2024-04-19T07:32:36.736Z

Kommentar
Farbenfroh: Die Choreographie der WSV-Fans vor dem Heimspiel gegen Kray. Foto: Jochen Classen
Farbenfroh: Die Choreographie der WSV-Fans vor dem Heimspiel gegen Kray. Foto: Jochen Classen

Kommentar: Die Chance geben, es zu beweisen

Jörn Koldehoff über die vermeintliche Fanproblematik des Oberligisten WSV

Der Gegner ist schnell ausgemacht. Er heißt nicht Ratingen, Kray oder Hönnepel-Niedermörmter, sondern schlicht und ergreifend „ZIS“. Die „Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze“ der Polizei, da sind sich Verantwortliche und Fans des Oberligisten WSV einig, ist der Buhmann. Sie schätzt die Lage, so der Vorwurf, nicht nur falsch ein, sondern schadet mit den Spielabsagen auch dem Image des Clubs. Ist dem wirklich so?

Wer die Fakten sachlich-neutral und nicht mit heißem Herzen beurteilt, muss feststellen: Dass die Partie am Sonntag auf dem „Dorfsportplatz“ in Hönnepel nicht stattfindet, dafür gibt es möglicherweise nachvollziehbare Gründe. Da wegen des Insolvenzverfahrens erst am 1. Juli feststand, dass der WSV tatsächlich in der Oberliga antritt, und der Spielplan erst eine Woche später veröffentlicht werden konnte, war die Zeit wohl zu kurz, auf die Schnelle einen anderen Platz zu finden.

Anders sieht die Sache schon im Fall Ratingen aus – immerhin finden im Städtischen Stadion jedes Jahr die Deutschen Mehrkampfmeisterschaften statt; eine entsprechende Infrastruktur ist zumindest größtenteils vorhanden. Dort mit Ordnern und Polizei die Fanlager zu trennen, das hätte schon eher möglich sein müssen. So oder so – für alle weiteren Partien ab jetzt muss definitiv gelten: Wird das jeweilige Stadion nicht freigegeben, wird eben woanders gekickt. Zeit genug, einen Ausweichort zu finden, ist spätestens nun auf jeden Fall vorhanden.

Im Grunde geht es aber um etwas ganz Anderes: Hat der WSV tatsächlich 300 (!) gewaltbereite Anhänger und damit – laut „ZIS“ – mehr als die renommierten Zweitligisten 1. FC Köln und Fortuna Düsseldorf zusammen? Der Fachmann staunt, der Laie wundert sich. Natürlich besitze auch der WSV „Problemfans“, räumt Sportvorstand Achim Weber ein. Und natürlich sind nicht alle der rund 50 Stadionverbote aus Jux und Dollerei erlassen worden. Aber: Wer den WSV seit Jahren begleitet und dann sieht, dass – wie im April 2012 an einem Dienstagabend – 30 Anhänger mit dem Konfliktpotenzial einer Canasta-Runde 80-Jähriger zum Spiel nach Elversberg reisen, aber von geschätzten 40 Polizisten mit Hunden bewacht werden, der darf zumindest fragen, ob alle ZIS-Einschätzungen so stimmen. Und ob sie regelmäßig überprüft werden.

Die Lösung liegt ganz nahe: Warum wird nicht einfach mal ein Spiel in der Fremde unter ganz regulären Bedingungen angepfiffen? Dann wird sich zeigen, ob sich auch die „schwierigen“ WSV-Anhänger an ihr Ehrenwort halten, dem Verein nicht zu schaden. Sie haben das hoch und heilig zugesagt und stehen nun in der Pflicht. Der Rest ist die Sache eines „Selbstreinigungsprozesses“ innerhalb der Fangemeinde.

Will jemand über die Barriere klettern, wird er eben zurückgehalten. Zumal die betreffenden Stadionverbote nur vom WSV selbst und damit für das Stadion am Zoo aufgehoben worden sind, die jeweiligen Gastgeber aber von ihrem Hausrecht Gebrach machen könnten. „Ich bin sicher, wir können uns auf unsere Fans verlassen“, meint Weber. Gegen Kray kamen 3.000 Besucher, die Polizei sprach von einem ruhigen und friedlichen Nachmittag. Man muss dem WSV nun die Chance geben, das auch auswärts beweisen zu können.

Aufrufe: 09.8.2013, 07:44 Uhr
Wuppertaler RundschauAutor