2024-05-14T11:23:26.213Z

Interview
Pascal Itter (l.) ist in Schalke im ersten Herrenjahr noch nicht bei den Profis angekommen. Sein Kollege Leroy Sané (am Ball) avanciert dagegen derzeit zum Shootingstar der 1. Bundesliga.  Foto: dpa-Archiv
Pascal Itter (l.) ist in Schalke im ersten Herrenjahr noch nicht bei den Profis angekommen. Sein Kollege Leroy Sané (am Ball) avanciert dagegen derzeit zum Shootingstar der 1. Bundesliga. Foto: dpa-Archiv

Itter: "Situation ist unbefriedigend"

Der Schalker Profi aus Schierling spielt bislang nur fürs Regionalliga-Team +++ Eine Ausleihe in die zweite Liga steht im Raum

Drei Anläufe braucht es, um das Interview mit dem Schierlinger Pascal Itter (20) unter Dach und Fach zu bringen. Beim ersten Versuch schiebt sich beim aktuell verletzten Fußball-Profi des FC Schalke 04 ein kurzfristiger Termin in der ,,Röhre" (MRT) dazwischen, dann unterbricht eine Reha-Einheit im Medicos - direkt ans Stadion auf Schalke angebunden - das zweite Telefonat. Endlich, als der Laabertaler von der Konfirmation seiner Nichte zurückfährt, steht die Leitung lange genug. Der Rechtsverteidiger Itter, im Vorjahr mit Deutschlands U19 als Europameister gefeiert, spricht über sein erstes hartes Profi-Jahr bei den Königsblauen, die Optionen für die neue Saison und über das Leben im Ruhrpott.

Herr Itter, Sie fahren gerade von einem Familienfest zurück. Müssen Sie da viel von Schalke erzählen?

Die engeren Verwandten bekommen das Meiste mit. Die sind auf dem aktuellsten Stand. Andere Familienmitglieder, Freunde oder Menschen, die ich gar nicht kenne, sprechen mich immer wieder mal darauf an.

Auch Leute, die Sie nicht kennen?

Ich bin zwar nicht in der Bundesliga-Mannschaft, aber man hat einen gewissen Bekanntheitsgrad, weil ich im Kader gelistet bin. Natürlich stehen ein Max Meyer oder ein Leroy Sané ganz anders im Fokus.

Sie sprechen zwei junge Teamkollegen an, die ihren Durchbruch geschafft haben. Sie spielen heuer mit Schalke II in der Regionalliga West. Ist man da neidisch?

Nein, im Gegenteil, es zeigt, was man erreichen kann. Es ist ein Ansporn. Allerdings tun sich Offensivspieler ein wenig leichter. Mit einem Tor, einem starken Solo steht man schnell im Rampenlicht. Als Verteidiger kannst du einige gute Spiele machen und bist trotzdem kein Held. Wer spricht von Marvin Friedrich? Er hat als Verteidiger auch vier Bundesliga-Spiele, aber die Aufmerksamkeit ist viel geringer.

Für Sie gab es 2014 mit dem U19-EM-Titel den Höhepunkt Ihrer bisherigen Laufbahn. Warum klappte es in der Folge auf Schalke nicht mit dem Profi-Kader?

Unmittelbar nach der EM habe ich beim Schalke-Cup zweimal für die erste Mannschaft gespielt, einmal davon gegen Newcastle. Danach begann die Vorbereitungszeit und ich spielte für das zweite Team in der Regionalliga. Was nicht ungewöhnlich ist, weil man dort Spielpraxis sammeln soll. Leider kam nach mehreren Partien die Ansage, dass ich beim Regionalliga-Aufgebot bleibe.

Für einen jungen Profi eine enttäuschende Nachricht, oder?

Freilich wäre ich gerne dabei. Aber ich glaube, es ist nichts passiert, wenn man eine Saison in der Regionalliga aufläuft. Gerade für den Übergang ins Herrengeschäft ist es eine gute Eingewöhnung. Man trifft auf erfahrene Spieler. Immerhin ist es die vierte Liga und im Westen Deutschlands zählt sie viele Traditionsvereine, die in einer Region eng beieinander liegen. Du hast fast jede zweite Woche ein Derby. Zu einigen Auswärtsspielen habe ich kürzere Anfahrtswege als nach Gelsenkirchen. Aber selbstverständlich sehe ich meine Zukunft nicht in der Regionalliga. Und wenn ich nicht mit dem Profi-Kader trainieren darf - wie soll ich mich da zeigen?

Manchmal heißt es, gewisse Spieler kommen bei bestimmten Trainern nicht dran. Haben Sie das Gefühl?

Nein. Generell wird ein Trainer immer die besten Spieler aufbieten wollen. Schalke hätte mir auch keinen Drei-Jahres-Vertrag gegeben, wenn der Verein nichts von mir halten würde.

