Die Woche neigt sich mal wieder dem Ende zu, die Sonne lacht, das Wetter machte einen Anorak nicht notwendig und das Autorenkollektiv hat Bock auf Fussball. Da der örtliche Großmogul in schwäbischen Gefilden um Punkte kämpfte und uns in der Landeshauptstadt so gar nix anzusprechen wusste, streckte man seine Fühler im Rahmen der "Lerne-deine-Heimat-kennen-Tour 2017" mal gen Böhmen aus. Viel zu lange und viel zu sträflich wurde unser südliches Nachbarland links liegen gelassen. Zwar wurde die ehemalige Tschechoslowakei schonmal im Rahmen des hafers besucht, allerdings nur zur Beschaffung von Rauch- und Trinkwaren. Doch heute sollte alles anders werden.
Mit einigen Mitfahrern, wurde oben bereits erwähntes Spiel anvisiert. Mit Zwulf ging es aus der Landeshauptstadt in Richtung Sebnitz. Wenige Meter hinter der Grenze wurde sich auf einem Parkplatz mit den Mitreisenden getroffen. Diese kamen im eigenen Fortbewegungsmittel aus der Bierstadt angefahren. Kurz angehalten, Rauchwaren besorgt, Strecke gecheckt, ausgetreten und ab ging die wilde Fahrt. Das Führungsfahrzeug hatte den vermeintlich einfachen Weg über tschechische Landstraßen auf dem Mobiltelefon geprüft. Wie sich alsbald zeigen sollte, allerdings nicht gründlich genug. An der erstbesten Tankstelle in Rumburk wurde noch schnell der Durst des Fahrzeuges gestillt und der Euro in Kronen getauscht. Diese Ersatzwährung wurde zum Kurs von 1:25 gewechselt. Klang für alle Anwesenden vernünftig und die gute Verkäuferin bekam vor lauter Euroscheinen ihre Registrierkasse kaum noch zu. Die Weiterfahrt erolgte durch das schöne Böhmen. Der Beifahrer konnte sich in aller Ruhe seinem Bierkonsum hingeben, ebenso wie die Mitfahrer im Führungsfahrzeug. Zwulf wurde vom CEO mit neuer Hardware bestückt und es konnte tatsächlich noch eine Kasette mit AUX-Stecker käuflich erworben werden. So konnte die mittlerweile legendäre so´n hafer Playlist über das Radio und die Lautsprecher gehört werden.
So konnte der ein oder andere Kilometer hinter sich gebracht werden und ehe man sich versah, war man schon in Seifhennersdorf. Ja, richtig, wir waren wieder in der BRD. Wer sich etwas mit der Geographie beschäftigt, wird feststellen, dass Seifhennersdorf ein kleiner Zipfel Deutschland in der ehemaligen CSSR ist. Nachdem einige Schleichwege erprobt und mehr als einmal Passanten zur Fragerunde gebeten wurden, konnte der Weg zum Ziel doch noch gefunden werden. Auch der Weg zum Stadion in Varnsdorf konnte nach einem gezwungenen Umweg (Feuerwehreinsatz nach Motorradunfall) und einem freiwilligen Umweg ("Ich seh doch schon die Tribüne!" - War aber doch nur ein Hallenbad) dann doch recht schnell erreicht werden.
Die Autos schnell noch schattig abgeparkt und so führte der erste Weg zur Kartenbeschaffung. Die zwei äußerst adretten jungen Damen im Kassenhäuschen waren mit der deutschen Forschheit und Aufringlichkeit mehr überfordert, als mit der Tatsache, dass die meisten Mitfahrer nur 500-Kronenscheine im Portemonaie hatten. Schade, wenn alle gleich viel tauschen. Der Autor konnte das Ganze dann etwas entwirren. Nachdem mancher mit seinen Englischkenntnisse bei den (immer noch) recht freundlichen Kassiererinnen prahlen wollte, konnte mit Hilfe von etwas Kleingeld und Zusammenlegen, jeder seine Eintrittskarte in Form von einem Programmheft in Händen halten.
Unter den Reisenden machte sich langsam aber sicher der größte Feind der guten Laune breit: Hunger! Also wurde das nächste Restaurance gesucht und erstmal in Beschlag genommen. Die 100 Meter von Parkplatz konnten gerade noch so bewältigt werden und es durfte sich an einem gemütlichen Sechsmanntisch bequem gemacht werden. Schließlich sollten es noch 50 Minuten bis zum Anpfiff sein. Zeit genug sollte man meinen. Der Wirt, welcher anscheinend nicht mit so einer Masse an Gästen gerechnet hatte, bediente uns mit der ureigenen tschechischen Gleichgültigkeit und etwas Skepsis. Trotzdem konnte jeder nach etwa 15 Minuten ein kühles Blondes sein Eigen nennen und es wurde erstmal angestoßen. Nachdem sich alle auf "Rendergulasch mit Rais" geeinigt hatten, machte uns der Kneiper einen Strich durch die Rechnung. Es gab nur noch vier Portionen. Also musste der Autor auf Weinbratwurst mit KaMu ausweichen und ein anderer Mitreisender bekam panierten Blumenkohl, Salzkartoffeln und "Tatarensoße". Jedem hat es im Großen und Ganzen geschmeckt und der Gastronom brachte prompt die verlangte Rechnung. Das erste Mal wurde heute gestaunt. Und das nicht schlecht! Für zwei Essen und vier Bier wurden 11 €uro auf den Tisch gelegt. Absolutes Höchstmaß, was das Preis-Leistungsverhältnis angeht. Bisher!
