2024-04-25T14:35:39.956Z

WM 2014
1:0 - jetzt bebt die Hütte, nicht nur in Staufenberg. Fotos (2): Ben
1:0 - jetzt bebt die Hütte, nicht nur in Staufenberg. Fotos (2): Ben

"Jetzt mischt sich die Fifa schon beim Tippspiel ein"

Fan-Report aus Staufenberg

STAUFENBERG - Als Thomas Müller in der 78. Minute im Stile seines Namensvetters Gerd zum 4:0 abstaubte, war der Höhepunkt der Feierlichkeiten in „Fuzzis Hütte“ in Staufenberg erreicht. Genau genommen war die Party aber spätestens ab der Halbzeitpause in vollem Gange, nachdem sich die deutsche Mannschaft in ihrem ersten Turnierspiel von ihrer besten Seite gezeigt hatte.

Rückblende: Um 16 Uhr öffnete Sportheim-Leiter und Namensgeber Achim „Fuzzi“ Panzer die Pforten, und die ersten Gäste ließen nicht lange auf sich warten. „Das gemeinsame Anschauen von EM und WM hat hier ja schon seit Jahren Tradition“, sagt Panzer. Doch nach dem Umbau des alten Vereinsheimes in eine ganzjährige Partykneipe musste in diesem Jahr auf die immer größer werdenden Besucherzahlen reagiert werden. Ein überdachter Biergarten mit Leinwand wurde in Eigenregie errichtet, der vielen weiteren Fans Public Viewing „vor der Haustür“ ermöglicht. Zudem bietet „Fuzzis Hütte“ neben sehr zivilen Preisen für Getränke auch Gegrilltes an. Die Wartezeiten sind im Vergleich zu größeren Events extrem gering, da das aus jungen Damen plus Panzer-Sohn Dennis bestehende Thekenpersonal zum einen zahlreich vertreten, zum anderen sehr flott unterwegs ist. Rabattkarten, die bei größer werdenden Beträgen immer mehr Preisnachlass gewähren, runden das Angebot ab.

Je näher der Spielbeginn rückte, umso zahlreicher strömten die Fußballfans auf das Sportgelände des SV Staufenberg, ausgestattet mit Trikots, Ketten, Hüten oder Tröten in Deutschland-Farben. Doch vor der ersten Begegnung war vielen die Anspannung anzumerken. „Ich fürchte, das wird ein ganz enges Ding. Wenn kein schnelles Tor fällt, könnte es ein sehr taktisch geprägtes Spiel werden“, sagte der Daubringer Werner Fuchs eine halbe Stunde vor Anpfiff. „Dennoch bin ich mir sicher, dass wir die Gruppenphase überstehen werden.“ So oder so ähnlich war der allgemeine Tenor vor der Partie, doch eine gewisse Unsicherheit war spürbar. „Vor dem ersten Spiel weiß man ja auch nie genau, wo man steht!“ – fünf Euro ab ins Phrasenschwein. Das Singen der Hymen war der erste emotionale Höhepunkt, doch mit dem Anpfiff von Schiedsrichter Milorad Mazic herrschte leicht nervöse Unruhe unter den Gästen vor. Als Sami Khedira das leere portugiesische Tor verfehlte, wurden erste Schimpftiraden losgelassen. Selbstverständlich hätte jeder der Anwesenden den Ball versenkt.

Doch nur fünf Minuten später explodierte „Fuzzis Hütte“ zum ersten Mal, als Müller vom Punkt zum 1:0 traf. Einzig der Staufenberger Nico Humburg war „not amused“, als die Fifa kurz darauf den Treffer von der 13. auf die 12. Minute korrigierte. Er hatte nämlich beim extra eingeführten Tippspiel auf die vermeintlich richtige Minute für das erste Tor des Spiels gesetzt und den stattlichen Gewinn schon gedanklich in Alkoholika umgesetzt. „Jetzt mischt sich die Fifa schon beim Tippspiel ein“, wetterte Humburg, mit einem Augenzwinkern.

Das war praktisch der einzig „echte“ Aufreger in der ersten Halbzeit, denn das deutsche Spiel hellte die Mienen der zahlreichen Besucher schnell auf. Nach Hummels‘ Kopfball-Kracher zum 2:0 jubelte „Fuzzis WM-Hütte“ mit der deutschen Elf und „Angie“ Merkel um die Wette.

Pepes Ausraster, der mit Rot geahndet wurde, dann noch der unnachahmliche Thomas Müller, praktisch mit dem Pausenpfiff – da war die Anspannung vollends verflogen und Partystimmung gewichen. „Deutschland, Deutschland-Gesänge“ schwappten durch die Reihen.

