballverband, wo sich unter den letzten acht Mannschaften im Verbandspokal noch ein Drittligist, fünf Oberligisten und zwei Verbandsligisten um den Finaleinzug streiten.


"Ein tolles Produkt"

DFB-Vizepräsident Peter Frymuth führte dann das als „Geschenk für den Amateurfußball“ betitelte Marketingevent auch direkt bei seiner Bekanntgabe seiner eigentlichen Bestimmung zu. Der DFB habe sich zusammen mit der ARD ein "tolles Produkt" ausgedacht. Mit dem Amateurfußball Geld scheffeln. Keine Belohnung für das Herzblut von tausenden Ehrenamtlichen, sondern ein Produkt und eine Vermarktungsware. Der Blick auf die Basis des Fußballs geht hierbei, wie auch bei der Spielplangestaltung vollends verloren.

Der Amaterufußball ist kein Produkt

Denjenigen, die den Amateurfußball mit Leben füllen, die ihn so liebenswert, einmalig und zur „schönsten Nebensache der Welt“ machen, Ihnen müsste eigentlich geholfen werden. Eine Reform des Spielplans beispielsweise, welche das Spieljahr der Amateure dem Kalenderjahr anpasst, das wäre ein echte Hilfe für die Basis. Das große Geld sollte im Amateurfußball eigentlich keine Rolle spielen. Hier sollten der Spaß an der Sache und die Freude am Spiel im Vordergrund stehen. Unsägliche englische Wochen tun dieser Freude dabei einen Abbruch. Witterungsbedingte Spielabsagen sind nicht zu verhindern, aber sollten eigentlich die "Ultima Ratio" bleiben. Und durch eine Spielplangestaltung, die sich nicht am großen Zirkus Profifußball mit Rasenheizungen und beheizten Stadien orientiert, könnten diese Ausfälle zumindest schon mal deutlich minimiert werden.

Aufrufe: 08.3.2016, 13:00 Uhr
Danny GalmAutor