2024-04-20T08:00:28.265Z

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Mit einem 3:2-Erfolg sicherte sich der SV Seligenporten am letzten Spieltag die Meisterschaft. F: Zink
Mit einem 3:2-Erfolg sicherte sich der SV Seligenporten am letzten Spieltag die Meisterschaft. F: Zink

"Jeder hat seine Interessen dem großen Ziel untergeordnet"

Die Meister 15/16: Für Seligenporten-Coach Serdar Gündogan war der Zusammenhalt Schlüssel zum Titel +++ Mindestens noch ein Offensivmann soll kommen

„Wir haben mit dem Meistertitel alle gemeinsam Geschichte geschrieben. Für den Verein ist es eine sensationelle Sache wieder in der höchsten Amateurklasse spielen zu dürfen und das Aushängeschild einer ganzen Region zu sein“, beschreibt ein stolzer Meistertrainer die Bedeutung des Seligenportener Erfolgs. Serdal Gündogan und sein Kollege Florian Schlicker sind die Architekten der gewonnenen Meisterschaft und des direkten Wiederaufstiegs. Vor allem der Zusammenhalt innerhalb der Mannschaft sei für sie der Schlüssel gewesen.
Was waren die Sorgen zu Beginn der Bayernligasaison 2015/16 groß beim SV Seligenporten: Nach dem Abstieg aus der Regionalliga hatten die Klosterer neben finanziellen Problemen einen großen personellen Aderlass zu verkraften, der durch die wenigen Neuzugänge nur teilweise aufgefangen werden konnte. Was dem SVS jedoch blieb, waren einige gestandene Führungsspieler wie Christ oder Kapitän Räder sowie das Trainerteam mit Florian Schlicker und Serdal Gündogan. Ziel war es zunächst einfach eine ordentliche Saison zu spielen, der Aufstieg wurde nicht als Pflicht ausgerufen.

Doch der Saisonstart übertraf alle Erwartungen: Mit fünf Siegen in Folge und 15 Treffern starteten die Seligenportener in die Saison, darunter auch der wilde 3:5-Sieg bei Jahn Regensburg II, in der Hobsch und Schwesinger jeweils einen Doppelpack schnürten. Trainer Gündogan erklärt sich den starken Auftakt so: „Ich denke, dass das Team charakterlich gut zusammengepasst hat. Wir wurden schnell zu einer Einheit, gekoppelt mit einer neuen offensiveren Spielidee und individueller Qualität der Spieler konnten wir schnell unseren Rhythmus finden.“

Herzner als Königstransfer

Danach wurden die Ergebnisse allerdings durchwachsener. Die Konstanz fehlte, da die Klosterer gerade in der Offensive häufig eklatante Schwächen im Abschluss offenbarten. Gleichzeitig häuften sich die Fehler in der Defensive, sodass „wir viele Punkte unnötig liegen gelassen haben. Zum Teil haben wir aber auch mit unserer offensiven Spielweise sehr gute und unterhaltsame Spiele abgeliefert“, erklärt Gündogan. Zur letzteren Kategorie zählte unter anderem die 6:3-Pleite beim Rückspiel in Eltersdorf. Kurios: In diesem Spiel trafen sowohl Kevin Wolemann als auch Bastian Herzner (sogar doppelt) ins Tor der Seligenportener. Beide wechselten in der Winterpause ins Klosterdorf, wo sie sich als Stammspieler etablierten und maßgeblich am Erfolg beteiligt waren.

Gerade Herzner, der als bester Torjäger der Liga zum SVS wechselte, galt als Königstransfer. Zwar musste der talentierte Stürmer die Torjägerkanone zum Ende der Saison an den Haibacher Breunig abtreten, trotzdem wurde er den hohen Erwartungen mit seiner kampfbetonten Spielweise, seiner Schnelligkeit und 14 Toren in der Rückrunde für Seligenporten mehr als gerecht. Auch die weiteren Neuzugänge Lino D'Adamo und Torhüter Christopher Pfeiffer erwiesen sich als Volltreffer. Pfeiffer gelang es, den bis dahin als Stammspieler geltenden Daniel Müller aus dem Klosterer Kasten zu verdrängen.

Aber auch unter den Feldspielern gab es in der Rückrunde einige, die unter dem nun breit aufgestellten Kader ihren Platz in der Startelf verloren. Neben Srdjan Gajic ist vor allem Rico Röder ein bezeichnendes Beispiel dafür. Der agile Offensivmann konnte in der zweiten Saisonhälfte seine Spritzigkeit und seine Begabung durch tolle Dribblings ganze Abwehrreihen zu umspielen, kaum noch auf den Platz bringen. Zu oft verpasste er das Timing zum Abspiel und wurde somit nur noch sporadisch eingesetzt. Das Trainerduo Schlicker/Gündogan setzte viel mehr aufs Rotieren, was am Ende auch einer der Schlüssel zum großen Erfolg war. Schließlich waren die Klosterer stets in der Lage die zahlreichen Ausfälle dank des breiten Kaders ohne Qualitätsverlust zu kompensieren.

