2024-05-08T14:46:11.570Z

Interview
Jahn-Vorstandschef Hans Rothammer verlangt von den Spielern, sich fortan auf Fußball zu konzentrieren. Foto: Nickl
Jahn-Vorstandschef Hans Rothammer verlangt von den Spielern, sich fortan auf Fußball zu konzentrieren. Foto: Nickl

Jahn-Boss liest Spielern die Leviten

Hans Rothammer spricht im Interview über die Trainer-Entlassung, die T-Shirt-Aktion des Teams und Sprechchöre der Fans

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Herr Rothammer, wer hat denn nun entschieden, dass man sich von Christian Brand trennt?

Formal ist unser Sportchef Christian Keller dafür zuständig und hat die Maßnahme auch vollzogen. Tatsächlich basiert die Entscheidung aber auf einer einhelligen Meinung, die sich in den Gremien des SSV Jahn gebildet hat. Dazu haben wir nach der Niederlage gegen Ingolstadt eine Sitzung einberufen, an der alle teilgenommen haben. Die zwei, die nicht in Regensburg vor Ort sein konnten, wurden telefonisch zugeschaltet.

Was wurde Christian Brand denn konkret vorgeworfen?

Im Detail will ich da nicht drüber sprechen, das bleibt natürlich intern. Die Sache lässt sich auch nicht an einem Punkt festmachen. Wir waren schlichtweg der Meinung, dass auf die sportliche Entwicklung der vergangenen Wochen reagiert werden musste. Es wurden zuletzt im Schnitt einfach zu wenig Punkte geholt. Wir haben das große Ziel Meisterschaft und waren nicht mehr davon überzeugt, dass wir dieses mit Christian Brand als Trainer erreichen werden.

In anderen Vereinen entscheidet der Sportchef eigenverantwortlich über den Trainer. Warum nicht beim Jahn?

Weil ich es für absolut richtig erachte, dass über die Besetzung von entscheidenden Positionen in einem größeren Kreis entschieden wird. Das ist jetzt übrigens auch keine Entmachtung von Christian Keller. Seit ich beim Jahn in meinem Amt bin, haben wir über Schlüsselpositionen immer gemeinsam entschieden.

Reden dann nicht zu viele Personen mit?

Nein, weil die Personen in den Gremien des SSV Jahn als Erste die Verantwortung gegenüber den Fans, den Investoren und wegen des Stadions auch gegenüber dem Steuerzahler tragen. Wir wollen den Jahn schnellstmöglich in den Profifußball zurückbringen. Hierfür sind wir verpflichtet, verantwortlich zu handeln und Entscheidungen ohne Ansehen einzelner Personen oder alleine aufgrund von Sympathien zu treffen.

Wie hat der Trainer die Entscheidung aufgenommen?

Er war natürlich nicht begeistert, das ist klar. Am Sonntag habe ich ihm aber ausdrücklich zum Sieg gratuliert und ihm mitgeteilt, dass ich es sehr gut fand, wie professionell und auch loyal dem Verein gegenüber er öffentlich mit der Angelegenheit umgegangen ist.

Dass der Trainer entlassen wird, aber noch zwei Spiele machen kann, ist eine Lösung, die für Aufsehen gesorgt hat. Kam der Anstoß zu diesem Konstrukt auch aus den Gremien?

Nein, diese Regelung wurde federführend zwischen Christian Keller und mir abgesprochen.

Dass das teilweise belächelt wurde, ist Ihnen...

...völlig egal. Wenn wir eine Entscheidung für richtig halten, dann stehen wir auch dazu. Umso schöner, dass es anscheinend aufgegangen ist. Die Spieler haben am Sonntag diese letzten fünf, zehn Prozent Einsatz drauf gepackt, mit denen wir überhaupt in die Lage gekommen sind, am Ende diesen auch glücklichen Sieg gegen Unterhaching zu holen.

Vergangene Woche gab es vom Jahn zu den getroffenen Entscheidungen Informationen, die letztlich nur zu noch mehr Spekulationen führten. Wie fanden Sie das?

In der Tat war die mediale Darstellung des Jahn in der vergangenen Woche stark verbesserungswürdig. Oft ist weniger besser.

Für Aufsehen hat auch gesorgt, dass die Sendung des Turmfunks zum Spiel gegen Ingolstadt für kurze Zeit aus dem Internet genommen wurde, weil darin Spieler hart kritisiert worden waren.

Das ist ohne mein Wissen passiert und war natürlich ein Fehler. Es wurde unverzüglich korrigiert. Selbstverständlich dürfen die Menschen im Umfeld des Jahn ihre Meinung sagen.

