Kolumne: Der Strafraum-Bud-Spencer

Und wieder haben sie in der Bundesliga geknipst: Pierre-Emerick Aubameyang erzielt das goldene Tor gegen die Bayern, während Anthony Modeste mit seinem Treffer den Derby-Sieg seiner Kölner in Gladbach ebnet. Beide haben nach dem 11. Spieltag bereits zwölf Mal zugeschlagen, was Medien nicht selten als Beweis für die „Rückkehr der Mittelstürmer“ ansehen. Über eine aussterbende Gattung hatte man in jüngster Vergangenheit berichtet, da man für die zunehmend flexibleren Spielsysteme auch flexiblere Fußballspieler benötigen würde. Wir Deutschen haben vor zwei Jahren ja auch gezeigt, dass man ohne einen „Wandspieler“ Weltmeister werden kann. Doch nicht nur die Rückkehr von Mario Gomez ins DFB-Team oder die eingangs genannten Fließband-Knipser der Bundesliga zeigen, dass Greenpeace keine Unterschriften für die Rettung einer bedrohten Art sammeln muss.

Überall in der Republik sind sie schließlich zuhauf in ihrem natürlichen Lebensraum zu finden – in den Strafräumen der Kreisliga-Sportplätze. Hier wird häufig noch der Prototyp des klassischen Mittelstürmers verkörpert. Spieler, die die eigene Hälfte nur aus Erzählungen ihrer Mitspieler kennen und die Abseitslinie entlang patrouillieren wie ein Zoo-Tiger an seinem Käfiggitter. Da gibt es zum Beispiel die gefürchtete Dampfwalzen, die am Ball nicht wirklich was zu bieten haben, aber umso mehr den Körper mitbringen, um sich wie Bulldozer durch den Strafraum zu rollen. Während technisch beschlagene Kicker um die Abwehrspieler herumtänzeln, läuft er einfach gerade durch seinen Gegenspieler durch. Das funktioniert, wenn dieser nicht tiefer als zehn Meter im Boden verwurzelt ist. Um in Bildern zu sprechen: Der Strafraum ist die Kneipe, die Verteidiger sind zitternde Statisten und der echte Kreisklassen-Neuner macht den Bud Spencer und Terence Hill in Personalunion. Er ist oftmals einer derjenigen, der sich ein paar Jahre lang nicht zwischen Muckibude und Sportplatz entscheiden konnte. Folglich weist er die Beweglichkeit einer Litfaßsäule auf. Was ihn aber zweifellos auszeichnet: Eine Schusskraft, für die er eigentlich einen amtlichen Waffenschein benötigen müsste. Wer auch schon Zeuge davon war, wie der Stürmer seinen Gegner mit einem Schuss an den Kopf so ausknockte, als hätte dieser einen Klitschko-Schwinger an die Schläfe kassiert, wird mich verstehen.

Ohnehin: Da das Motto „Hoch und weit bringt Sicherheit“ in der Kreisklasse noch immer die goldene Regel ist und bleibt, sind Typen wie Mario Götze oder irgendwelche anderen „falschen Neuner“ bei den Amateurtrainern ungefähr so gefragt wie ein Mett-Igel auf dem veganen Buffet. „Falsche Neuner“ gibt es im Amateurfußball nur ungewollterweise dann, wenn ein Stürmer überhaupt keine Ahnung hat, wo er hinläuft. Aufgrund mangelnder Spielintelligenz kann man auf diesem Niveau genauso gut von „falschen Zehnern“ oder „falschen Sechsern“ sprechen. Hier läuft Weniges nach Plan. Klar ist aber: Es muss Wucht in die Spitze – ohne jede Diskussion. „Tiki-Taka“ brauchst du mit Spielern, dessen größter Feind der Ball ist, gar nicht erst versuchen. Und für die Alternative „Langholz“ ist der bullige Strafraum-Bud-Spencer nunmal die beste Alternative. Das hat man in der Kreisklasse auch immer gewusst. Hier geht man nicht mit jedem Taktik-Trend, den einem der Profi-Zirkus bietet.

Echte Knipser bringen Resultate: In der rheinland-pfälzischen C-Klasse Bad Kreuznach Ost steht der deutschlandweit erfolgreichste Angreifer auf dem Platz: Dominik Giloy (26) hat nach 16 Spielen solide 49 Tore auf seinem Konto. Es entzieht sich meiner Kenntnis, wie viele Stunden er in seinem Leben im Fitnessstudio verbracht hat, was er von Bud Spencer hält und ob er seinen Manndecker schon einmal mit einem Kopfschuss kurzzeitig die Lichter ausknipste. Ich würde aber darauf wetten, dass er von seinem Trainer nicht als „falscher Neuner“ aufgestellt wird. Wer wettet dagegen?

JOEL GRANDKE LIEST

Joel Grandke liest an drei Terminen kostenlos auf Einladung von FuPa Lüneburg, der CN/NEZ und der Nordsee-Zeitung im Landkreis Cuxhaven und in der Stadt Bremerhaven aus seinem Buch "Nimm du ihn, ich hab ihn sicher".

Wir bitten darum, sich rechtzeitig um die Platzreservierung zu kümmern. Mehr Informationen in den jeweiligen Facebook-Veranstaltungshinweisen:

30. November, 19.30 Uhr in Cuxhaven (Vereinsheim Rot-Weiss Cuxhaven an der Kampfbahn)

https://www.facebook.com/events/695949613907051/

1. Dezember, 20 Uhr in Otterndorf ("Meerhus", Marktstraße 18)

https://www.facebook.com/events/202518753491310/

9. Dezember, 19.30 Uhr in Bremerhaven ("Losche", Wasserturm im Leher Stadtpark)

https://www.facebook.com/events/1749847202005786/

Mehr Informationen zu Joel Grandkes grandiosem Erstlingswerk über die Kreisklasse "Nimm du ihn, ich hab ihn sicher":

Artikel bie FuPa: Eine Reise in die Welt des Kreisklassenfußballs

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