2024-05-10T08:19:16.237Z

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Wann sollte man die Reißleine ziehen? Die Beseitigung  von Bunkerresten treibt die Kosten für den Bau des  Kunstrasenplatzes  in Neuenburg in die Höhe.  | Foto: Seeger
Wann sollte man die Reißleine ziehen? Die Beseitigung von Bunkerresten treibt die Kosten für den Bau des Kunstrasenplatzes in Neuenburg in die Höhe. | Foto: Seeger

Kunstrasenplatz: Kostenexplosion sorgt für Dissens

Die Entfernung einer Bunkeranlage und andere Sonderleistungen verursachen erhebliche Mehrkosten beim Kunstrasenplatz.

Das Projekt auf Eis legen oder mit dem Bau beginnen? Mit dieser Frage, den geplanten Kunstrasenplatz betreffend, hat sich der Gemeinderat am Montagabend intensiv auseinandergesetzt. Der Grund: Die Kostenrechnung, die die Verwaltung vorlegt, übersteigt das ursprünglich kalkulierte Budget um 260 000 Euro. Vor allem die Beseitigung von Bunkerresten kommt die Stadt teuer zu stehen.
Schon einmal drohte das Projekt zu kippen. Ohne einen satten Zuschuss aus dem Fördertopf für Sportstätten des Landes, kein Kunstrasenplatz. Darauf hatten sich Verwaltung und Gemeinderat im März diesen Jahres geeinigt. Aus eigener Tasche wollte Neuenburg rund eine halbe Million Euro beisteuern. Als im Mai schließlich die Zusage über die Landesförderung in Höhe von 149 000 Euro kam, schien dem Bau der Anlage, die Spielern von Vereinen und Schulen ein Training auch bei schlechter Witterung ermöglichen soll, nichts mehr im Weg zu stehen. Das war allerdings, bevor klar wurde, welche Kosten die Beseitigung einer Bunkeranlage auf dem Gelände zwischen Rheinwaldstadion und Atomics-Spielfeld verursachen würde. "Wir haben das nicht so massiv eingeschätzt", tastete sich Bürgermeister Joachim Schuster an die Kostenaufstellung heran. Gemeint waren damit nicht nur die tatsächlichen Ausmaße des Wehrbaus aus dem Zweiten Weltkrieg, der mit einer Tiefe von sechs Metern nahezu so viel Platz einnimmt, wie ein Einfamilienhaus.

Als massiv stellt sich auch die Kostensteigerung heraus, die der Koloss aus Stahl und Beton verursacht. 55 000 Euro schlagen für die Beseitigung der Trümmer zu Buche, weitere 13 000 Euro müssen für die Kampfmittelerkundung aufgebracht werden. Im Haushaltsansatz war man noch von Gesamtkosten in diesem Bereich von 40 000 Euro ausgegangen. Insgesamt sollte der Bau des Kunstrasenplatzes mit allen Gewerken 685 200 Euro kosten, abzüglich des Förderzuschusses sollten nicht mehr als 550 000 Euro an der Stadt hängen bleiben. Mit dieser Rechnung konnte sich auch der Gemeinderat anfreunden, als er im März seine Zustimmung zu dem Projekt gab. Als "einen harten Brocken", bezeichnete Stadtrat Rudi Grunau (CDU) die neue Kostenrechnung der Verwaltung am Montagabend. Angesichts von kalkulierten Mehrkosten von 260 000 Euro - das entspricht etwa 30 Prozent - im Vergleich zum Haushaltsansatz stellte auch Christoph Ziel (FDP) die Frage ans Ratsrund: "Wann muss man bei so einem Projekt die Reißleine ziehen?". Eugen Sänger (SPD) machte deutlich, dass er das Vorhaben unter diesen Voraussetzungen nicht guten Gewissens vor den Bürgern rechtfertigen könne, und regte an, die Angelegenheit erst mal auf Eis zu legen. "Die Kostensteigerung hat mich umgehauen."

In die Höhe geschnellt sind die Kosten aber nicht nur aufgrund der Baunebenkosten. 72 898 Euro über dem Ansatz liegt auch das Angebot des günstigsten Bieters, der Firma Gotec aus Weil am Rhein, die allerdings auch einige zusätzliche Leistungen erbringen will, darunter die Einrichtung von zwei zusätzlichen Kleinfeldtoren und Spielerkabinen. Hinzu kommen auch die Kosten für eine Flutlichtanlage (54 879 Euro), für die der FC Neuenburg Fördergelder in Höhe von 7 500 Euro beim Badischen Sportbund einholen will.

Stadt bleibt auf Kriegsfolgekosten sitzen

Während einige Räte angesichts einer Gesamtinvestition von fast einer Million Euro die Aktion am liebsten abblasen wollten, machte Bürgermeister Joachim Schuster eine andere Rechnung auf. Die Kostensteigerung für den Kunstrasenplatzes liege nur bei zehn Prozent, sagte er. Alle anderen Abweichungen müssten der Entfernung des Bunkers zugerechnet werden. Dass die Stadt als Grundstückseigentümer immer wieder für die Beseitigung von Militäranlagen aus dem Weltkrieg aufkommen müsse, sei ärgerlich, aber nicht zu ändern. Lediglich die Kosten für die Kampfmittelbeseitigung würden vom Land getragen. Einen Ausgleichsstock für stark betroffene Gemeinden wie Neuenburg gebe es leider nicht. Aufgeschlossen zeigte sich Schuster gegenüber dem Vorschlag von Rudi Grunau, die Kriegsfolgekosten auch bei anderen Projekten künftig gesondert auszuweisen. Bei fünf Gegenstimmen und einer Enthaltung stimmte der Gemeinderat schließlich der überplanmäßigen Ausgabe in Höhe von 260 000 Euro zu. Zur Finanzierung werden Straßenbauarbeiten in der Tullastraße und Hochbaumaßnahmen im Schulhaus Zienken auf das nächste Haushaltsjahr verschoben.
Aufrufe: 023.7.2014, 00:00 Uhr
Julia Jacob (BZ)Autor