Auch der Mannschaftsgeist habe darunter nicht gelitten, wie Gündogan erklärt: „Wir waren uns von Anfang einig, dass man für den Aufstieg jeden einzelnen Mann brauchen wird und die Spieler haben das gemerkt. Jeder hat seine eigenen Interessen dem großen Ziel untergeordnet und ist respektvoll mit dieser Situation umgegangen.“ Gleichzeitig seien Nichtnominierungen stets ein Ansporn für die Spieler gewesen.

Defensivarbeit nach Winter verbessert

Der Rückrundenstart gelang wieder nach Maß: Mit drei Siegen in Folge startete der SVS ins Kalendarjahr 2016, der zur Winterpause noch acht Punkte betragende Rückstand auf die Tabellenspitze schmolz mit der Frühlingssonne allmählich dahin. Darauf folgten drei wichtige Spiele gegen Teams aus der oberen Tabellenhälfte. Gegen Weiden und Haibach (beide 0:0) ließen die Klosterer Punkte liegen, doch im Heimspiel gegen Hof gelang ein bedeutsamer 2:0-Sieg, bei dem Neuzugang Pfeiffer mehrere Male grandios parierte. Erfolgreich ging es weiter auf die Zielgerade der Saison zu.

„Nach dem Winter haben wir uns als Team in der gesamten Defensivarbeit verbessert und haben an Stabilität gewonnen“, erläutert Gündogan. Auch die mentale Stärke der Spieler sei ein wichtiger Faktor gewesen, da „sie immer an eine Aufholjagd und den den damit verbundenen Aufstieg geglaubt haben.“ Besonders die Partie in Erlenbach, in der der SVS einen 2:0-Rückstand in einen 2:4-Sieg drehen konnte, wird wohl noch lange in Erinnerung bleiben. Vier Platzverweise gab es in dieser hitzigen Begegnung.

Mit dem Spitzenspiel gegen Großbardorf in der MARena läuteten die Klosterer den Endspurt ein. In der taktisch geprägten Partie stand am Ende ein leistungsgerechtes 1:1 auf der Anzeigetafel. Den Treffer für die Hausherren erzielte mal wieder Florian Bauer, der mit seinen insgesamt zwölf Saisontoren als Abwehrspieler eine ganz besondere Figur der Aufstiegstruppe darstellt. Es folgte eine unnötige 2:0-Niederlage gegen den 1. FC Sand, durch den sich die Seligenportener die sehr gute Ausgangslage vor dem Saisonfinale verspielte.

Drei Spieltage vor dem Ende hatte sich ein brutal spannender Fünfkampf um die Meisterschaft herausgebildet, bei dem jeder Ausrutscher das Ende der Aufstiegsambitionen hätte bedeuten können. Doch die Klosterer Elf blieb cool: Zunächst gelang im Derby gegen Feucht eine 1:0-Revanche und eine Woche später drehte der SVS das enorm wichtige Spitzenspiel gegen Eichstätt zu einem knappen 1:2-Erfolg. Der letzte Spieltag bedeutete 90 Minuten pure Spannung: Jedes Tor der fünf Spitzenteams löste eine neue Tabellenkonstellation aus. Zwischenzeitlich waren vier Teams punktgleich, die Live-Tabellen unterschiedlicher Fußballportale zeigten unterschiedliche Platzierungen an – ein dramatisches und spannendes Finale.

Wieder ging der SVS im Heimspiel gegen Erlenbach zunächst in Rückstand, doch die Klosterer kämpften sich erneut rein und drehten die Partie. Mit dem 3:1-Volleytor durch Patrick Hobsch schien zumindest im Kloster das Spiel entschieden, doch der SVE kam durch einen unglücklich abgefälschten Schuss von Fiordellisi nochmal ran. Aber auch im Fernduell wurde es nochmal spannend, da Großbardorf gegen Hof nicht gewinnen durfte. Doch es sollte dabei bleiben und im Kloster fielen sich alle erleichtert in die Arme. Die Meisterschaft und der direkte Wiederaufstieg waren geschafft.

Konkurrenz war enorm stark

In der Ruhe liegt die Kraft. Das war das Motto in der heißen Schlussphase, wie der Trainer erläutert: „Für uns war es wichtig, dass immer nur unser eigenes Spiel im Mittelpunkt stand. Somit waren unsere Spieler auf ihre aktuelle Aufgabe fokussiert und haben unter der Woche konzentriert gearbeitet. Die Jungs sind im Endspurt relativ cool geblieben, besonders nach Rückständen, und haben an ihre Stärken geglaubt.“ Allerdings sei ihnen auch bewusst, dass es bei den drei knappen Siegen zum Schluss auch schnell hätte anders kommen können. „Bei einem Ausrutscher wären wir nicht Meister geworden und nicht aufgestiegen“, schmunzelt Gündogan. Allerdings sei auch die Konkurrenz in dieser Saison enorm stark gewesen: „Alle Mannschaften die bis zum Schluß im Meisterschaftskampf mitgemischt haben, spielten eine phantastische Runde und hätten den Titel holen können.“ Insbesondere die Hofer seien der stärkste Konkurrent gewesen: „Ich fand sie schon sehr weit in Ihrer Entwicklung und denke dass sie verdient aufgestiegen sind. Glückwunsch an dieser Stelle.“

