2024-05-10T08:19:16.237Z

Allgemeines
Das D-Jugend-Bezirksmeisterteam des TuS Schönau  von 1970 mit  Markus und Joachim Löw (links und rechts neben den Torhütern) sowie Werner Hornig (oben, Dritter von rechts). Hans-Peter Schulzke (rechts neben dem kommenden Bundestrainer) spielte wie"Maggi und Jogi" später beim SC Freiburg. Trainer Wolfgang Keller war in 30 Jahren beim SC Freiburg Jugendtrainer und -leiter sowie Chefscout. | Foto: Pr
Das D-Jugend-Bezirksmeisterteam des TuS Schönau von 1970 mit Markus und Joachim Löw (links und rechts neben den Torhütern) sowie Werner Hornig (oben, Dritter von rechts). Hans-Peter Schulzke (rechts neben dem kommenden Bundestrainer) spielte wie"Maggi und Jogi" später beim SC Freiburg. Trainer Wolfgang Keller war in 30 Jahren beim SC Freiburg Jugendtrainer und -leiter sowie Chefscout. | Foto: Pr

Joachim Löws Anfänge im Fußball

Putenschnitzel im Schwimmbad +++ An diesem Freitag wird der Weltmeistertrainer in Schönau zum Ehrenbürger ernannt.

An diesem Freitag gibt es wieder einmal einen Empfang für Joachim Löw. Das ist trotz einer gefühlten Inflation angemessen, schließlich ist er der Weltmeistertrainer. Diesmal wird Löw in Schönau, in seiner Heimat, wo er groß geworden ist und zum ersten Mal mit Fußball in Berührung kam, mit allen Ehren empfangen. Er wird Ehrenbürger und das Buchenbrandstadion erhält seinen Namen. Einer der 150 geladenen Gäste ist Werner Hornig. Löws früherer Mitspieler in der Jugend und seit langem Mitarbeiter der Badischen Zeitung erinnert sich.

D-Jugend-Kollege der Löws: Werner Hornig | Foto: Meinrad Schön

Dieser Tage wird man viel nach den alten Zeiten gefragt: TV-Sender, Zeitungen, Radiosender, das geht im Grunde seit Monaten so. Dabei kommen viele Sachen wieder hoch. Ich habe es natürlich nie vergessen, aber jetzt ist es wieder umso präsenter, wie wir damals, 1970, mit der D-Jugend Bezirksmeister wurden. Das war die erste Meisterschaft überhaupt für den TuS Schönau. Jogi war zehn, er war der Jüngste, mit Abstand. Trotzdem war er der Beste. Sportlich ragte er heraus, du hast genau gesehen, was los ist. Wenn wir im Spiel mal nicht wussten, wohin mit der Kugel, hat er sie bekommen. Trainer Wolfgang Keller, der später Jugendleiter beim SC Freiburg wurde und auch Förderer des Trainers Christian Streich war, hat immer gesagt: "Der wird mal was." Unglaublich, wie recht er hatte. Später, als Jogi etwa 18 war, hat er ihn nach Freiburg gelotst, zuerst zur Eintracht. Als Jogi dann über den SC in Stuttgart gelandet ist, war ich sogar VfB-Sympathisant. Das kann eigentlich nicht sein, aber ich musste ja. "Unser" Jogi hat dort gespielt.

Dass er solch eine Karriere gemacht hat, hat natürlich Gründe gehabt. Ich war derjenige, der ihm auf dem Platz den Rücken frei gehalten hat, so konnte er sich entfalten, Kräfte für später sparen. Er war der Künstler, ich der Arbeiter. Spaß beiseite. Wir waren eine tolle Truppe, es gab keine Grüppchenbildung, und wir haben so oft es ging gegen den Ball getreten. Nach der Schule hieß es oft: "Wo kicken wir?" "Na bei Löws daheim." Jogis Vater war Ofensetzermeister und hatte ein Geschäft. Vor ihrem Haus gab es so einen sandigen Vorplatz, da war viel Platz, und da haben wir uns oft getroffen. Man könnte fast sagen: echte Straßenfußballer. Wir haben zu der Zeit auch immer mal wieder so kleine Turniere gespielt, jeder hat 50 Pfennig dazu gegeben für einen kleinen Pokal. Das Mannschaftsfoto ist in der Halle in Aitern entstanden, in Schönau hatten wir damals keine. Woran ich mich am meisten erinnere: Am Ende des Trainings wollte der Wolfgang immer, dass wir Sitzfußball spielen. Haben wir gemacht. War offensichtlich ein gutes Training, denn, was eigentlich unvorstellbar ist: Fünf aus dieser Zeit beim TuS Schönau sind Profis geworden. Neben Jogi unter anderem auch sein Bruder Markus, mein Kumpel, der später zwei Jahre beim Sportclub in der Zweiten Liga gespielt hat. Oder Hansi Schulzke. Der hat mit Paul Breitner in Braunschweig und viele Jahre beim SC gespielt. Fast alle von damals werden am Freitag zum Empfang kommen, natürlich auch Wolfgang Keller. Einer ist leider im Urlaub und mein Bruder Stefan, der zwei Restaurants in Oslo hat, kann leider nicht weg. Da werden wir aus der D-Jugend, wie ich gehört habe, alle beim Schönauer Gymnasium auf die Bühne gebeten. Wo Jogi zur Schule gegangen ist.

Jogi kommt ja nicht mehr so oft nach Schönau. Aber im Sommer ist er ab und zu mal da. Meistens sieht man ihn bei seinem Bruder Pit im Vereinsheim oder im Schwimmbad wie er sein Putenschnitzel mit Spätzle oder wahlweise mit Pommes isst. Ab und zu schwätzt man miteinander, meistens Smalltalk, Zeit ist knapp, und über Fußball wird wenig geredet. Da fragt er dann, wie es dem Stefan geht oder meinem Reisebüro. Es ist schon unglaublich: Er ist in der Welt ein hochanerkannter Mann, hat sich aber, soweit ich das beurteilen kann, nicht verändert. So wie er vor zehn, 15 oder 20 Jahren war, ist er noch heute. Ein ganz bodenständiger, sympathischer Kerl.

Trainer des Bundestrainers: Wolfgang Keller | Foto: Claus Zimmermann
Bei der WM war in Schönau natürlich Ausnahmezustand. Besonders beim Pit, wo die TV-Sender quasi Schlange standen. Vorm Endspiel bin ich bei Mutter Löw vorbei, sie wohnt zwei Häuser weiter. Da hat sie die Tür aufgemacht, stand da im Deutschland-Trikot und mit Schal und war unglaublich nervös, wie wir alle. Ich hab' sie in den Arm genommen und gesagt: "Glaub mir, es wird gut heute Abend." Da war sie erleichtert und meinte: "Ach, Werner, wenn du des sagsch." Dass es dann mit dem Titel wirklich geklappt hat, wollte man irgendwie nicht kapieren, es war surreal. Klar, man dachte, Deutschland ist Weltmeister, aber dass es mit dem Jogi war, habe ich erst Tage später richtig realisiert: der Jogi Löw aus Schönau, unser Mitspieler, auf einer Stufe mit Helmut Schön oder Sepp Herberger. Und Franz Beckenbauer. Naja. Fast.

Der Empfang von Joachim Löw beginnt am Freitag um 17 Uhr. Im 2500-Seelen-Ort werden 2000 bis 3000 Menschen erwartet.

Aufrufe: 016.10.2014, 23:00 Uhr
Aufgezeichnet von Uwe Rogowski (Autor