2024-04-25T14:35:39.956Z

Interview der Woche
Frank Specht hört nach 14 Jahren als SVG-Abteilungsleiter auf. Im FuPa-Interview der Woche spricht er über "seinen" SVG. F: Specht
Frank Specht hört nach 14 Jahren als SVG-Abteilungsleiter auf. Im FuPa-Interview der Woche spricht er über "seinen" SVG. F: Specht

"Kann den Ansprüchen nicht mehr gerecht werden"

FuPa Interview der Woche +++ Frank Specht äußert sich zu seinem Rücktritt als Abteilungsleiter beim SV Gonsenheim +++ Vom Nachfolger ist er "überzeugt"

Mainz. Im Sommer endet beim SV Gonsenheim eine Ära. Frank Specht wird nach 14 Jahren zurücktreten und seinen Posten als Abteilungsleiter Aktive an Marvin Bylsma übergeben. Im Interview der Woche erklärt der 41-Jährige, der inzwischen für die Allianz in München arbeitet, seine Beweggründe und erläutert, warum dem Verein eine gute Zukunft bevor steht.

Herr Specht, im Sommer ist Schluss beim SV Gonsenheim – nach wie vielen Jahren eigentlich genau?

Im Sommer werden es allein 14 Jahre als Abteilungsleiter sein. Mit fünf Jahren bin ich in den Verein eingetreten und habe in der F-Jugend gespielt, damals gab es die Bambinis noch nicht. Heute bin ich 41.

Welche Beweggründe gibt es für den Abschied?

Nur einen: dass ich es von den Kapazitäten her durch meinen Wechsel in die Geschäftsleitung der Allianz nicht mehr hinbekomme, den Anspruch, den der Verein, der Trainer- und Betreuerstab stellen dürfen, zu erfüllen.

Wie wird Ihre Nachfolge geregelt sein?

Mit Marvin Bylsma, vollumfänglich.

Was zeichnet ihn aus?

Sehr vieles. Er ist die Kombination aus dem nötigen Know-how und dem nötigen Intellekt, er bringt die Erfahrung als Spieler mit und hat einen brutal starken Charakter. Das einzige, wo er aufpassen muss: Er ist ein lieber Mensch, der es allen recht machen möchte. Aber das wird ihm nicht gelingen, denn er muss eine Schnittstelle bilden zwischen den Interessen des Vereins, der Spieler und des Trainer- und Betreuerstabs. Und die Erfahrung lehrt, dass diese Interessen nicht immer in dieselbe Richtung weisen. Aber das wird er genauso gut hinkriegen, wie ich es hinbekommen habe.


Sie sind ja beruflich schon länger weit weg vom Wildpark aktiv – warum wurde die Übergabe nicht vorher schon vollzogen?

Ich bin im März nach München gegangen, mitten in der Saison. Es war noch nicht klar, dass ich dort bleibe. Das ist erst im Dezember entschieden worden. Also haben wir uns entschieden, im Sommer den Cut zu machen.

War auch ein Beweggrund, dass Marvin erst angelernt werden musste?

Angelernt klingt mir zu heroisch. Wir haben ja vorher schon viel miteinander gesprochen, beim SV Gonsenheim herrscht immer ein guter, enger Austausch mit dem Vorstand und den Verantwortlichen. Und ich bin ja nicht aus der Welt, wenn es Fragen gibt, kann man mich jederzeit erreichen. Aber für diesen Job musst Du auch in der Oberliga präsent sein, und das kann ich nicht mehr.

Auch die Vorstandsriege um Joachim Mayer und Hans Walter Sans hat schon angedeutet, nicht mehr ewig zur Verfügung zu stehen. Irgendwann steht ein Generationenwechsel bevor, und ein Nachfolger wie Marvin Bylsma bei Ihnen ist nicht in Sicht. Ist Ihnen Bange um die Zukunft des SV Gonsenheim?

Das ist eine gute Frage. Bange ist mir um den Verein nicht, denn die, die jetzt an Bord sind, werden den Verein nicht hängen lassen. Wäre ich jetzt 55 und hätte eine Vorruhestandsregelung unterschrieben, könnte ich mir vorstellen, in den Vorstand zu gehen. Natürlich muss sich der Vorstand Gedanken machen, wie die Nachfolgeregelung aussieht. Aber niemand wird den Verein hängen lassen, das hat mit Herzblut zu tun.

Unter welchen Umständen ist ein Wechsel in den Vorstand denkbar?

Die einzige Frage ist die der Kapazität, ansonsten ist es jederzeit denkbar. Aber in den nächsten Jahren wird das nicht möglich sein.


Marvin Bylsma ist 29, Sie waren zum Zeitpunkt Ihres Amtsantritts noch
jünger. Wie kam es damals eigentlich dazu?

