2024-04-25T14:35:39.956Z

Querpass
Zusammenhalt pur: Marcel K. (l.) wird bei seinem Kampf auch durch SGJ-Coach Maik Jäger unterstützt. F.: Voigt
Zusammenhalt pur: Marcel K. (l.) wird bei seinem Kampf auch durch SGJ-Coach Maik Jäger unterstützt. F.: Voigt

"Jungs - das schaffen wir noch!"

Wie Sportler mit der Diagnose Krebs umgehen - das Portrait eines Betroffenen

Verlinkte Inhalte

Es ist eine Diagnose, die wohl jeden Menschen unmittelbar zum Nachdenken bringt und die Prioritätenliste des eigenen Daseins völlig infrage stellt - Krebs. Gegenüber FuPa Brandenburg sprach mit Marcel K. von der SG Jänschwalde nun ein betroffener Fußballer über seine eigene Leidenszeit und seinen Optimismus im Kampf gegen die Krankheit, den er trotz allem nie verloren hat.
Es ist im März 2015, als der dreifache Familienvater die erschreckende Nachricht bezüglich seines Gesundheitszustandes erhält. Wo für andere Spieler nun endlich die lang ersehnte zweite Halbserie der Saison beginnt, heißt es für den 32-Jährigen plötzlich Chemotherapie statt Fußballplatz." Das war natürlich zunächst ein Schock. Wer rechnet schon mit so etwas", beschreibt der Mittelfeldspieler der SG Jänschwalde seine Gefühlsempfindung in Bezug auf die Diagnose.

Doch das SGJ-Urgestein lässt sich nicht so schnell unterkriegen. Umgehend wird die erste Behandlung eingeleitet, an deren Ende er den Krebs besiegt zu haben scheint. "Mir war sofort klar, dass Aufgeben keine Option ist. Immerhin bin ich erst 32 Jahre alt, habe drei Kinder und eine Frau. Da hat man auch eine gewisse Verantwortung als Familienvater. Und auf den Platz wollte ich ja auch unbedingt wieder zurück.", so der Mittelfeldspieler, der berufsbedingt auch noch bei einer Berliner Freizeitmannschaft die "Töppen" schnürt.

Der Comeback-Wille des 32-Jährigen ist dabei sogar so stark, dass er gut zehn Wochen nach der Beendigung der Therapie einen besseren Fitnesslevel erreicht hatte, als dies zuvor der Fall gewesen war. Alles scheint also bereit für eine Rückkehr auf den heimischen Rasen an der Heinersbrücker Straße, auf dem der Mittelfeldspieler seit 1989 einige erinnerungswürdige Anekdoten erlebt hatte. "Ich kann mich noch genau an ein Spiel gegen eine Cottbuser Mannschaft erinnern, gegen die wir bereits 2:0 zurücklagen und es dennoch schafften, dass Ding noch für uns zu entscheiden. Der ausschlaggebende Punkt war damals die Aussage eines Gegenspielers, dass die Partie eh gegessen sei. Das weckte in uns nochmal ein echtes Wir-Gefühl und tatsächlich bogen wir das Spiel noch und gewannen schließlich mit 3:2."-so K. .
Dabei ist die Begeisterung des Jänschwalders selbst über den sonst eher nüchternen Hörer des Redaktionstelefons, eindeutig zu spüren, sodass man sich kurzzeitig sogar in eben jenen Moment versetzt fühlt, in dem sich das komplette Team mit einer "Jungs - wir schaffen das noch"-Einstellung gegen die vermeidliche Niederlage stemmt.



Eben jenes Wir-Gefühl scheint auch außerhalb des Platzes stets ein gängiger Begleiter in den Reihen der Blau-Weißen zu sein. Denn mitten im Interview nimmt K. plötzlich selbst Bezug auf einen Kollegen, dem er nach einer erneut schweren Verletzung ein baldiges Comeback wünscht. Dabei bezieht sich seine Aussage konkret auf Christian Freitag, der sich am 6. Spieltag gegen Rot-Weiß Merzdorf das Knie verdrehte und wohl mehrere Monate pausieren muss. "Das ist unglaublich ärgerlich für Christian. Wir hatten uns vor der Saison ausgemacht, unbedingt wieder gemeinsam auf dem Rasen zu stehen. Doch nun hat es erneut sein Knie erwischt. Das tut mir persönlich sehr leid für ihn und ich hoffe er schafft es nochmal zurück auf den Rasen."

Allein diese kurzen Zeilen reichen aus, um zu verstehen, dass der Fußball manchmal eben doch mehr ist, als nur eine Nebensache. So ergibt sich im Verlauf des Interwies immer mehr das Bild, dass der Sport neben der Familie die Hauptantriebswelle des 32-Jährigen zu sein scheint, der jüngst verkraften musste, dass sein Leidensweg doch nicht komplett abgeschlossen ist. Der heimtückische Krebs wurde bei einer Kontrolluntersuchung leider erneut festgestellt, sodass der Zentrumsspieler der SGJ sich einer weiteren Behandlung unterziehen muss. Dabei wird diese deutlich intensiver ausfallen, als das bei der ersten Chemotherapie der Fall gewesen war.
Doch auch davon scheint sich der beeindruckend positiv gestimmte Betroffene keineswegs einschüchtern zu lassen. "Mein Motto bleibt auch weiterhin, dass ein Spiel erst nach 90 Minuten vorbei ist. Somit kann bei mir doch noch nicht mit 32 Schluss sein. Ich denke, ich werde das schaffen!"

Dass er auf seinem schweren Weg dabei auch erneut auf die Unterstützung seiner Fußballkollegen bauen kann ist sicher. So erfährt der SGJ-Kicker im Kampf gegen den Krebs sowohl die Unterstützung seiner Berliner Mitspieler, als auch den Zuspruch des kompletten Jänschwalder Vereins. So enthüllten Letztgenannte erst jüngst beim Duell gegen den SV Rot-Weiß Merzdorf ein Plakat mit der Aufschrift "Marcel bleibe stark!", was nicht nur beim 32- Jährigen selbst einen "Kloß" in den Hals setzte.
Immerhin erinnerte die Szenerie sehr an die emotionale Geste der Akteure des 1. FC Union Berlin, die ihrem ebenfalls an Krebs erkrankten Mitspieler Benjamin Köhler im Februar diesen Jahres mit dem Banner "Eisern bleiben Benny!" ebenfalls außergewöhnliche Genesungswünsche übermittelten.
Auch dort zeigte sich: Fußball ist manchmal eben doch mehr als nur die schönste Nebensache der Welt.

Und als wäre allein dieser finale Eindruck des Gespräches nicht schon beeindruckend genug, hat Marcel K. gegen Ende des Interwies sogar noch den Willen anderen Betroffenen Mut zu machen. So äußerste er kämpferisch: "Man sieht an verschiedenen Fällen, dass man es immer schaffen kann - möge die Chance noch so klein sein. Das muss man sich immer im Hinterkopf behalten. Nicht nur die Beispiele von Lance Armstrong oder Pirmin Schwegler haben das bewiesen". Eine Tatsache die eindeutig verdeutlicht - Marcel K. hat das "Jungs - das schaffen wir noch"-Gefühl wohl mehr als nur verinnerlicht und somit große Chancen, den schwersten Gegner seines Lebens auch erneut zu besiegen. Dafür wünscht ihm die komplette Redaktion von FuPa Brandenburg alles erdenklich Gute.

Mit Marcel K. sprach Tobias Voigt





Aufrufe: 01.10.2015, 08:58 Uhr
Tobias VoigtAutor