Pause in Salvador: ein schnelles Kippchen und der obligatorische Halbzeit-Toilettenbesuch, dazu der Smalltalk zum bisherigen Spielgeschehen. Natürlich im Stehen, um sich ein wenig die Füße zu vertreten. Solche Szenarios dürften sich nicht nur in Staufenberg, sondern landauf, landab abgespielt haben. Deutschland einig Rumsteh-Land.

„Das ist eine ganz starke Leistung der Jungs bisher“, zeigte sich Jonny Ensle begeistert. „Vor allem der Müller ist klasse. Der fackelt nicht lange!“, sagte Ensle, früher selbst ein begnadeter Knipser. Mit seherischen Fähigkeiten: „Einen macht er noch, dann führt er die Torschützenliste ganz alleine an.“

In der zweiten Halbzeit wurde ob der Überlegenheit Deutschlands und der Unterzahl Portugals schnell klar, dass wohl nichts den bravourösen Turnierauftakt der Löw-Truppe verhindern wird. Da das Spiel zudem nicht mehr so viele Highlights zu bieten hatte, konzentrierte sich die Fußballgemeinde aufs gemeinsame friedliche Feiern und auf Portugals Superstar. Als Cristiano Ronaldo in einem Slow-Motion-Bild in weinerlicher Pose gezeigt wurde, hatte dies eine lang gezogenes „Ooooch!!!“ zur Folge. Und auch ein Freistoß von „CR7“, der in der Phillip Lahm-Ein-Mann-Mauer landete, sorgte für höhnisches Gelächter. Er polarisiert eben. Einzig der älteste Besucher, der 80-jährige Portugiese Fernando Fatia, hatte nur noch Kopfschütteln und wegwerfende Handbewegungen für das Auftreten der Jungs aus seinem Heimatland übrig.

Müllers 4:0-Schlusspunkt sorgte für ein turbulentes Jubel-, Pfeifen- und Trötenkonzert und erfüllte zudem Jonny Ensles Halbzeitprognose. Danach wurde sich neuerem deutschen Fußball-Liedgut wie „54, 74, 90…“ und „Schwarz und Weiß“ gewidmet. Die Party war im Gange.

Der Schlusspfiff des serbischen Fleischfabrikdirektors ging in der kollektiven Partystimmung unter. Auch „Ecki“ Göbel, während der WM nicht nur Gast, sondern auch Aushilfs-DJ, zeigte sich begeistert. „Das konnte keiner vor der Partie erwarten. Ich bin mehr als zufrieden. Solch einen WM-Start wünscht man sich natürlich.“

Auch die Staufenbergerin Jessi Werner, mit Deutschland-Blumenkette geschmückt und mit ihrer Mädels-Riege vor Ort, war entzückt. „Ein super Auftritt. Thomas Müller hat mir natürlich toll gefallen und auch Sami Khedira. Ich war aber trotzdem sehr angespannt, weil ich von den Portugiesen eigentlich deutlich mehr erwartet hatte.“


Flott in vielerlei Hinsicht - das "Fuzzi"-Thekenteam.

Auch weit nach dem Spiel waren noch zahlreiche Besucher in großartiger Stimmung, aber der nahende Arbeitstag lichtete die Reihen naturgemäß dann doch. „Fuzzi“ Panzer war darüber aber in keinster Weise betrübt: „Das ist ja völlig normal, wenn Spiele unter der Woche liegen. Keine Angst. Am Samstag steigt hier garantiert die nächste Fete,“ und verwies damit gleich auf den deutschen Auftritt gegen Ghana. „Und da gehen wir mal so richtig steil“, schob Panzer nach. Wer ihn kennt, hat daran sicher auch keinen Zweifel.

Arm in Arm verließen in schwarz-rot-gold ausstaffierte Besucher das SVS-Sportgelände, singend, feiernd und mit der klaren Ansage: Gegen Ghana sind wir auf jeden Fall wieder hier.“ Ob dann wieder Thomas Müller für Partystimmung sorgt – oder ein anderer deutscher Spieler, dürfte keine Rolle spielen. „Fuzzis Hütte“ ist auch für das nächste Event bestens gerüstet.

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Dutenhofen: Alle WM-Spiele der deutschen Mannschaft präsentiert das Evangelische Gemeindezentrum Dutenhofen. Darüber hinaus werden alle Spiele ab dem Achtelfinale gezeigt. Für Kinder wird am kommenden Samstag (21. Juni) sowie am Finaltag (13. Juli) zudem ein Kinderkino angeboten. Eintritt: frei.

Aufrufe: 018.6.2014, 08:57 Uhr
Marc SteinertAutor