2024-04-25T14:35:39.956Z

Interview
„Als Trainer findet man immer Dinge, die man vermisst oder verbessern kann“. Der ehemalige Mittelfeldspieler Ertac Caliskan
„Als Trainer findet man immer Dinge, die man vermisst oder verbessern kann“. Der ehemalige Mittelfeldspieler Ertac Caliskan

Ist Leusel schon reif für die Gruppenliga?

KOL GIESSEN SÜD: +++ Trainer Ertac Caliskan zieht nach fünf Siegen in Folge positives Zwischenfazit +++ Allerdings: Nur nicht abheben! +++

Alsfeld. „Leusel, wer sonst?“ „Leusel.“ „Leusel natürlich“. Wenn man sich bei der Konkurrenz in der Fußball-Kreisoberliga Gießen/Marburg nach dem kommenden Meister umhört, bekommt man eigentlich nur eine Antwort: Leusel eben. Und die Ausgangslage ist auf den ersten Blick natürlich prächtig: Spitzenreiter (57 Punkte) mit vier Zählern Vorsprung auf Verfolger Watzenborn-Steinberg II (53), der zudem ein Spiel mehr ausgetragen hat. Doch Leusel-Coach Ertac Caliskan (seit fast viereinhalb Jahren bei der Sportvereinigung, hat bereits bis 2018 verlängert) gefällt diese „trügerische Sicherheit“ ganz und gar nicht. Dass die Grün-Weißen noch längst nicht „durch“ sind, zeigte gerade am Sonntag das Auswärtsspiel bei Treis/Allendorf. Erst verpennte der Spitzenreiter die erste Hälfte komplett, lag 0:1 hinten, drehte dann auf, sah nach einer 3:1-Führung wie der sichere Sieger aus, kassierte aber prompt noch zwei Gegentreffer zum 3:3. Erst Marius Bublitz erlöste den „Überflieger“ in letzter Minute und hielt die schöne Serie (kein Punktverlust nach der Winterpause) am Leben. Vor dem anstehenden „Dreier-Pack“ – drei Spiele in zehn Tagen gegen Obbornhofen/Bellersheim (Sonntag) sowie bei Laufb/Ruppbg./Wetterf. (13. April) sowie Mücke/Merlau (18. April) sprach die OZ-Sportredaktion mit Caliskan über die aktuelle Situation und wie er die Chancen bewertet, damit der langjährige Kreisoberligist nächste Saison tatsächlich Gruppenliga-Luft schnuppert.

Fünf Spiele nach der Winterpause, fünf Siege. Dazu der Pokalerfolg gegen Homberg/Ober-Ofleiden da ist der Trainer doch rundum zufrieden, oder?

Natürlich, es ist optimal gelaufen, besser konnte es, von den Ergebnissen her, nicht laufen.

Dennoch waren Sie mit der Leistung am Sonntag nicht zufrieden?

Stimmt, da war ich nicht ganz so zufrieden. Aber als Trainer findet man, wenn man ins Detail geht, immer Dinge, die man vermisst oder die man verbessern kann.

Was war das konkret?

Von der ersten Halbzeit einmal abgesehen darf es uns einfach nicht passieren, dass wir nach einer 3:1-Führung noch so viel zulassen und es dann prompt noch zum zwischenzeitlichen 3:3 kommt. Da müssen wir einfach cleverer sein.

Das ist nachvollziehbar. Dennoch spricht für ihre Mannschaft, dass sie trotzdem gewonnen hat. Gute Spiele kann jeder gewinnen, aber wer auch schwächere gewinnt, der wird Meister sagt man doch so schön.

Absolut. Die Einstellung meiner Mannschaft hat mich ja auch wieder überzeugt und es spricht für uns, dass wir – wenn auch erst in letzter Minute – doch noch das 4:3 gemacht haben. Allerdings für meine Nerven als Trainer wäre es besser gewesen, wenn es beim 3:1 geblieben wäre. So mussten wir bis zur letzten Minute auf das 4:3 warten – jede Woche brauche ich das nicht.

Wie bewerten Sie die Ausgangsposition im Titelrennen?

Fakt ist, dass wir noch gar nichts erreicht haben. Dennoch haben wir eine sehr gute Ausgangsposition, aber wir haben auch noch neun Spiele vor uns. Wir sind gut damit gefahren, immer nur von Spiel zu Spiel zu schauen und so halten wir es weiterhin. Wir dürfen auf keinen Fall nachlässig werden.

Wen fürchten Sie im Saisonendspurt am meisten?

Natürlich Watzenborn/Steinberg II, alle weiteren Teams sind in der Tat wohl schon etwas weiter weg. Aber Watzenborn gewinnt seine Spiele auch sehr zuverlässig, hat ja auch zum Teil Verstärkung aus der Regionalliga. Daher müssen wir auf der Hut sein und dürfen uns keine Nachlässigkeiten erlauben. Wir haben jetzt so lange auf dieses Ziel hingearbeitet und wollen es natürlich auch erreichen.

Acht Heimspiele in Folge gewonnen, am Sonntag geht es gegen Obbornhofen/Bellersheim. Folgt Heimsieg Nummer neun?

Das ist unser Ziel, aber wir haben eine kämpferisch starke Mannschaft zu Gast und müssen 110 Prozent geben, wenn wir gewinnen wollen.

Inwieweit wirkt sich die Erfolgsserie auf die Zuschauerzahlen aus?

Man sieht den einen oder anderen jetzt schon regelmäßiger auf dem Sportplatz. Kamen früher im Schnitt so 60 bis 80 Zuschauer, sind es jetzt 100 bis 120. Die Entwicklung ist positiv.

Ist Ihre Mannschaft schon reif für die Gruppenliga?

Wir werden den Kader im Fall der Fälle natürlich etwas erweitern müssen, aber ich würde nicht sagen, dass wir mit unserer Mannschaft chancenlos wären.

Durch solche Erfolge wird auch die höherklassige Konkurrenz hellhörig, interessiert sich für Spieler. Marius Bublitz und Sven Bambey haben jetzt ihren Wechsel zum Saisonende nach Hünfeld angekündigt.

Im Fußball muss man immer damit rechnen, dass der eine oder andere gute Spieler auch einmal geht und woanders spielen möchte. Das ist legitim.



Name: Ertac Caliskan-

Alter: 43.

Wohnort: Kirchhain.

Familienstand: verheiratet (3 Kinder).

Beruf: Kaufmännischer Angestellter.

Bisherige Stationen: Stadtallendorf (Jugend), Türk Neustadt, VfB Wetter, SV Kirchhain, TSV Kirchhain, SV Leusel.

Lieblings-Profiverein: 1. FC Köln und Galatasaray Istanbul.

Zur Person
Aufrufe: 05.4.2017, 07:20 Uhr
Volker Lehr (Oberhessische Zeitung)Autor