Zahlreiche Neugierige – Eltern ebenso wie Freundinnen und ältere Spielerinnen – säumen den mit Flutlicht erleuchteten Kunstrasenplatz des Sportparks Ebensee, um den beiden Prominenten zu lauschen, zu sehen, was sie den Fußball-Anfängerinnen vermitteln wollen. Wobei es Kulig wegen ihrer Knieverletzung bei verbalen Anleitungen belassen muss.
Im Sommer 2011 war ihr Kreuzband im rechten Knie gerissen – ausgerechnet während der Frauen-WM in der Heimat, ausgerechnet im Viertelfinale gegen Japan. Schon in der vierten Minute musste Kim Kulig damals in Wolfsburg vom Platz – und ohne sie verloren die deutschen Frauen gegen den späteren Titelgewinner Japan 0:1. Kaum hatte sich die Schwäbin wieder herangekämpft, verletzte sie sich im Juni dieses Jahres erneut und musste sich wegen anhaltender Kniebeschwerden erneut operieren lassen.
„Mittlerweile ist es ganz okay, es läuft eigentlich alles ganz gut. Ich habe im Januar noch eine OP vor mir – da wird mir eine neue Kreuzbandplastik eingesetzt“, erzählt die 23-Jährige. Akuter Anlass für die Behandlung samt Eingriff war ein Außenmeniskusriss. „Da haben die Ärzte gesagt, dass mein Knie viel zu instabil ist. Als der Doc das Knie aufgemacht hat, waren da schon einige Baustellen: Das Kreuzband war nur noch in Resten da, dazu hatte ich viele Knorpelstellen, die geglättet werden mussten.“ Sie habe selbst gespürt, dass etwas nicht in Ordnung war. „Von daher war die Diagnose nur noch eine Bestätigung meines Gefühls“, blickt die Fußballerin zurück. Allein, ohne Berater oder sonstigen Begleiter ist die junge Frau aus Frankfurt angereist. Natürlich, freundlich und zugänglich präsentiert sie sich, beantwortete die Fragen der Post-Mädchen wie die des Journalisten offen und nicht im kantenlosen Fußballsprech, wie er auch unter jungen Profis längst gang und gäbe ist. Was sie an diesem Freitagabend nach Nürnberg verschlagen hat? Eine Bitte der hiesigen Allianz-Niederlassung. Sponsert die Versicherung doch sie persönlich wie ihren aktuellen Verein FFC Frankfurt. „Ich mache solche Events aber auch unabhängig davon gerne, letzte Woche war ich dafür in Berlin. Am liebsten würde ich den Mädels die Sachen persönlich vorführen, aber das geht eben im Moment nicht“, erzählt die Mittelfeldspielerin.
Wegen ihrer Knieverletzung konnte Kim Kulig beim Showtraining die Übungen nur erklären, nicht aber selbst vorführen (F.: Zink).
Natürlich dreht sich das Gespräch vor allem um ihr Knie. „Als ich die Diagnose erhielt, hatte ich eigentlich sofort positive Gedanken, weil bis dahin eben nicht alles gut war mit dem Knie, weil es nur besser werden konnte“, widerspricht sie der Vermutung, völlig am Boden gewesen zu sein. „Es war natürlich ein sehr doofer Zeitpunkt kurz vor dem EM, die ich gerne mitgenommen hätte. Aber es ging dann eben einfach nicht.“ Die Fußballerin, die 2011 vom Hamburger SV nach Frankfurt gewechselt war, wusste im Juni sofort, was auf sie zukommen würde: „Es hat mir geholfen, dass ich die Erfahrungen vorher gemacht hatte. Ich ging viel geduldiger und gelassener an die Sache ran, von Anfang an, Beim ersten Mal war ich noch sehr jung und unerfahren, wusste nicht, was mich erwartete“, räumt sie offen ein. Nach der ersten Operation sei sie oft unzufrieden und traurig gewesen, wenn es in der Reha nicht so recht vorwärtsging. „Da habe ich mir Fragen gestellt, warum, wieso, weshalb – jetzt weiß ich einfach, dass es in so einem Reha-Verlauf Höhen und Tiefen gibt. Mir war und ist klar, dass es eine ziemlich harte Zeit werden wird. Ich gehe aber jetzt schon etwas strukturierter zur Sache“, schildert sie ihren Gemütszustand.
Erstaunlich gelassen spricht sie von dem nächsten operativen Eingriff, der ihr im Januar bevorsteht, ebenso davon, dass dann die Reha-Tretmühle wieder von vorne losgehen wird. Andererseits nutzt sie die Zeit, um ihr vor kurzem begonnenes Innenarchitektur- Studium voranzutreiben und all die Dinge zu tun, zu denen sie sonst kaum kommt.
Beispielsweise Angehörige ihrer großen Familie oder Freunde zu treffen. „Die haben mich in diesen schwierigen Zeiten toll unterstützt und, wenn nötig, auch wieder aufgebaut. Man sieht in solchen Phasen, wer für einen da ist“, hat sie auch menschlich reichlich Erfahrungen aus diesen eher unerfreulichen Zeiten gezogen.
Sportlich schaut Kulig zuversichtlich nach vorn. Natürlich habe sie sich Gedanken über ein drohendes Karriereende gemacht. „Aber ich hoffe natürlich, dass alles gut verläuft. Vieles hängt von der zweiten OP ab – ich bin aber sehr zuversichtlich, dass ich wieder Fußball spielen kann.“ Zugleich wisse sie „dass diese Saison gelaufen ist“. Aufstecken gibt es für sie jedenfalls nicht. „Ich mache mir da keinen Stress, setze mich nicht unter Druck!“