2024-05-02T16:12:49.858Z

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Einlaufen auf italienisch: Juve trainiert Nürnbergs Jugend. F: Müller
Einlaufen auf italienisch: Juve trainiert Nürnbergs Jugend. F: Müller

Juventus Turin zu Gast in Kleinreuth

Italiener schicken ihre Trainer um eine Woche lang mit der Jugend der Stadt die Grundlagen des Fußballs zu vertiefen

„Velocissimi“, tönt es über das Sportgelände der SG 83. „Schnell, schnell, schnell“, und fünfzehn Augenpaare folgen Luca Coronas Trippelschritten zum Ball. „Control! Un toco!“, ruft der Trainer, der optisch gut in das italienische Aufgebot der WM 1994 gepasst hätte, die Haarmähne wippt im Wind.

Das Kauderwelsch aus Italienisch, Englisch und den deutschen Einwürfen der Übersetzer ist in dieser Woche die Geräuschkulisse an der Regelsbacher Straße, wo die Summer School von Juventus Turin Quartier bezogen hat. Drei an der Akademie des Traditionsvereins ausgebildete Trainer leiten zwei zweistündige Trainingseinheiten täglich, 46 Kinder vertiefen die Grundlagen des Fußballspiels. Am Mittwochmorgen etwa Übungen zur Ballannahme, Kurzpassspiel und eine Spieleinheit. Unmittelbar nach dem Training wird das Gelernte diskutiert.

„Wenn du mit dem Rücken zum Tor stehst“, wendet sich der Trainer an einen Neunjährigen mit blonden Haaren und grünen Schuhen, „und der Tobias läuft sich rechts von dir frei. Wie spielst du den Ball, was machst du mit deinem Körper?“. Nach kurzem Überlegen fällt die richtige Antwort: Ball abschirmen, mit dem rechten Fuß passen — der Trainer ist zufrieden mit seinem Schüler, der Luca heißt und sonst für die U10 des 1. FCN spielt. „Die Trainer verlangen hier sehr viel“, sagt der und zieht weitere Vergleiche zum Club: „Und sie mögen es auch gar nicht, wenn man sich streitet oder Unfug macht“.

Dafür sorgt Gaetano Bomba. Der spielte früher in der dritten italienischen Liga, bis ihm ein Gegenspieler das Knie zertrat. Nach der Ausbildung in der Akademie kümmerte er sich in diesem Jahr als Geschäftsführer um den Aufbau der Summer School in Deutschland. Es ist das achtzehnte Land im Portfolio, rund 30000 Kinder besuchen im Jahr die Camps weltweit. In Nürnberg wacht der 44-Jährige über die Abläufe und sorgt für einen disziplinierten Umgang miteinander — bei fast 50 Kindern ist das nicht immer einfach.

„Die sollen sich fühlen wie kleine Profis“, sagt Bomba. „Da gehört Disziplin dazu“. Es wird in Reih und Glied eingelaufen, abgeklatscht und gemeinsam zu Mittag gegessen („Reis, Pasta, Hühnchen, schnell verwertbare Energie“). Der Tisch, der seinen Platz am saubersten hinterlässt, darf am Ende gegen die Trainer spielen — momentan führt „Tisch Buffon“ knapp vor „Tisch Vidal“.

In Deutschland funktioniere das gut, sagt Bomba, die Deutschen mögen Anweisungen: „In Mexiko, wo die Menschen nicht einmal gewohnt sind, pünktlich zu kommen, sieht das anders aus.“ Im Mittelpunkt steht aber der Fußball. Spricht man mit dem Geschäftsführer in kurzen Hosen, merkt man, dass das mehr als eine hohle Floskel ist. „Fußball ist Leidenschaft, Fußball ist Magie“, sagt er und verleiht seinen Worten mit arg italienischer Gestik Nachdruck.

Wie sehr die Leidenschaft zum Fußball die Beteiligten antreibt, kann man merken, wenn man mit Bomba spricht. Oder mit Cheftrainer Corona, der seit zehn Jahren für Juve arbeitet und tagein tagaus entweder Kinder in Camps oder angehende Trainer in der Akademie ausbildet. Oder man hört sich die Geschichte von Andrea Gerbasi und seinem Sohn Fabrizio an.

Der Sohn ist zehn und besuchte im letzten Jahr in Kempten die vierte Klasse, mithin entscheidend für die weitere schulische Laufbahn. Vater Andrea überlegte sich einen Anreiz und versprach einen Urlaub — Fabrizio schaffte prompt den Sprung auf das Gymnasium und wünschte sich die Teilnahme an der Summer School.

„Ich wäre mit ihm in die USA geflogen, aber er wollte nur Fußball“, erinnert sich der Vater. Und zwar vier Wochen am Stück. Statt Miami also Kleinreuth, Eisingen, Eibelstadt und Cadolzburg — wo die Summer School in Bayern Station macht, Fabrizio trainiert mit, vier Wochen lang, Montag bis Freitag, vier Stunden am Tag. Und der Vater ist dabei. Fußball ist ohnehin seine Leidenschaft, sagt er.

Aufrufe: 08.8.2013, 10:44 Uhr
Christian Bauer (Nürnberger Nachrichten)Autor