Aktuell sind Sie verletzt. Was ist passiert?

Ich habe einen kleinen Einriss am Innenband des rechten Knies erlitten. Dadurch entstand ein Blutzusammenstau. Es ist nichts Schlimmes, aber es braucht eine Zeit, bis es ausgeheilt ist. Ich hatte eine Schiene dran. In zwei Wochen kann ich wieder mit dem Training beginnen. Heilungsprozess und Reha verlaufen sehr gut.

Weil Teamärzte neuerdings Thema sind: Waren Sie zur Behandlung bei Schalkes Mannschaftsdoc?

Ja, der ist in Bochum.

Werden Sie in dieser Saison noch spielen?

Ich schaue mal. Wichtig ist mir, dass ich so schnell wie möglich komplett fit werde.

Wie sehen Sie Ihre Zukunft?

Das Gute ist, dass ich auf Schalke noch zwei Jahre Vertrag habe. Aber die Situation ist unbefriedigend. Ich will den Weg als Profi einschlagen. Nur auf dem Zettel Profi zu sein, ist mir zu wenig. Ich werde dafür kämpfen, dass es aufwärts geht.

Welche Möglichkeiten sehen Sie?

Es gibt sicherlich verschiedene Optionen. Eventuell öffnet sich eine Tür und man kann über eine Ausleihe Spielpraxis in der zweiten oder dritten Liga sammeln. Wir werden sehen, was die Sommerpause bringt. Und wenn ein interessantes und spannendes Angebot kommt, muss darüber nachgedacht werden.

Auf Schalke sehen Sie wenig Chancen?

Die Konkurrenz ist riesig bei einem Champions-League-Verein. Schalkes Verteidigung besteht im Prinzip aus lauter Nationalspielern. Auf Rechts - meiner Position - spielt Uchida, der unzählige Länderspiele für Japan hat. Neben ihm steht Benedikt Höwedes, ein Weltmeister. Fuchs, Matip, Kolasinac - alle laufen für ihre Heimatländer in den Nationalteams auf. Allerdings muss der Kader in der nächsten Saison nicht zwingend wieder so aussehen. Die Champions League ist außer Reichweite. Möglicherweise gibt's einen Umbau. Eventuell plant Schalke doch mit mir.

Gab's Gespräche dahingehend?

Nein, bislang nicht. Momentan ist sicher das Wichtigste, dass wir den Platz für die Europa League halten.

Sie wechselten 2013 vom 1. FC Nürnberg nach Schalke. Wäre es nicht sinnvoller gewesen, beim Club zu bleiben?

Das ist sicher eine gute Frage. Aber es war kein Fehler. Ich hatte im letzten Junioren-Jahr auf Schalke mit Norbert Elgert einen super Trainer. Wir haben in der U 19-Bundesliga, im DFB-Pokal und in der Youth League jeweils mindestens das Halbfinale erreicht. Ich selbst habe mich stark verbessert und einen riesen Schritt nach vorne gemacht. Unter Elgert haben wir permanent an uns gearbeitet. Ich habe mit meinem schwächeren Fuß im Training Flanke auf Flanke auf den Stürmer geschlagen, endlos. Aber das bringt dich weiter. Wer weiß, ob ich über Nürnberg noch die Chance auf die U19-Nationalmannschaft bekommen hätte. Die A-Jugend des Club stieg ja 2013 aus der Bundesliga ab. Der Wechsel und auch die jetzige Phase waren kein Rückschritt.

Wie ist das Leben auf Schalke?

Ich wohne in Essen und fahre eine Viertelstunde ins Training. Ich hatte wenig Probleme mit dem neuen Umfeld. Der Ruhrpott ist fußballverrückt, das habe ich noch nie erlebt. Die Menschen geben alles dafür.

Haben Sie Kontakt zu den Profis?

Mit Marco Höger, der auch verletzt ist, habe ich gerade vor kurzem geplaudert. Mit Benedikt Höwedes habe ich mich ausgetauscht. Es fühlt sich an, als wäre man dabei. Nur leider auf dem Platz nicht.

Kommen Sie noch öfters nach Schierling?

Selten, mein Bruder lebt zwar in Oberhinkofen, aber meine Eltern haben die Zelte abgebrochen, nachdem mein Vater von der Bundeswehr woandershin stationiert wurde. Sie sind jetzt in Brockscheid in der Eifel.

Tickt die Zeit, um den Sprung in erste oder zweite Liga zu schaffen?

Derzeit nicht. Das Schöne ist, dass es im Fußball schnell gehen kann. Wenn ich fit bin, traue ich mir viel zu. Der Traum von der Profi-Karriere ist längst nicht geplatzt.

Aufrufe: 029.4.2015, 11:54 Uhr
Martin RutrechtAutor