Ganz pragmatisch. Ich hatte in der ersten Mannschaft gespielt, wir hatten eine Feier nach einem Spiel. Joachim Mayer hat mich kurz zwischen Tür und Angel gefragt, ob ich das mal für ein Jahr übernehmen könnte, um zu gucken, ob es etwas für mich ist. Aus diesem Jahr sind dann 14 geworden. Damals waren wir im Abstiegskampf Richtung Bezirksliga, Bert Balte war der Trainer. Es war eine meiner ersten Amtshandlungen, dass wir uns in gegenseitigem Einvernehmen sehr zeitnah getrennt hatten. Eine Zeit lang habe ich in Doppelfunktion auch noch in der zweiten Mannschaft gespielt.

Ist eigentlich irgend eine Trennung mal nicht einvernehmlich verlaufen in den vergangenen 14 Jahren?

Nein.

Der Verein muss ein Kleinod des Friedens sein.

Wenn Sie das so nennen wollen. Natürlich gab es mal unterschiedliche Sichtweisen. Dann muss man sich an einen Tisch setzen und die Dinge regeln. Aber immer intern. Das ist auch eine Frage der Professionalität.

Was war Ihr Highlight in der Zeit als Abteilungsleiter Aktive?

Das ist relativ einfach: das Spiel in Saarbrücken, letzter Spieltag unserer ersten Oberliga-Saison, als wir in der Schlussphase noch hinten gelegen hatten und gewinnen mussten, um nicht abzusteigen. Wir haben noch 2:1 gewonnen. Gefühlt waren wir abgestiegen, aber die Mannschaft hatte immer den Glauben daran, es noch zu schaffen. Ich könnte Ihnen heute nicht sagen, wie es nach dem Abstieg weiter gegangen wäre. Es wäre deutlich komplexer gewesen, die Mannschaft so aufzustellen, dass sie es wieder in die Oberliga geschafft hätte. Das war ein noch größeres Highlight als die beiden Aufstiege. Es folge eine sehr lange Feier bei uns im Vereinsheim.

Hätten Sie im Rückblick gern etwas anders gemacht?

Puh. Nein, und zwar deswegen nicht, weil ich schon behaupten würde, dass wir im Rahmen der vorgegebenen Möglichkeiten etwas Gutes rausgeholt haben. Am Ende des Tages entscheidet, wie so häufig im Leben, das Geld. Klar hätte ich gern mehr Budget zur Verfügung gehabt. Entscheidend ist, dass wir immer auf die Jugend gesetzt haben. Ich habe sicher nicht alles richtig gemacht, aber sicher auch nicht alles falsch. Aber es gehören ja immer noch weitere Leute dazu, und man braucht einen Vorstand, der einem das Vertrauen schenkt. Und dieses Vertrauen habe ich immer gespürt.

Was fängt Frank Specht eigentlich ab Sommer mit seiner Freizeit an?

Ich werde weiterhin alles daran setzen, wenn ich in Mainz bin, das ein oder andere Spiel zu sehen. Ansonsten habe ich meine Zeit mit meiner Frau und meinem Job gut ausgefüllt.

Ist ein Engagement bei einem anderen Klub denkbar? In München werden ja dieser Tage Sportdirektoren gesucht...

(lacht) Ich sage mal so: Auch wenn der FC Bayern München mit gewissen Personen bei uns im Aufsichtsrat sitzt, ist das nicht meine Intention. Im ehrenamtlichen Bereich können Sie definitiv davon ausgehen, dass ich außer in Gonsenheim niemals mehr etwas anderes machen werde. Das Ehrenamt ist für meinen Verein reserviert, und der bleibt in Gonsenheim. Man soll nie nie sagen, aber daran wird sich nie etwas ändern.

Zum Abschluss möchte ich Sie bitten, einige Sätze zu vervollständigen: Ohne Frank Specht würde der SV Gonsenheim heute...

… vermutlich genau da stehen, wo er jetzt ist.

In fünf Jahren wird der SV Gonsenheim...

… unter meinem Nachfolger Marvin Bylsma genau so erfolgreich sein, wie er heute ist. Ich drücke meinem Cheftrainer Babak Keyhanfar die Daumen, dass er endlich das hinkriegt, was mir verwehrt geblieben ist: den Pokalerfolg.

In fünf Jahren wird der aktuelle Gonsenheimer Trainer Babak Keyhanfar...

… einen Pokalsieg erreicht haben und mindestens den Verein in der Oberliga weiterhin stabilisiert haben.

Der SV Gonsenheim steigt in die Regionalliga auf, wenn...

… wir bei Toto-Lotto auf die sechs Richtigen getippt haben. Mit Zusatzzahl.

Der SV Gonsenheim steigt in die Verbandsliga ab, wenn...

… die Führung – sowohl Vorstand als auch Trainer und Marvin Bylsma – so bestehen bleiben, wird der SV Gonsenheim niemals in die Verbandsliga absteigen.

Bei seinem Abschied im Sommer wird Frank Specht...

… nach dem letzten Saisonspiel gegen den FV Diefflen am 20. Mai noch eine große Abschiedsfeier für Mannschaft, Verein und die Ehemaligen geben. Vermutlich wird es sehr emotional, mit einem natürlich erst einmal weinenden Auge, aber auch einem lachenden, weil ich weiß, dass ich mit Marvin Bylsma einen sehr guten Nachfolger habe.

Aufrufe: 017.2.2017, 12:00 Uhr
Thorben SchröderAutor