2024-05-10T08:19:16.237Z

Interview der Woche
Karsten Neitzel kehrt an seine alte Wirkungsstätte zurück. F: Getty Images
Karsten Neitzel kehrt an seine alte Wirkungsstätte zurück. F: Getty Images

Karsten Neitzel: Kickers sind im Aufwind

Holstein-Trainer Kartsten Neitzel im Interview der Woche

Karsten Neitzel hat in den Neunzigerjahren die Kickstiefel für die Stuttgarter Kickers geschnürt. An diesem Freitag kehrt er als Trainer von Holstein Kiel (19 Uhr, FuPa Liveticker) nach Degerloch zurück. Wir haben mit ihm gesprochen.

Herr Neitzel, wie fällt Ihr bisheriges Rückrundenfazit aus – sehen Sie Holstein Kiel gut aus den Startlöchern gekommen?
Karsten Neitzel: Da bin ich etwas zwiegespalten. Auf dem Papier sehen sechs Punkte aus vier Spielen ordentlich aus. Aber wenn ich unsere Partien gegen Bremen II und Osnabrück analysiere, dann haben wir mindestens zwei Punkte mehr verdient gehabt.

Das Spiel gegen Osnabrück am Wochenende wurde von einem nicht gegebenen Tor, auch Elfmeter wäre möglich gewesen, maßgeblich beeinflusst.
Neitzel: Das stimmt, aber das ist nicht unser Thema. Wir haben ein sehr gutes Spiel gemacht, hatten genügend Möglichkeiten, haben uns jedoch nicht belohnt. Daran müssen wir arbeiten.

Nach dem knapp verpassten Aufstieg in der letzten Saison scheint Holstein Kiel ein schwieriges Jahr durchzumachen. Können Sie dies an einem bestimmten Punkt festmachen?
Neitzel: Das ist nicht von der Hand zu weisen. Die Gründe sind vielfältig. Am schwersten ins Gewicht fällt aus meiner Sicht die Tatsache, dass wir uns in der Vorrunde in vielen Spielen unter Wert verkauft haben. Alleine wenn ich die vier torlosen Remis gegen Aalen, Rostock, Aue und Magdeburg heranziehe, dann fehlen uns dadurch Punkte, mit denen wir jetzt in einer ganz anderen Ausgangsposition wären. Aber es ist müßig, darüber noch zu diskutieren. Wichtig ist für mich die aktuelle Entwicklung. Und die passt.

Inwiefern?
Neitzel: Wir haben uns spielerisch weiterentwickelt, sind insgesamt stabiler in unseren Leistungen. Dennoch dürfen wir uns darauf nicht ausruhen und unsere Punktausbeute muss besser werden. Die Liga ist sehr eng beieinander, wir müssen weiter mit mindestens einem halben Auge nach unten schauen.

Sehen Sie dies als ein Zeichen für die Qualität der Spielklasse – oder eher gegen sie, wie manche Kollegen?
Neitzel: Man sieht ja jede Woche, dass selbst eine Partie Erster gegen Letzter keine klare Angelegenheit ist. Es ist alles andere als einfach, in dieser Liga Punkte zu holen. In der 3. Liga kann jeder jeden schlagen. Ich persönlich sehe das als ein klares Zeichen für die Qualität.

Ihre Mannschaft zeichnet sich aus der Ferne wahrgenommen durch eine starke Athletik aus. Legen Sie darauf gesonderten Wert, um so der angesprochenen Qualität der Liga zu begegnen?
Neitzel: Nein, denn nur mit einer guten Athletik gewinne ich kein Spiel. Da gibt es zwischen den Mannschaften der 3. Liga auch nur marginale Unterschiede. Es ist sicherlich so, dass wir – auch in der letzten Saison – sehr hohes Tempo gehen können und oft auch noch spät im Spiel sehr früh gepresst haben. Daher rührt vielleicht Ihr Eindruck. Aber mittlerweile haben wir uns da weiterentwickelt, was ich ja eingangs schon angesprochen habe. Wir nehmen den Gegner nun etwas tiefer auf, variieren unser Tempo, sind insgesamt reifer geworden.

Ihre Mannschaft ist sehr auswärtsstark, steht auf Rang vier der Auswärtstabelle. Woran liegt´s, ist die Heimkabine etwa verhext?
Neitzel: (lacht) Aufgrund der Punkteausbeute könnte man das meinen, das stimmt. Eine plausible Erklärung fällt in der Tat nicht leicht. Um diesen Umstand zu analysieren, muss man sich ein Stück weit auch von den Ergebnissen lösen, auch wenn das nicht einfach ist. Wir haben auch zuhause gute Spiele abgeliefert, oft haben Kleinigkeiten entschieden, wie zuletzt gegen Osnabrück. Wir werden unsere Schlüsse daraus ziehen und ich bin sicher, dass wir bald auch zuhause wieder dreifach punkten werden.

An diesem Freitag steht das Spiel bei den Stuttgarter Kickers an, für die Sie einst als Spieler aktiv waren. Gibt es noch Verbindungen zu den Blauen?
Neitzel: Ein wenig, ja. Mit meinem ehemaligen Mitspieler Dirk Wüllbier habe ich noch Kontakt und bei jedem Spiel in Degerloch freue ich mich sehr, den Busfahrer Willi Mast wiederzusehen.

Haben Sie noch Erinnerungen an die alte Zeit?
Neitzel: Ich habe von 1992 bis 1994 dort gespielt, das ist mehr als 20 Jahre her. Dennoch kann ich mich noch sehr gut an die Zeit bei den Kickers erinnern. Es war eine schöne Etappe meiner Spielerkarriere.

Wie sehen Sie die Mannschaft von Tomislav Stipic?
Neitzel: Ein klein wenig ist die Lage mit der unseren vergleichbar. Durch die tolle letzte Saison ist die Erwartungshaltung entsprechend gestiegen und es ist nicht einfach, dieser gerecht zu werden. Zudem sieht man auch, wie schnell es aufgrund der Qualität der Liga gehen kann. Kommst du in eine negative Spirale, wirst du ganz schnell durchgereicht. Doch darin liegt auch ein Vorteil: Genauso schnell geht es wieder nach oben, wenn man einmal fünf, sechs Partien ungeschlagen bleibt.

Klingt ein wenig wie eine Warnung an die eigene Mannschaft.
Neitzel: Wir wissen, dass wir gegen jeden Gegner in dieser Liga 100 Prozent abrufen müssen, um dreifach zu punkten. Die Kickers haben zuletzt zweimal gewonnen, sind im Aufwind und ich bin mir sicher, dass sie bald aus dem Keller kommen werden.

Aufrufe: 018.2.2016, 08:00 Uhr
Philipp MaiselAutor