Als die Reisgruppe auf die Uhr geschaut hat, waren es nur noch fünf Minuten bis zum Anstoß. Also schnell raus, den kurzen Fußmarsch hinter sich gebracht und rein ins
Městský stadion v Kotlině. So zumindest der offizielle Name.
Ohne Kontrolle, bekam man immerhin den Anpfiff und ein kleines Schnipselintro mit. Die Platzsuche gestaltete sich anfangs schwierig. Die große Tribüne war fast ausverkauft und so blieben nur noch Plätze in der letzten Reihe des Fanclub-Blocks übrig. Auf den Sitzschalen konnte man auch die Papierstücke der eben erwähnten "Choreo" sehen. Hier staunten wir das zweite Mal. Alle Schnipsel waren gleich groß. Da hat sich wohl eine Honzamuddi hingesetzt und Zeitungen mit der Schere klein geschnitten. Stark!
Nachdem die Plätze eingenommen wurden, machte sich der allgemeine Durst breit. Also führte der nächste Gang an die Tränke. Hier folgte das dritte Staunen aller Reisenden. 20 Kronen für das frisch gezapfte Bier, 15 für AFG´s (Zillis Fassbrause lässt grüßen) und 40 Kronen für die Klobasa. Umgerechnet 90 Pfennige für das 0,4 Liter Bier. Klar, dass bei dem eine oder anderen Mitreisenden alle Dämme brachen und sich dem völlig unkontrollierten Bierkonsum hingegeben wurde. Das dabei auch die Manieren auf der Strecke blieben und somit Fremdschämen angesagt war, muss nicht extra erwähnt werden. Das Bier hat geschmeckt, die Fassbrause ebenso. Die Klobasa wurde mit Senf, Meerrettich und sehr feinem Brot dargereicht. Wer noch keine Klobasa gegessen hat, sei kurz erklärt, dass es sich dabei um einen fettigen Knacker handelt, der in noch mehr Fett gebraten wird, bis die Wurst fast schwarz ist. Der Anbiss war so knackig, dass man aufpassen musste, seinen Vorder-, Neben- und Hintermann nicht vollzusuppen. Im Geschmack erinnert diese Spezialität ein wenig an Pusztaknacker. Leichter Paprikageschmack, fast schon pikant und mit dem Senf und Kren in Verbindung mit dem äußerst leckeren Brot einfach nur zum Niederknien! Diese Geschmackserlebnis konnte für umgerechnet etwas mehr als 1,30 €uro erstanden werden.
Fehlt eigentlich noch die Tribünenbewertung. Die Anreise erfolgte wie schon ausführlich erwähnt mit dem Auto. Eine großartige Parkplatzsuche erübrigte sich dank pünktlicher Anreise und großzügiger Freifläche in direkter Stadionnähe. Das Stadion selber, konnte mit einer großen überdachten Tribüne auf einer Seite aufwarten. Auf der gegenüberliegenden Seite stand nur das Funktionsgebäude, in dem die Umkleidekabinen untergebracht sind. Ansonsten gibt es eine Laufbahn und einen kleinen abgezäunten Gästekäfig. Alles in allem eine schicke Angelegenheit. Auch die Atmosphäre konnte überzeugen. Der einzige Trommler, welcher mitten unter den Fans saß, bediente sein Musikinstrument fast durchgängige 90 Minuten. Zwei andere Zuschauer nervten mit riesigen Ratschen, welche sonst eigentlich nur vom Skispringen bekannt sind. Der Ton liegt mir jetzt noch im Ohr und der Tinitus konnte erst am Abend aus dem Gehörgang entfernt werden. Trotzdem ein nettes Spiellokal und somit verdiente 4 von 5 Tribünen.
Alles in Allem gibt es hier also 10,5 von 15 Punkten und somit ein ganz ordentliches Ergebnis für unseren ersten Besuch in der ehemaligen Tschechoslowakei.
Am Ende bleibt schönes Wetter, schönes Stadion, schönes Land, schöner hafer.
Weitere Berichte von unserem Autorenduo findet ihr auf: So n hafer