Der SV Seligenporten hat die Meisterschaft vor allem als eine starke Mannschaft gewonnen. Insbesondere die vielen gedrehten Spiele und das erfolgreiche Abschneiden im Pokal sind ein Beleg dafür. Technisch und spielerisch hatte der Kader ohnehin gerade mit der Mittelfeldachse Klose/Christ und Stürmer Herzner fast schon Regionalliganiveau. Gündogan und Schlicker haben es geschafft, den kreativen Teil des Teams mit der Kampfkraft von Bauer, Räder, Hobsch und co. zu einer füreinander kämpfenden Truppe zu koppeln. In diesem Mannschaftsgefüge waren die Spieler in der Lage ihr Potenzial voll auszuschöpfen und zu einer schwer ausrechenbaren und ungemein torgefährlichen Offensive (72 Tore) zu verschmelzen. Gerade in der Rückrunde zeigte sich auch das kollektive Verteidigen als wichtiger Faktor zur defensiven Stabilität.

Die Vorfreude auf die Regionalliga in Seligenporten ist selbsterklärend groß. Klar ist auch für das Trainerduo, das in der kommenden Saison weiterhin die Übungen im Kloster leiten wird: „Als Aufsteiger ist unser Ziel in erster Linie der Klassenerhalt. Wir wissen dass wir mit ca. 1400 Einwohnern kein typischer Regionalligist sind. Für uns ist jedes Jahr, in dem wir in dieser Liga spielen dürfen, ein Geschenk.“ Langfristig sei es jedoch Ziel des Vereins sich, solange es die Rahmenbedingungen zulassen, in der Regionalliga zu etablieren.

Gründe zum Optimismus sind vor allem dank der bereits weit fortgeschrittenen Kaderplanung durchaus vorhanden. Ein Großteil des Kaders hat bereits verlängert, vor allem die Leistungsträger können wohl trotz Interesse anderer Vereine gehalten werden. Trainer Gündogan begründet das so: „Ich denke, dass sich unsere Spieler in Seligenporten wohl fühlen und sich auch mit der Regionalliga belohnen möchten. Daher verliefen die Vertragsverlängerungen ziemlich unkompliziert.“ Verlassen haben den SVS bisher nur Spieler, die aufgrund mangelnder Einsatzzeiten eine neue Herausforderung suchten: Gajic (Viehhausen), Schwesinger (Eltersdorf), Müller (Augsburg II) und König (Feucht) werden in der kommenden Spielzeit nicht mehr das Seligenportener Trikot tragen.

"Mario bringt alles mit"

Auf der anderen Seite stehen bereits einige hochkarätige Neuzugänge fest: Neben dem hochtalentierten Innenverteidiger Christian Held (21) auch der bisherige Kapitän der Fürther Regionalligamannschaft Marco Weber (22) ins Kloster. Des weiteren konnte sich der SVS aus Burghausen die Dienste des Regionalliga-erfahrenen Stürmers Marcel Mosch (23) sichern. Aus der Bayernliga schnappte sich Seligenporten den erst 19 Jahre jungen, aber bereits mit viel Spielpraxis gesegneten Torwart Tugay Akbakla (32 Einsätze) aus Forchheim. Ein wahrer Transfer-Coup gelang mit der Verpflichtung von Mario Swierkot vom Lokalrivalen SC Feucht. „Mario bringt alles mit was wir uns von einem Offensivspieler vorstellen. Er ist schnell, technisch versiert und torgefährlich“, beschreibt Gündogan den 26-Jährigen.

Über allem steht jedoch der Name Juri Judt, der von Rot Weiß Essen ins Kloster wechselt und sofort eine Führungsrolle übernehmen soll. Mit Judt hat der SVS nun neben Marco Christ einen zweiten Bundesliga-erfahrenen Mittelfelspieler (101 Zweit- und 44 Erstligaspiele) in seinen Reihen. Mit seinen 29 Jahren gehört der ehemalige FCN- und Greutherspieler auch noch nicht zum ganz alten Eisen. Neben der fußballerischen Qualität des Deutsch-Kasachen sollen vor allem die jungen Spieler von seiner Erfahrung profitieren.

Und es werden weitere Spieler kommen, vor allem in der Offensive darf man mindestens noch einen Neuzugang erwarten. Mit einem breit besetzten Kader möchte der SVS in die kommende Saison gehen, der in der Lage ist die offensive Spielidee von Gündogan und Schlicker auch in der vierten Liga umzusetzen und die Klasse zu erhalten. Die Chancen darauf sind durchaus als realistisch einzuschätzen.

Aufrufe: 016.6.2016, 15:49 Uhr
Marc-Leon HahneAutor