Hatten Sie Angst, dass nun wieder sofort vom Chaos-Klub die Rede ist.

Nein, aber ich sage schon, dass es sehr wichtig ist, dass wir das Vertrauen, welches wir uns in den letzten Monaten und Jahren aufgebaut haben, nicht leichtfertig verspielen. Das sollte allen bewusst sein.

Christian Brands Vertrag war angeblich monatlich kündbar. Ist es wirklich so, dass der Verein ihn ohne Abfindung entlassen kann?

Dem Jahn entsteht kein finanzieller Schaden, das kann ich bestätigen.

Hat Christian Keller ebenfalls einen kurzfristig kündbaren Vertrag?

Zu Vertragsinhalten will ich mich öffentlich nicht äußern, was hoffentlich jeder versteht.

Der Trainer ist bald weg, nun wird der Druck auf den Sportchef noch weiter steigen, oder?

Christian Keller leistet eine überragend gute Arbeit, mit der wir sehr zufrieden sind. Diese Personalie war bei uns auch nie ein Thema. Den Druck, Erfolg haben zu müssen, den empfinden wir alle - und ich hoffe auch die Mannschaft. Dem müssen sich alle stellen, so ist das Geschäft.

Wie fanden Sie die Aktion der Mannschaft?

Ich hätte mir gewünscht, dass die Spieler ihr Engagement für Christian Brand in den Spielen in Schalding-Heining, Memmingen, Aschaffenburg oder Rain am Lech auf dem Platz gezeigt hätten. Nun hoffe ich, dass der Einsatz vom Sonntag keine Eintagsfliege war - insbesondere, dass er auch an diesem Freitag in Schweinfurt und später mit einem anderen Trainer zu sehen sein wird. Die letzten zehn Prozent der Leistung machen den Erfolg aus, das hat bei den angesprochenen Spielen gefehlt. Wären sie da gewesen, gäbe es keine Trainerdiskussion.

Die T-Shirt-Aktion wird also keine Kehrtwende in der Trainerfrage einleiten?

Nein, das ist ausgeschlossen. Die Spieler sollten sich vielmehr mal überlegen, von wem sie Monat für Monat ihr Geld bekommen und wer die Verantwortung für den Gesamtverein trägt. Bei der Beurteilung, was für das Gesamtkonstrukt richtig und notwendig ist, spielt die Meinung der Spieler eine, aber nicht die alleinige Rolle. In keinem Unternehmen bestimmen Mitarbeiter ihren Abteilungsleiter oder Chef.

Hat es wegen der Aktion Abmahnungen gegeben?

Nein, ich weiß jedenfalls von nichts. Ich gehe aber auch zwingend davon aus, dass diese Geschichte ab sofort beendet ist und sich ab sofort jeder im Verein wieder mit dem beschäftigt, für das er bezahlt wird. Bei den Spielern besteht das darin, Leistung auf dem Platz zu bringen und nicht darin, T-Shirts drucken zu lassen und diese anzuziehen.

Und was passiert, wenn die Spieler sich weiter öffentlich kritisch äußern?

Darüber denke ich gar nicht nach, denn die Aktion vom Sonntag muss zwingend der Abschluss der öffentlichen Äußerungen zu diesem Thema gewesen sein. Mein Verständnis dafür ist erschöpft.

Einigen Anhängern in der Fan-Kurve hat die Aktion auch nicht gefallen. Sie antworteten mit ,,Brand muss raus"-Rufen.

Ja, das war nicht gut. Es wird eine Aufgabe der kommenden Wochen sein, Mannschaft und Fans wieder näher zueinander zu bringen.

Waren die ,,Brand muss raus"-Rufe, die es ja schon in den zwei Spielen davor gab, auch bei der Entscheidung, den Trainer zu entlassen, ein Faktor?

Die Fans sind unsere Kunden und ihre Haltung fließt selbstverständlich in unsere Meinungsbildung ein.

Wie geht es jetzt weiter?

Kommende Woche haben wir Aufsichtsratssitzung. Da wird uns Christian Keller ein Anforderungsprofil vorschlagen, über das wir dann beraten. Auf der Basis des beschlossenes Profils soll er dann eine Vorauswahl treffen und am Ende wird aus einem kleine Kreis der letzten Kandidaten gemeinsam der neue Trainer ausgewählt. Wie bereits angekündigt wird der spätestens Anfang Januar zu Beginn der Vorbereitung da sein.

Aufrufe: 024.11.2015, 07:00 Uhr
Jürgen ScharfAutor