2024-05-02T16:12:49.858Z

Vereinsnachrichten
Der Finow-Cup auf der Anlage "Am Wasserturm" gilt für die Stadt als Aushängeschild. Die Bewirtschaftung der Plätze will sie sich aber nicht mehr leisten.  ©MOZ/Thomas Burckhardt
Der Finow-Cup auf der Anlage "Am Wasserturm" gilt für die Stadt als Aushängeschild. Die Bewirtschaftung der Plätze will sie sich aber nicht mehr leisten. ©MOZ/Thomas Burckhardt

Knock-Out für den 1. FV Stahl Finow

Der Schulsport besiegt den Traditionsverein

Die Stadt Eberswalde will perspektivisch nur noch Sportanlagen fördern, auf denen Schulsport betrieben wird. Das ist eines der Haupt-Ergebnisse des Sportentwicklungskonzepts, das am Montagabend vorgestellt wurde. Großer Verlierer sind der 1. FV Stahl Finow und sein Platz am Wasserturm.

Gerade zwei Wochen ist es her, da war der Sportplatz am Wasserturm noch der Nabel der Barnimer Sportwelt. Weit über 1000 Gäste waren auf der Anlage, beim 21. Finow-Cup, dem größten D-Junioren-Turnier Deutschlands. Auch Bellay Gatzlaff, der Sozialdezernent der Stadt, ließ sich nicht zweimal bitten. Er begrüßte die 48 Nachwuchsfußball-Teams höchst persönlich, lobte vor allem das internationale Flair des Turniers, das vom 1. FV Stahl Finow organisiert wird. Ein Team von Lokomotive Moskau war dabei, und die Dauergäste von Sturm Graz und FC Fulham, das freute ihn.

Am Montagabend, bei der Vorstellung des Sportentwicklungskonzepts, da schien es so, als wäre das alles Lichtjahre weit weg. Da ging es nicht um Fußball-Romantik, nicht um internationales Flair, mit dem sich die Stadt gern schmückt, es ging um Fakten. Und da hatte Gatzlaff ganz anderes zu verkünden. Er sagte: "Wir müssen als Stadt Prioritäten setzen. Wir konzentrieren uns auf die Anlagen, wo es Schulsport kombiniert mit Vereinssport gibt."

So empfiehlt es das vorgestellte Konzept.

Für den Sportplatz am Wasserturm, die Heimat des dreimaligen DDR-Ligisten Stahl Finow, bedeutet das den Knock-Out. Die Stadt, die momentan der Hauptbetreiber ist, will die Anlage perspektivisch abstoßen und an den Verein übergeben, denn: Es gibt dort keine Schulsport-Nutzung, vor allem wegen der fehlenden Leichtathletik-Anlage. An drei anderen Standorten ist das hingegen der Fall. Das Gewinner-Trio lautet deshalb: Westend-Stadion, Fritz-Lesch-Stadion und Waldsportanlage Finow.

Mit viel Spannung war die Präsentation des Sportentwicklungskonzepts, dessen Erstellung sich drei Jahre hingezogen hat, erwartet worden. Sie ist Teil der Strategie "Eberswalde 2030" und soll der Stadt den Weg weisen, wie sie ihr Geld bei den Sportstätten künftig am besten einsetzt.

Der Traditionsklub Stahl Finow war bei der Veranstaltung im Familiengarten, an der gut 100 Vereinsvertreter und Bürger teilnahmen, in Mannschaftsstärke vertreten. Seit Wochen bereits ging bei den Finowern die Angst um, ihre Anlage würde vor dem Aus stehen. Nun saß der Frust-Stachel tief. Es gab gleich mehrere Wortmeldungen. Nico Wiedemann von der Fußball-Abteilung meinte: "Ich habe das Gefühl, dass das Ergebnis schon vorher feststand und das Konzept nur den Weg dorthin zeigt." René Lüdecke, Head-Coach der Eberswalder Warriors (American Football), die seit 2008 zu Stahl Finow zählen, sagte: "Sollen wir jetzt in die Waldsportanlage umziehen? Wir haben bei Heimspielen 300 bis 500 Gäste auf der Anlage, die bringen wir da nie unter." Sozialdezernent Gatzlaff betonte, man wolle "Hilfe geben", damit der Übergang auf der Anlage am Wasserturm in die eigene Trägerschaft klappe.

Die Schulsport-Nutzung durch die Grundschule Finow ist nicht der einzige Grund, weshalb das vorgestellte Konzept die Waldsportanlage in der Rangfolge der Sportstätten (siehe Infokasten) vor dem Platz am Wasserturm sieht. "Die Waldsportanlage bietet einen engen räumlichen Bezug zum Kernbereich Finows und zum Brandenburgischen Viertel", erläuterte Heinz Tibbe vom Berliner Planungsbüro "Gruppe Planwerk", das das Konzept im Auftrag der Stadt erstellt hat. Und die Anlage besitze, so ein zweiter Vorteil, ein "erhebliches Entwicklungspotenzial durch die Gründung des Eberswalder SC." Dieser war Ende 2013 aus der Fusion des SV Medizin und des PSV Union hervorgegangen.

Der Anlage am Wasserturm bescheinigte Tibbe hingegen einen zusätzlichen Standortnachteil: ihre periphere Lage. Für umliegende Schulen sei sie schwer erreichbar.

Um die Waldsportanlage, die vom Konzept favorisiert wird, zukunftsfest zu machen, müsste in jedem Fall kräftig investiert werden. Es bräuchte u. a. ein neues Sportfunktionsgebäude (das alte ist marode) und einen Kunstrasenplatz. Das Investitionsvolumen wird auf 2,5 Millionen Euro beziffert. Zum Vergleich: Im Konzept wird auch die Variante aufgeführt, was es kosten würde, die Anlage am Wasserturm mit einer Leichtathletikanlage auszustatten und das Sportgebäude zu sanieren. Kostenpunkt hier: 1,1 Millionen Euro.

Geklärt ist im Konzept auch, was mit anderen drei städtisch betriebenen Anlagen passieren soll: der Sportplatz Finowtal ist der einzige, der komplett wegfallen soll. Die Anlagen in Tornow und Spechthausen sollen hingegen "wenig unterstützt" werden, hieß es am Montagabend.

Die drei von der Stadt betriebenen Sporthallen sollen energetisch saniert werden. Für die Kegelbahn im Lesch-Stadion wird empfohlen, die Möglichkeit einer Verpachtung zu sondieren. Für jene im Westend-Stadion, die bereits verpachtet ist, soll der Erhalt geprüft werden.

Im Fall der Bootssportanlagen besteht ebenfalls Konfliktpotential. Hier heißt es im Konzept: Bei einer Konzentration städtischer Mittel auf einen Standort, wäre die Anlage in Finow der in Eberswalde vorzuziehen.

Das vorgestellte Sportentwicklungskonzept kommt nun zunächst in den Sportausschuss, wo es in der nächsten Sitzung am 3. September Thema sein wird. Noch ist nichts in Stein gemeißelt, heißt es vonseiten der Stadt. Am Ende entscheiden ohnehin die Stadtverordneten. Sobald die Endfassung des Konzepts steht, kann der Beschluss erfolgen.

Stahl Finow will die Ergebnisse des Konzepts zunächst auf Vorstandsebene beraten (siehe Interview). Parallel haben Mitglieder der Football-Sektion zum Erhalt der Sportanlage am Wasserturm eine Unterschriften-Aktion gestartet. Mehr als 300 sind bereits zusammengekommen.

Aufrufe: 08.7.2015, 15:09 Uhr
MOZ.de / Christian HeinigAutor